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Eine Hexe mit Geschmack

Eine Hexe mit Geschmack

Titel: Eine Hexe mit Geschmack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
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finden. Ich konnte Besseres mit
meiner Zeit anfangen. Also entwickelte ich einen einfachen, aber effektiven
Test für die Soldaten und wendete ihn schon am nächsten Morgen an. Der
Hauptmann lies mich für diesen Zweck die Küche benutzen.
    Gwurm half, die Wartenden zu
verwalten, und Penelope beschäftigte sich damit, Schmutz von einer Seite der
Küche zur anderen zu kehren. Molch saß da und sah zu. Er fand jeden Test höchst
amüsant.
    Gwurm ließ den
zweihundertvierzehnten Soldaten gehen und führte den zweihundertfünfzehnten
herein, einen Mann von gewöhnlicher Erscheinung. Mit der Zeit sahen sie alle
gleich aus. Er stand vor mir. Ich hielt einen Stein hoch und sprach, ohne ihn
anzusehen.
    »Dieser Stein ist nicht real. Er
besitzt nur das Wesen, das ihm deine Wahrnehmung verleiht. Verstehst du?«
    Es entstand eine Pause, in der ich
annahm, dass er nickte, aber ich wusste es nicht sicher, weil ich ihn nicht
ansah.
    »Ja. Ich glaube schon«, sagte er.
    »Gut.« Ich warf den Stein von
einer Hand zur anderen. »Jetzt werde ich diesen imaginären Stein nach dir
werfen, und da du verstehst, dass er nicht real ist, wird er dich nicht
verletzen.«
    Ich holte aus und schleuderte den
Stein. Er wich nicht aus. Der Stein traf ihn in den Magen und er krümmte sich
keuchend. Das war zu erwarten gewesen, denn der Stein war ziemlich echt.
    Molch fiel in einem hysterischen
Quakanfall hintenüber. »Oh, das ist toll!« Er rang nach Luft. »Das wird nie
langweilig.«
    Der Soldat richtete sich auf. Sein
Gesicht rötete sich, und er starrte mich finster an. Zwar verstand ich seine
Wut, aber er hatte den Test bestanden. Der Erste, der nicht vor meinem
»imaginären« Stein zurückwich. Vielleicht war es grausam, einen Mann mit einem
realen Stein zu bewerfen, aber einen Phantomstein zu beschwören war eine
Verschwendung von Magie, wenn das Original genauso funktionierte.
    »Dein Name, Soldat?«
    »Pyutr, Herrin.«
    Ich setzte ihn auf meine Liste
potentieller Ungläubiger. Die Liste bestand bisher lediglich aus seinem Namen.
»Du kannst jetzt gehen.«
    Molch kicherte. »Das war fast so
gut wie der, den du an den Weichteilen erwischt hast.« Er sammelte den Stein
auf und brachte ihn mir. »Aber der Beste war der Soldat, den du am Schienbein
getroffen hast und der so geflucht und diesen kleinen Tanz aufgeführt hat.« Er
hüpfte herum und gab eine bemerkenswert gute Imitation zum Besten, wenn man die
Unterschiede zwischen einem Menschen und einer Ente in Betracht zog.
    Der nächste Soldat erschien, und
Molch setzte sich eifrig.
    »Dieser Stein ist nicht real...«,
begann ich zum wiederholten Mal.
    Mein Vertrauter unterdrückte ein
Glucksen. Tränen rannen ihm über die Wangen.
    So ging es den Rest des Morgens.
Soldaten kamen herein. Ich sagte meine Rede auf, warf meinen Stein. Molch
wieherte vor Lachen. Der Hauptmann war meine letzte Testperson. Er versagte. Er
setzte sich und rieb sich sein verletztes Knie, während er die Liste durchsah.
    Er konnte sie allerdings nicht
lesen. Meine Eltern hatten diesen Teil meiner Erziehung versäumt, und die
Grausige Edna hatte selbst nie lesen gelernt. Die Weisheit der Hexen wird durch
Taten gelehrt, nicht durchs Lesen. Aber schreiben ist eine nützliche
Fertigkeit, also hatte ich meine eigene Schrift aus Kringeln und Symbolen
entwickelt, die ich sowohl hübsch als auch praktisch fand. Obwohl sie sich
ständig weiterentwickelte und mit den Jahren ausgefeilter wurde, hatte ich nie
Schwierigkeiten, sie zu lesen. Ich denke, es war Magie im Spiel. Ich schuf
weniger eine neue Schrift, sondern entdeckte vielmehr eine alte, die es niemals
gegeben hatte.
    Der Hauptmann reichte mir die
Liste. »Werden wir genug für die Aufgabe haben?«
    »Dreizehn«, sagte ich. »Du hast
Glück, wenn sechs von ihnen die notwendige Skepsis besitzen.«
    »Und sechs werden genügen?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Verdammt! Ich dachte, Hexen
könnten in die Zukunft sehen!«
    »Wissen, was sein wird, ist nicht
dasselbe wie wissen, wie es geschehen wird.«
    Der Hauptmann seufzte. Er war mit
seinen Nerven beinahe am Ende, und er tat mir leid. Ich war versucht, ihm eine
Antwort zu geben, ihm zu sagen, ich würde die Zukunft kennen. Irgendwo in
meiner Zukunft lagen entweder die Rache oder der Tod oder beides. Aber die
tapferen Männer von Fort Handfest hatte die Grausige Edna nicht erwähnt.
    »Niemand kann das Morgen
erfassen.«
    Der Hauptmann grinste. »Wohl wahr.
Und beinahe weise. Sag mir, haben sie euch diese nahezu erleuchteten

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