Eine heißblütige Lady: Roman (German Edition)
sechste Duke of Southbrook schenkte ihm einen teuren, französischen Brandy ein und reichte Michael das Glas. »Ich dachte, du willst dich uns heute Abend vielleicht anschließen.«
Michael hob eine Braue. »Wenn du es so sagst, klingt es nicht gerade wie ein herzoglicher Befehl, aber ich vermute, genau das ist es.«
»Ich weiß, es klingt ungefähr so fade wie ungebutterter Toast schmeckt, aber die Dinners sind deiner Mutter immer sehr wichtig.«
»Sie richtet es zu Ehren von Lady Hamptons Nichte aus, nicht wahr?« Es klang tatsächlich langweilig. Die junge Frau war eine Debütantin, und wenn die Erinnerung Michael nicht trog, neigte sie zu haltlosem Kichern. Sie waren irgendwie entfernt verwandt, und natürlich war es immer ein besonderes Ereignis, wenn eine Debütantin von der Duchess of Southbrook gefördert wurde.
»Lady Felicity ist außerdem zufällig eine gute Freundin deiner Frau.« Sein Vater lächelte ihn herzlich über den Rand seines Glases hinweg an.
Die Schlussfolgerung war, dass Michael weder seine Mutter noch seine Frau enttäuschen sollte, indem er dem Dinner fernblieb. »Bitte sag mir, dass du ein paar edle Tropfen auf den Tisch bringst, wenn ich kooperiere.«
Sein Vater grinste. »Natürlich. Ich freue mich auch nicht allzu sehr auf den Abend. Aber die Ehe bringt immer Kompromisse mit sich.«
Oder eine Übereinkunft. So hatte Michael es genannt, als er mit Julianne im Garten lag. Vielleicht hatte sie recht: In seinem Leben hatte es zu viel Kampf gegeben. Kompromiss klang eindeutig besser. Aber im Grunde war es dasselbe.
Michael schaute auf die Standuhr in der Zimmerecke. »Da wir gerade von meiner Frau reden, sie scheint sich zu verspäten.«
Verflucht, Fitzhugh! Ich hoffe, du passt gut auf sie auf …
» Das Dinner beginnt erst in einigen Stunden«, erinnerte sein Vater ihn.
Das stimmte. Michael zwang sich, zu entspannen. Das war nicht so leicht, denn die Erinnerung daran, wie eine Pistolenkugel an ihm vorbeizischte, war noch ziemlich frisch.
Kann ich Julianne im Haus einsperren, bis diese Sache durchgestanden ist? ,fragte er sich. Er rutschte im Sessel etwas tiefer und lauschte nur mit einem Ohr den Ausführungen seines Vaters, der sich lobend über den Hengst ausließ, den er zu kaufen gedachte, um seine Zucht aufzufrischen.
Nein, er konnte ihr nicht einfach verbieten, das Haus zu verlassen. Dafür müsste er ihr erklären, dass er fürchtete, sie könne in Gefahr schweben.
Und dann müsste er mehr über sich preisgeben, als ihm lieb war.
Unruhig nippte er am Brandy und fragte sich zum hundertsten Mal, wo sie steckte.
Kapitel 17
Das Wagenrad war gebrochen. Es handelte sich um eine alte Mietdroschke, weshalb das Malheur wohl nicht überraschend war. Die Kutsche hatte Schlagseite bekommen und stand im tiefen Morast der Straße. Der unablässige Regen hatte die Straßen in einen Sumpf verwandelt. Als ob die arme Chloe nicht schon genug durchgemacht hätte.
Der unerschütterliche Fitzhugh war erneut zur Stelle, um sie zu retten. Er hob Julianne und ihren kleinen Schützling auf sein Pferd und führte sie heim. Das dauerte jedoch ewig, und bis sie schließlich zu Hause ankamen, waren sie alle bis auf die Haut durchnässt und zitterten. Und inzwischen war es schon dunkel.
Es war sogar sehr dunkel.
Wie spät war es wohl genau? Sie wusste es nicht. Sie hatten bei einer Schenke angehalten, damit Chloe etwas essen konnte. Julianne und Fitzhugh hatten schweigend neben ihr gesessen und fassungslos zugesehen, wie dieses kleine Kind eine ganze Fleischpastete vertilgte und mehrere Gläser Wasser trank, als stünde es kurz vor dem Verdursten. Wie sonst auch hatte das Mädchen kein Wort gesagt. Einmal hatte Fitzhugh ihr einen fragenden Blick zugeworfen, woraufhin sie ihm leise und zögernd ein wenig von dem Mädchen erzählt hatte.
Sie fühlten sich elend, als sie endlich die feinen Straßen von Mayfair erreichten. Sie sahen wirklich nicht so aus, als gehörten sie hierher. Juliannes Seidenkleid war ruiniert, die Schuhe zur Unkenntlichkeit verschmutzt und bestimmt nicht mehr zu gebrauchen. Ihr Mantel war so nass, dass er die Kälte nicht mehr abhielt. Das einzig Amüsante an diesem ganzen Abenteuer war, dass Julianne unmöglich sagen konnte, wer von ihnen – Michaels Leibdiener oder sie – verärgerter war, als er ihr endlich so von seinem Pferd half.
Die Lichter des Anwesens leuchteten strahlend. Zu spät fiel ihr ein, dass heute Abend in Southbrook House ein Dinner stattfand.
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