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Eine Handvoll Worte

Titel: Eine Handvoll Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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Gesicht herum. »Willst du wirklich wissen, was mit dir passiert ist? Willst du wirklich wissen, wo dein Liebhaber ist?« Speicheltropfen flogen, und sein Blick war mörderisch.
    Sie erstarrte, ihr Atem stockte.
    »Du verlässt mich nicht zum ersten Mal. O nein. Ich weiß das, so wie ich von ihm weiß, weil ich nach dem Unfall diesen Brief in deiner Tasche fand.«
    Sie sah die vertraute Handschrift auf dem Umschlag und konnte den Blick nicht davon losreißen.
    »Der ist von ihm. Darin bittet er dich, ihn zu treffen. Er will mit dir durchbrennen. Nur ihr beide. Fort von mir. Um gemeinsam ein neues Leben anzufangen.« Er verzog das Gesicht zu einer Grimasse, teils vor Wut, teils vor Kummer. »Fällt es dir jetzt wieder ein, Liebling?« Er drängte ihr den Umschlag auf, den sie mit zitternden Fingern nahm. Sie öffnete ihn und las:
    Meine einzige, wahre Liebe,
    was ich gesagt habe, war auch so gemeint. Ich bin zu dem Schluss gekommen, der einzige Weg nach vorn besteht darin, dass einer von uns eine kühne Entscheidung trifft…
    Ich werde die Stelle annehmen. Am Freitagabend werde ich um 7.15h am Bahnhof Paddington sein, Gleis 4 …
    »Klingelt’s, Jenny?«
    »Ja«, flüsterte sie. Blitzartig tauchten Bilder vor ihrem inneren Auge auf. Dunkles Haar. Ein zerknautschtes Leinenjackett. Ein kleiner Park mit Männern in Blau.
    Boot.
    »Ja, du kennst ihn? Ja, es fällt dir alles wieder ein?«
    »Ja, es kommt wieder …« Sie sah ihn beinahe vor sich. Er war ihr jetzt ganz nah.
    »Offensichtlich nicht alles.«
    »Was soll das …«
    »Er ist tot, Jennifer. Er ist im Wagen ums Leben gekommen. Du hast diesen Unfall überlebt, und dein Herr Freund ist gestorben. Noch am Unfallort, laut Polizeiangaben. Also wartet da draußen niemand auf dich. Niemand steht am Bahnhof Paddington. Niemand ist mehr da, an den du dich erinnern kannst, verdammt.«
    Der Raum begann sich um sie zu drehen. Sie hörte ihn sprechen, doch die Wörter wollten keinen Sinn ergeben, in keiner Bedeutung Wurzeln schlagen. »Nein«, sagte sie mit bebender Stimme.
    »Oh, ich fürchte doch. Ich könnte wahrscheinlich die Zeitungsberichte ausgraben, wenn du wirklich einen Beweis haben willst. Wir – deine Eltern und ich – haben deinen Namen aus der Öffentlichkeit herausgehalten – aus naheliegenden Gründen. Aber man hat über seinen Tod berichtet.«
    »Nein.« Sie schubste ihn, ihre Arme schwangen rhythmisch gegen seinen Oberkörper. Nein nein nein. Sie wollte nicht hören, was er da sagte.
    »Er ist am Unfallort gestorben.«
    »Hör auf! Hör auf, das zu sagen!« Sie warf sich auf ihn, wild, unkontrolliert, schreiend. Sie vernahm ihre Stimme wie aus der Ferne, war sich vage bewusst, dass ihre Fäuste in sein Gesicht, auf seine Brust trafen, und dann packten seine starken Hände ihre Handgelenke, bis sie sich nicht mehr bewegen konnte.
    Er war unnachgiebig. Was er gesagt hatte, war unnachgiebig.
    Tot.
    Sie sank auf den Stuhl, und schließlich ließ er sie los. Sie hatte das Gefühl, geschrumpft zu sein, als hätte der Raum sich ausgedehnt und sie geschluckt. Meine über alles Geliebte. Ihr Kopf sank nach vorn, sie konnte nur die Diele sehen, Tränen rannen an ihrer Nase entlang und tropften auf den kostbaren Teppich.
    Viel später schaute sie zu ihm auf. Seine Augen waren geschlossen, als wäre die Szene zu unerfreulich für ihn, um darüber nachzudenken. »Wenn du es gewusst hast«, hob sie an, »wenn dir klar war, dass ich mich allmählich erinnerte, warum … warum hast du mir nicht die Wahrheit gesagt?«
    Er war nicht mehr wütend. Er setzte sich auf den Stuhl ihr gegenüber, plötzlich niedergeschlagen. »Weil ich hoffte … als mir klar war, dass du dich an nichts mehr erinnerst, wir könnten es hinter uns lassen. Ich hoffte, wir könnten einfach so weitermachen, als wäre das alles nicht passiert.«
    Meine über alles Geliebte.
    Sie konnte nirgendwohin gehen. Boot war tot. Er war die ganze Zeit tot gewesen. Sie kam sich dumm vor, beraubt, als hätte sie sich das Ganze in einem Anfall mädchenhaften Überschwangs eingebildet.
    »Und«, Laurences Stimme durchbrach das Schweigen, »du solltest nicht die Schuld tragen müssen zu wissen, dass dieser Mann ohne dich noch am Leben wäre.«
    Und da war er. Ein so starker Schmerz, dass sie sich wie durchbohrt fühlte.
    »Was immer du von mir hältst, Jennifer, ich habe geglaubt, so wärst du glücklicher.«
    Zeit verging. Sie konnte danach nicht mehr sagen, ob es Stunden oder Minuten gewesen waren. Nach einer

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