Eine heißblütige Lady: Roman (German Edition)
vernünftig miteinander. Er hat dir erzählt, was er weiß. Jetzt beantworte doch einfach seine Frage, Lawrence. Ist diese Frau nach Indien gesegelt oder ist sie es, die all diese Probleme bereitet?«
Natürlich war Longhaven der perfekte Gentleman und stand fast gleichzeitig mit Antonia auf. Ein Gentleman saß nicht in Gegenwart einer Dame.
Lawrence war nicht so kultiviert. Er blieb sitzen und erklärte kühl: »Deine leidenschaftlichen Ansprüche zu erfüllen ist mir wie immer ein Vergnügen, meine Liebe. Aber in diesem Fall klingt es eher wie eine Anschuldigung. Ich habe keine Ahnung, ob Mrs. Stewart unser Übeltäter ist. Aber es stimmt, sie ist nicht nach Indien gefahren.«
Lord Longhaven wirkte nicht überrascht. »Wohin fuhr das Schiff dann?«
»Nach Frankreich.«
»Aha.«
»Wer will denn dort schon hinfahren?«, spie Antonia angewidert hervor. Ah, wenn sie etwas verachtete, war sie einfach wunderschön. Sie murmelte etwas auf Spanisch, das nicht besonders schmeichelhaft für Frankreich war. Die meisten Franzosen waren natürlich nicht verantwortlich für die Abscheulichkeiten, die Bonapartes Truppen über ganz Europa brachten. Ihr das zu erklären, war aber ein selten fruchtloses Unterfangen. Wenn sie etwas hasste, tat sie es mit Leib und Seele.
Und wenn sie jemanden liebte, tat sie es mit derselben Leidenschaft.
Lawrence wünschte, sie würde ihn lieben.
»Ich kann dir sagen, wer vielleicht den Wunsch verspürt, nach Frankreich statt nach Indien zu fahren. Jemand, der schnell wieder nach England zurückkehren will«, sagte Longhaven nachdenklich. »Die Überfahrt dauert nicht allzu lange. Wie hat sie Sie davon überzeugt?«
Er stellte die Frage beiläufig, doch Lawrence begriff, dass sein Kontrahent äußerst aufmerksam war.
Die Antwort wollte mit Bedacht formuliert werden.
»Wie hat sie Euch überzeugt, sie nicht ins Gefängnis zu stecken?«, konterte Lawrence. Er erwiderte Longhavens abschätzigen Blick ohne Zögern.
Der Marquess wusste darauf prompt eine Antwort. »Sie waren da. Sie gab mir die verlangten Informationen über Roget.«
»Das war nicht besonders viel. Nur dass er sich in England aufhielt – sogar in London. Sonst hat sie Euch nichts verraten.«
»Ganz im Gegenteil. Sie hat mir verraten, dass Roget ein Engländer ist.«
Das stimmte. Aber sie hatte sich rundweg geweigert, die wahre Identität des Mannes preiszugeben, obwohl man ihr mit Gefängnis und sogar dem Strick drohte, wenn man ihr beweisen konnte, dass sie als Verräterin für Bonaparte spioniert hatte. »Sein Name wäre hilfreicher gewesen. Tatsächlich glaube ich, sie hat Euch nicht besonders viel geholfen, Mylord.«
»Ich bezweifle, ob sie überhaupt seinen richtigen Namen kennt.« Longhaven rieb sich das kantige Kinn. »Und das ist mit ein Grund, warum ich sie habe gehen lassen.«
»Ich hätte ihr mehr entlocken können«, warf Antonia ein. »Ihr Männer seid ja so weich, sobald es um uns Frauen geht. Mir hätten ein paar Augenblicke mit ihr allein genügt. Ihr könnt mich beim Wort nehmen, sie hätte dann schon geredet.«
»Vielleicht.« Der Marquess klang amüsiert. »Aber ich sah keinen Grund, so blutrünstig zu sein. Folter gehört unter normalen Umständen nicht zu meinem Repertoire. Im Übrigen fühlte sie sich in die Ecke gedrängt und hat ziemlich deutlich den Wunsch formuliert, England verlassen zu dürfen. Das zu meiner Verteidigung. Darf ich jetzt die Frage erneut stellen, Lawrence? Warum haben Sie ihr erlaubt, das Schiff nach Frankreich zu besteigen und nicht das nach Indien, wie es ursprünglich geplant war?«
»Die Tränen einer Frau können Berge versetzen.« Eine ausweichende Antwort, die nichtsdestotrotz stimmte. Nicht, dass er Alice Stewart deshalb an Bord eines anderen Schiffes gelassen hatte. »Sie hatte bereits eine Passage nach Frankreich gebucht und weinte bei der Vorstellung, nach Indien verbannt zu werden. Sie habe schreckliche Angst, behauptete sie. Und ich habe ihr geglaubt. Schließlich hat sie während des Kriegs viel Zeit in Frankreich verbracht, und wenn sie in England blieb, würde man sie höchstwahrscheinlich hängen. Warum hätte ich glauben müssen, dass sie irgendwann zurückkommen würde?«
»Ich weine nie«, warf Antonia verächtlich ein. Sie nahm den Dekantier mit Claret und schenkte sich ein Glas ein. Die rubinrote Flüssigkeit passte zu ihrem Kleid und funkelte, als sie das Glas an die Lippen hob und einen Schluck trank.
»Warum solltest du? Auch ohne Tränen kannst du
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