Eine Handvoll Worte
sie ruhig. »Furchtbar viele Frauen denken, ein Mann, der für sie sorgt, um den sie sich kümmern und dem sie ein Zuhause einrichten können, wäre etwas Wunderbares.«
»Ist das Ihre Ansicht?« Seine Augen waren vor Erschöpfung rot gerändert.
»Oh, ich weiß es. Ein Mann, für den man einen Drink zubereiten kann, wenn er nach Hause kommt, den man bekochen und ein bisschen betüdeln kann. Ich … es wäre wunderschön.« Sie wurde rot.
»Warum dann …« Er seufzte.
»Mr Stirling«, sagte sie plötzlich, »Sie sind ein großartiger Chef. Ein großartiger Mann. Wirklich.« Sie machte weiter. »Sie kann von Glück sagen, Sie zu haben. Das muss sie wissen. Und Sie verdienen nicht … Sie haben nicht verdient …« Sie verstummte und wusste bereits, als sie es aussprach, dass sie ein unausgesprochenes Protokoll brach. »Tut mir leid«, sagte sie, als das Schweigen nach ihren Worten sich unangenehm in die Länge zog. »Mr Stirling, ich wollte mir nicht anmaßen …«
»Ist es falsch«, bemerkte er so leise, dass sie zunächst nicht sicher war, was er sagte, »wenn ein Mann umarmt werden will? Ist er damit kein richtiger Mann mehr?«
Sie spürte Tränen in den Augen brennen … und etwas darunter, etwas Gerisseneres und Schärferes. Sie trat ein wenig näher zu ihm und legte ihm leicht einen Arm um die Schultern. Oh, ihn zu spüren! Groß und breit, sein Jackett passte sich seiner Körperform so gut an. Sie wusste, dass sie diesen Augenblick ihr Leben lang immer wieder hervorholen würde. Die Freiheit, ihn berühren zu dürfen … Sie wurde beinahe ohnmächtig vor Wonne.
Als er nichts unternahm, um sie aufzuhalten, beugte sie sich ein Stück vor, hielt die Luft an und legte den Kopf auf seine Schulter. Eine Geste des Trostes, der Solidarität. So würde es sich anfühlen, dachte sie selig. Ganz kurz wünschte sie sich, jemand würde ein Foto davon machen, wie sie sich so vertraut aneinanderschmiegten. Dann hob er den Kopf, und sie war plötzlich alarmiert – und beschämt.
»Tut mir leid – ich hole eben …« Sie richtete sich auf, erstickte fast an den Worten. Aber seine Hand lag auf ihrer. Warm. Nah. »Moira«, sagte er, die Augen halb geschlossen, die Stimme krächzte vor Verzweiflung und Verlangen. Er legte ihr die Hände ans Gesicht und zog es entschlossen zu sich herunter. Ein Laut kam ihr über die Lippen, schockiert und entzückt zugleich, und sie erwiderte seinen Kuss. Er war erst der zweite Mann, den sie küsste, und dieses Ereignis übertraf alles bisher Dagewesene, da es durch jahrelange, unerwiderte Sehnsucht bestimmt war. Kleine Explosionen fanden in ihr statt, während ihr Blut superschnell raste und das Herz ihr förmlich aus der Brust springen wollte.
Sie spürte, wie er sie nach hinten über den Schreibtisch bog, seine flüsternde Stimme heiser und drängend, seine Hände an ihrem Kragen, ihren Brüsten, sein Atem warm an ihrem Schlüsselbein. Unerfahren wie sie war, wusste sie kaum, wohin mit ihren Händen, ihren Gliedmaßen, ertappte sich aber dabei, wie sie sich an ihn klammerte, um ihm zu gefallen, verloren in neuen Empfindungen. Ich bete dich an, sagte sie ihm im Stillen. Nimm dir, was du willst.
Doch selbst als sie sich ihrer Wonne hingab, wusste Moira, dass ein Teil von ihr so weit bei Bewusstsein bleiben musste, damit sie sich erinnern konnte. Auch als er sie umschlang, in sie eindrang – ihr Rock war bis an die Hüften hochgeschoben, sein Tintenfass bohrte sich unbequem in ihre Schulter –, wusste sie, dass sie keine Bedrohung für Jennifer Stirling war. Die Jennifers dieser Welt würden immer der höchste Preis sein, so wie es Frauen wie ihr niemals möglich wäre. Doch Moira Parker hatte einen Vorteil: sie war verständnisvoller, als Jennifer Stirling, als alle, die immer alles bekommen hatten. Und sie wusste, dass sogar eine kurze Nacht das Kostbarste überhaupt sein konnte, und wenn dies das entscheidende Erlebnis ihres Liebeslebens sein sollte, dann müsste ein Teil ihrer selbst wach genug sein, um es sicher irgendwo abzulegen. Wenn es dann vorbei war, konnte sie es an den endlosen Abenden noch einmal durchleben, an denen sie wieder allein war.
Jennifer saß im großen Wohnzimmer nach vorn hinaus, als er nach Hause kam. Sie trug einen himbeerfarbenen, weiten Tweedmantel und einen Hut, ihre schwarze Lacktasche und die dazu passenden Handschuhe ordentlich auf ihrem Schoß. Sie hörte, wie sein Wagen vorfuhr, sah, wie die Lichter draußen ausgingen, und stand auf. Sie schob
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