Eine Handvoll Worte
stillzustehen, ein Leben an einem Ort aufzubauen. Ich möchte einfach nur mit dir zusammen sein.«
» Ich kann nicht. Du verstehst es nicht.«
»Was?«
»Ich habe Angst.«
»Davor, was er tun würde?« Wut baute sich in ihm auf. »Du glaubst, ich habe Angst vor ihm? Du glaubst, ich könnte dich nicht beschützen?«
»Nein. Nicht vor ihm. Bitte, sprich leiser.«
»Vor diesen lächerlichen Leuten, mit denen du herumhängst? Macht dir deren Meinung wirklich so viel aus? Das sind leere, dumme Menschen mit …«
»Hör auf damit! Vor denen habe ich keine Angst!«
»Wovor denn dann?«
»Ich habe Angst vor dir.«
Er hatte zu kämpfen, um sie zu verstehen. »Aber ich würde nicht …«
»Ich habe Angst davor, was ich für dich empfinde. Ich habe Angst, jemanden so sehr zu lieben.« Ihr brach die Stimme. Sie faltete ihre kleine Serviette und drehte sie zwischen ihren schlanken Fingern. »Ich liebe ihn, aber nicht so. Ich habe ihn gemocht und verachtet, und die meiste Zeit existieren wir einigermaßen gut nebeneinander, und ich habe mich eingerichtet, und ich weiß, dass ich so leben kann. Verstehst du? Ich weiß, dass ich für den Rest meines Lebens so weitermachen kann, und es wäre gar nicht mal schlimm. Vielen Frauen geht es schlechter.«
»Und mit mir?«
Sie schwieg daraufhin so lange, dass er die Frage beinahe wiederholt hätte. »Wenn ich zulasse, dass ich dich liebe, wird es mich verzehren. Außer dir gäbe es nichts. Ich hätte ständig Angst, du könntest deine Meinung ändern. Und dann würde ich sterben.«
Anthony ergriff ihre Hände, hob sie an seine Lippen, ohne auf ihren leisen Protest zu achten. Er küsste ihre Fingerspitzen. Er wollte ihr ganzes Selbst in sich aufnehmen. Er wollte sich um sie schlingen und sie nie wieder loslassen. »Jennifer, ich liebe dich«, sagte er. »Und das wird nie aufhören. Vor dir habe ich noch nie jemanden geliebt, und nach dir wird es auch niemanden geben.«
»Das sagst du jetzt«, erwiderte sie.
»Weil es stimmt.« Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, was du noch von mir hören willst.«
»Nichts. Du hast alles gesagt. Ich habe sie alle auf dem Papier, deine wunderbaren Worte.« Sie entzog ihm die Hand und griff nach ihrem Martini. »Aber das macht es nicht leichter.«
Sie hatte ihr Bein zurückgezogen. Die fehlende Berührung empfand er als Schmerz. »Was sagst du da?« Er hatte Mühe, seine Stimme unter Kontrolle zu halten. »Du liebst mich, aber für uns besteht keine Hoffnung?«
Ihr Gesicht war ein wenig zerknittert. »Anthony, ich glaube, wir beide wissen …« Sie führte den Satz nicht zu Ende.
Das war nicht nötig.
Arthur James wird nicht mehr als »in einer Beziehung« geführt.
Mann an Frau, per Facebook – Name geändert
10
S ie hatte gesehen, wie Mrs Stirling die Büroparty verließ und Mr Stirling immer erregter wurde, bis er sein Glas auf einen Tisch geknallt und hinter ihnen her ins Treppenhaus gestürmt war. Vor Aufregung beinahe zitternd, hatte sie ihm schon folgen wollen, um zu sehen, was passierte, doch Moira Parker besaß genug Selbstbeherrschung, um zu bleiben, wo sie war. Sonst war anscheinend niemandem aufgefallen, dass er gegangen war.
Schließlich war er zurückgekommen. Sie beobachtete ihn über die Köpfe der anderen hinweg, vollkommen im Stich gelassen. Sein Gesicht verriet wenig Emotionen, dennoch sah sie Anspannung in seinen Zügen, die selbst sie noch nie zuvor wahrgenommen hatte.
Was war da draußen geschehen? Was hatte Jennifer Stirling mit dem jungen Mann gemacht?
Eine beinahe unanständige Genugtuung machte sich in ihr breit und nährte ihre Phantasie, bis sie glühte. Vielleicht hatte er seine Frau zwangsläufig als die selbstsüchtige Kreatur erleben müssen, die sie war. Moira wusste, wenn das Büro wieder aufmachte, würden nur ein paar Worte genügen, um das Verhalten der Frau ins Gerede zu bringen. Aber, dachte sie mit plötzlicher Melancholie, das würde bedeuten, dass Mr Stirling auch mit hineingezogen würde, und die Aussicht, dieser tapfere, würdevolle, stoische Mann würde zur Zielscheibe respektloser Sekretariatsgerüchte, machte ihr das Herz schwer. Wie konnte sie ihn an dem einzigen Ort demütigen, an dem er über allen zu stehen hatte?
Hilflos stand Moira auf der anderen Seite des Raums und wagte nicht zu versuchen, ihren Chef zu trösten, war aber so weit vom Gelage ihrer Kollegen und Kolleginnen entfernt, dass sie ebenso gut in einem anderen Raum hätte sein können. Er ging an die
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