Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Hexe mit Geschmack

Eine Hexe mit Geschmack

Titel: Eine Hexe mit Geschmack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
Vom Netzwerk:
kurzen, phantastischen Moment lang stellte
ich mir vor, wie ich über ihn herfiel und an seinem Gesicht schnüffelte und
nagte. Gegen meinen Willen lächelte ich leicht. Er lächelte zurück, und nun
wandte ich meinen Blick dem Hauptmann zu.
    Ich griff in einen weiten Ärmel
und zog eine kleine Tonampulle hervor. »Ein Elixier für schlechten Geschmack.
Gieße es in den Eintopf für die Männer, und sie werden tagelang furchtbar
schmecken. Furchtbar genug, um selbst Goblings abzuschrecken.«
    »Danke. Ist das alles?«
    »Nein. Ich habe eine Entdeckung über
die Horde gemacht. Eine Entdeckung, die eine große Hilfe sein könnte.«
    Der Hauptmann sah skeptisch aus,
aber das tat er ja fast immer.
    Schließlich ergriff Wyst aus dem
Westen das Wort: »Etwas, das mit Magie zu tun hat, nehme ich an.«
    »Hexerei, um genau zu sein«,
antwortete ich, während ich ihn absichtlich nicht ansah.
    Die Grausige Edna hatte mir so
viel sie konnte über die anderen Magieschulen beigebracht. Es gab viele davon,
und alle besaßen ihr Tätigkeitsgebiet. Zauberer praktizierten die Kunst der
Beschwörung und manipulierten die Welt mit Worten. Wundertäter beherrschten die
Magie durch die Wissenschaft, während Schamanen sie als urzeitliche Macht
betrachteten, die sie mit Blutopfern und Tänzen um Lagerfeuer herum anriefen.
Hexen hatten keine feste Meinung zur Magie, waren aber weise genug zu wissen,
dass dies an sich auch eine Meinung war. Und Hexenmeister gingen der Kunst
nach, Illusionen zu schaffen. Es gab zahllose andere Anhänger der geheimen
Künste, und sie hatten mit ihrer Philosophie allesamt recht, denn die Magie
verhält sich im Allgemeinen so, wie man es erwartet.
    »Ich hatte schon mit Hexenmeistern
zu tun«, sagte Wyst aus dem Westen. »Sie sind nicht gefährlich. Alles Schall
und Rauch.«
    »Hauptsächlich«, stimmte ich zu,
»aber selbst Rauch hat Substanz.«
    Ich griff in meinen Ärmel, zog
eine kleine Echse heraus und ließ das Reptil an seinem Schwanz baumeln. Seine
Haut wechselte von Gelb zu Schwarz zu Grün und weiter zu wahllosen anderen
Farben.
    »Ich habe nie eine Echse wie diese
gesehen«, sagte der Hauptmann.
    »Das liegt daran, dass sie nicht
existiert, außer durch meinen Willen und die Magie.« Ich setzte sie auf den
Tisch, wo sie in kleinen, ziellosen Kreisen umherjagte.
    Der Hauptmann versuchte sie zu
berühren, aber sie lief durch seine Hand hindurch. »Unglaublich. Sie sieht so
echt aus.«
    »Das ist gar nichts. Der Lehrling
eines Hexenmeisters könnte das besser, aber um eine illusorische Horde Goblings
zu schaffen, brauchte es einen Meister.«
    Ich gönnte dem Hauptmann und Wyst
aus dem Westen einen Augenblick, um diesen Hinweis zu verarbeiten.
    »Die Goblings sind nicht echt?«,
fragte der Hauptmann.
    »Das ist unmöglich. Ich habe
selbst den Schaden gesehen, den sie angerichtet haben. Ihr Wüten war keine
Illusion. Frag nur die guten Leute, die sie in Schrecken gehalten haben. Sieh
dir das Land an, das sie verwüstet haben.«
    Wyst runzelte die Stirn. Seine
Unterlippe stand vor, und ich sehnte mich so danach, meine gespaltene Zunge
darüber gleiten zu lassen.
    »Wie kann etwas, das nicht real
ist, solchen Schaden anrichten?«, fragte der Hauptmann.
    Dies würde der schwierigste Teil
werden: diesen Männern beizubringen, dass real und irreal, genauso wie tot und
untot, lediglich eine graduelle Frage waren. Meine Ge-danken zu ordnen war
schwierig, wenn mir Wyst aus dem Westen so nahe war. Glücklicherweise hatte ich
mich vorbereitet.
    »Ich sagte nicht, dass ihr Wüten
imaginär war. Lediglich, dass sie im Wesentlichen nicht realer sind als diese
Echse, die ich da gemacht habe. Und die ich jetzt wieder ungeschehen mache.«
Ich schnippte mit den Fingern und die Echse verschwand.
    Die Augen des Hauptmanns
leuchteten auf. »Du kannst die Horde ungeschehen machen?«
    »Diese Echse war eine schwache
Illusion. Die Goblings sind dagegen viel stärker. So stark, dass sogar die
Realität getäuscht und dazu gebracht wurde, sie als echt anzuerkennen.
    »Dann sind sie also real.«
    »So real wie ein Traum.«
    Der Hauptmann seufzte. »Ich
bekomme Kopfschmerzen.«
    »Sie sind ein Traum«, erklärte
ich, »aber ein Traum, der von der Welt geträumt wird. Und wenn jeder Mensch,
jedes Tier, jeder Baum und jeder Stein dieselbe Illusion teilen, dann kann auch
ein Traum Realität werden. In gewisser Weise.«
    »Wenn sie real genug sind, um zu
töten und zu verwüsten, sehe ich nicht, warum das Wissen darum helfen

Weitere Kostenlose Bücher