Eine heißblütige Lady: Roman (German Edition)
du Sturkopf.«
Michael sah ihr nach, als sie in ihrem Ankleidezimmer verschwand. Wenige Augenblicke später tauchte sie mit einem Kleidungsstück in der Hand wieder auf. Ein Nachthemd aus feinem Leinen, das sie mit einer kleinen Schere in Streifen schnitt. Die Vorstellung, mit Frauenunterwäsche verbunden zu werden, hätte ihn unter anderen Umständen wahrscheinlich amüsiert, aber in seinem jetzigen Zustand war es besser, wenn er nicht zu heftig lachte.
»Wie du schon sagtest, ich werde es überleben. Das habe ich bereits vermutet, aber das bringt ein weiteres, ziemlich verzwicktes Problem mit sich.« Still saß er da und nahm es hin, wie sie ein gefaltetes Stück auf die Schnittwunde presste. Sein mürrischer Blick war auf den mit Marmor eingefassten Kamin am anderen Ende des Raums gerichtet. »Ich werde in zwei Tagen heiraten. Ich werde mir eine gute Geschichte einfallen lassen müssen, um das zu erklären.«
Antonia blickte zu ihm auf, die Lippen fest zusammengepresst, und griff nach einem langen Stück von dem zarten Stoff. »Du willst das wirklich wahr machen, stimmt’s? Ich kann es kaum glauben.«
»Du meinst die Hochzeit? Warum nicht? Die Verlobung ist doch schon seit Monaten offiziell.«
»Das ist so untypisch für dich, Miguel .«
Sie hatten dieses Gespräch schon häufiger geführt. Er seufzte resigniert. »Ob das nun typisch für mich ist oder nicht, ich werde es auf jeden Fall machen.«
»Du wirst also ein kleines, fades Küken heiraten, das kaum dem Schulzimmer entwachsen ist. Und das nur, weil dein Vater es wünscht?«
»Ich würde es bevorzugen, wenn du meine zukünftige Gattin nicht als fade bezeichnen würdest.«
Es konnte auch Einbildung sein, aber er hatte das Gefühl, dass sie das Tuch mit etwas mehr Kraft auf die Wunde presste, als es nötig war. Er gab einen leisen Schmerzlaut von sich.
»Sie wird dich zu Tode langweilen.«
Langsam hob er eine Augenbraue. »Ich glaube, es ist wohl kaum ihre Aufgabe, für meine Unterhaltung zu sorgen. Ich habe genug Aufregung in meinem Leben. Zum Beispiel läuft da draußen jemand frei herum, der mich offensichtlich tot sehen will. Lass uns doch mal für den Moment meine junge Braut vergessen, ja? Wir sind ohnehin nicht einer Meinung. Also, glaubst du, der Ursprung dieses Angriffs ist in unseren Reihen zu suchen?«
Sie wickelte die Bandage um seinen nackten Leib und beugte sich dabei so weit vor, dass er ihren köstlichen weiblichen Duft, gemischt mit einem Hauch von Rosenöl, erhaschen konnte. Ihr ebenholzschwarzes Haar streifte seine Wange, während ihre geübten Finger über seine Haut huschten. »Ich bin nicht sicher«, gab sie leise zu. »Ich denke, du bist für jeden wichtig, sobald man erkennt, was du in Wahrheit bist.«
Was du in Wahrheit bist. Er war ja selbst nicht sicher, was er war – außer dass er ein Experte darin war, mit List und Tücke seine Ziele zu erreichen.
»Es könnte einen bestimmten Grund für diese Anschläge geben.«
»Vielleicht ist es … deine Bestrebung, Roget festzusetzen? Nicht, dass ich nicht ebenso bestrebt bin, dass er seine gerechte Strafe bekommt, das weißt du.«
O ja, das wusste er nur zu gut. »Vielleicht.«
»Würde es dir etwas ausmachen, mir mehr zu verraten?«
»Noch nicht.« Er rieb sich das Kinn und kniff die Augen zusammen. »Angesichts der Ereignisse dieses Abends möchte ich erst über die verschiedenen Möglichkeiten nachdenken, ehe ich mich an einer Theorie versuche.«
»Du hast doch schon längst eine. Versuch ja nicht, mich zum Narren zu halten.« Antonia verknotete den Verband mit einer theatralischen Geste. »Dieser letzte Überfall hat etwas Beängstigendes, nicht wahr? Wenn es sich in beiden Fällen um ein versuchtes Attentat handelt, werden vermutlich noch weitere stattfinden, bis die Hintermänner einen Erfolg verbuchen können.«
»Ich würde es bevorzugen, meinen Tod nicht als einen Erfolg zu betrachten, meine Liebe.«
Sie schnaubte leise. »Dann sag mir, wie ich es sonst nennen soll.«
Ungerührt überging er ihre Bemerkung und fuhr fort: »Unglücklicherweise hat der erste Angreifer nicht überlebt. Sonst hätte ich schon damals meine Antworten bekommen und hätte mir diese hübsche Begegnung heute Nacht ersparen können.« Es war Notwehr gewesen, und Michael war nicht mal derjenige gewesen, der den Mann getötet hatte. Zufällig hatte sein Kutscher den Angriff beobachtet und genau im richtigen Moment seine Pistole abgefeuert. Oder auch im falschen Moment, je nachdem, wie
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