Eine heißblütige Lady: Roman (German Edition)
man es sah. Der ältere Mann hatte sich als ein sehr trefflicher Schütze erwiesen.
Eine ungewöhnliche Fähigkeit, wenngleich sie Michael zu dem Zeitpunkt durchaus zupassgekommen war. Es war wirklich eine Schande. Verwundete Männer hatten die Neigung, sehr redselig zu werden. Tote Männer waren in der Hinsicht eher eine Enttäuschung.
»Aber da es nun mal passiert ist … Nun, was wirst du tun?« Ihre rabenschwarzen Augenbrauen hoben sich fragend.
»Er wollte mich umbringen.« Michael war dankbar, dass genau in jenem Moment der Mond hinter den Wolken hervorgekrochen war, weshalb der Stahl der Klinge im Licht aufblitzte und ihn vor Schlimmerem bewahrte. Wäre er nicht instinktiv zur falschen Seite gesprungen, wäre er sogar unversehrt geblieben. Dieser Fehler brachte zwar ein Problem mit sich, aber immer noch besser, als wenn er jetzt ein Messer im Herzen stecken hätte.
Trotzdem blieb die Frage, wie er in seiner Hochzeitsnacht diese Verwundung erklären sollte? Selbst mit gelöschtem Licht und im Schutz der Bettdecke würde sie den Verband spüren. Die Wunde war vermutlich nicht so ernst, dass sie ihn behinderte. Gott sei Dank! Aber er durfte den Verband wohl kaum nach zwei Tagen ablegen, ohne zu riskieren, dass die Wunde wieder aufbrach.
Nun, verflucht noch mal! Sein Leben hatte nun mal die Angewohnheit, eine komplizierte Angelegenheit zu sein, und dieser Zwischenfall bestätigte ihm das nur. Dennoch wäre es alles andere als romantisch, seine Frau vollzubluten.
Verdammt und zugenäht!
» Ich nehme an, du hast keinen Brandy zur Hand?« Er wollte nicht den Schmerz betäuben, sondern vielmehr seinen Kopf damit ausschalten. Michael rutschte unruhig auf dem Stuhl herum.
Antonia lächelte katzenhaft. »Natürlich habe ich welchen da. Gute, französische Schmuggelware, obwohl es eigentlich gegen meine Prinzipien verstößt, zuzugeben, dass diese Bastarde irgendetwas gut hinbekommen. Ich habe ihn einem englischen Schmuggler abgekauft, weshalb es nicht ganz so schmerzhaft ist.« Mit eleganten Bewegungen stand sie auf und durchquerte das Zimmer, um sich das Blut von den Händen zu waschen. Auf einem kleinen Tisch standen eine Karaffe und Kristallgläser, und sie schenkte beiden einen Schluck Brandy ein. Dann drehte sie sich zu ihm um. Barfuß und mit dem blassen Morgenmantel wirkte sie äußerst weiblich, aber das traf eigentlich immer auf sie zu. Ihre dramatische Schönheit und das dunkle Feuer in ihren Augen zogen jeden Mann in ihren Bann.
»Ich danke dir.« Er nahm das Glas entgegen. Das berauschende Aroma drang in seine Nase, und er nahm einen beherzten Schluck. »Ich brauche außerdem ein neues Hemd. Vielleicht kann Lawrence eins erübrigen? Da in Southbrook bereits unzählige Gäste Einzug gehalten haben, die gespannt auf meine Vermählung warten, kann ich nicht darauf hoffen, unentdeckt heimzukehren, auch wenn es schon spät ist. Ich lasse mein Jackett hier. Sei so gut und entsorge es.«
»Ich werde alles tun, worum du mich bittest.«
Das sinnliche Versprechen, das in ihrer rauchigen Stimme mitschwang, entging ihm nicht. Antonia war in mancherlei Hinsicht für ihn von unschätzbarem Wert, aber sie war alles andere als subtil. Ungerührt fügte er hinzu: »Und deine Loyalität und dein Einfallsreichtum sind gefragt.«
»Aber du willst immer noch deine kleine Unschuld vom Lande ehelichen?«
Er blickte sie über den Rand seines Glases an. »Das habe ich tatsächlich vor.«
»Ich habe deine wertvolle Fracht fast bis zur Treppe seines angesehenen Hauses begleitet.«
Antonia blickte auf. Sie hatte den Stuhl dicht an den Kamin gerückt. »Deine krankhafte Eifersucht steht dir gut.«
Lawrence – ob es ein Nachname oder ein Vorname war, wusste sie nicht genau, weil dieser Name alles war, was er von seiner geheimnisvollen Vergangenheit preisgab – stand in der Tür, die breite Schulter nonchalant gegen den Türrahmen gelehnt. Die gezackte Narbe, die seine linke Braue zerteilte, hatte das Auge damals verfehlt und reichte über die Wange bis zum kantigen Kiefer. Trotz dieser Entstellung war er ein attraktiver Mann, wenn man grobe und etwas ungeschliffene Männer mit buschigen dunklen Haaren und beeindruckend breiten Schultern mochte.
Er war so vollkommen anders als der gepflegte, im klassischen Sinne gut aussehende Marquess of Longhaven. Doch wenn sie ehrlich war, war auch Lawrence auf eine ursprüngliche, geradezu verruchte Art attraktiv.
»Wenigstens habe ich Gefühle. Das kann ich von ihm nicht behaupten.
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