Eine Hexe mit Geschmack
wandte ihm weiter den Rücken
zu, um mein Erröten zu verbergen. Wie Menschen und Trolle besitzen selbst Hexen
ihre Eitelkeit.
VIERZEHN
Es war ein ermüdender Tag gewesen,
und sowohl mein Vertrauter als auch mein Troll schliefen bald nach der
Dämmerung ein. Meine untote Natur verweigerte mir erneut den Schlaf. Penelope
schlief nie, obwohl solche Dinge bei einem Besen schwer zu erkennen sind. Ich
verbrachte die lange Nacht damit, in den Himmel zu starren und die Sterne zu
lesen.
Irgendwann in den frühen
Morgenstunden wurde mein Sternenstudium von einer Stimme unterbrochen: »Suchst
du etwas?«
Ich sah nicht auf die graue
Füchsin hinunter, die zu meinen Füßen stand. »Noch am Leben, wie ich sehe.«
»Ja. Diese Goblings waren eine
schreckliche Enttäuschung. Obwohl ich den Kampf ja genossen habe. Ein
prächtiges Spektakel. Sehr unvorhersagbar.«
»Du hast also zugesehen.«
»Neugier ist ein Leiden, das ich
als Fuchs mit Stolz trage. Deshalb wirst du verstehen, dass ich fragen muss,
was du dort oben zu sehen hoffst?«
Ich unterbrach mein Starren, um
einen Blick in das grinsende Gesicht des Fuchses zu werfen. »Nichts. Und alles.
Genügt es nicht, sich einfach bloß die Sterne anzusehen?«
»Ich wüsste nicht.« Ihr Schwanz
schwang hin und her. »Ich fand sie nie sehr interessant. Aber wir Tiere sehen
sie auch nicht so wie die Menschen. Sie sind zu weit entfernt. Für uns sind sie
nur da, um den Teil des Himmels zu füllen, der nicht vom Mond eingenommen
wird.«
»So müssen auch die meisten
Menschen sie wahrnehmen«, sagte ich.
»Nun, die Menschen unterscheiden
sich nicht so sehr von uns Tieren, wie sie vorgeben mögen. Ihre Hände, nicht
ihr Geist, sind ihre Gaben.« Sie legte sich ins Gras und rollte sich auf den
Rücken. »Sag mir, was sieht eine Hexe am Himmel?«
»Omen.«
Sie blinzelte und untersuchte den
Himmel von einem Horizont zum anderen. »Wie sieht ein Omen aus?«
»Wie alles. Und nichts.«
Die Füchsin kicherte leise.
Während Molch meine Hexenart, mit Worten umzugehen, ärgerlich fand, schätzte
sie die verdrehten und verdrillten Sätze. »Können wir Tiere auch Omen sehen?«
»Ich weiß es nicht. Wenn ein Tier
das kann, dann nehme ich an, müsste es ein schlauer und neugieriger Fuchs
sein.«
Als Zeichen der Demut rieb sie mit
den Vorderpfoten ihre Nase. »Ich glaube, dann werde ich mit dir schauen.«
Die Füchsin schloss sich mir bei
meiner Omensuche an, und da sie sowohl schlau als auch neugierig war, entdeckte
sie in den funkelnden Himmeln bald ein Zeichen.
»Ist das eines?«, fragte sie über
ein Paar Sternschnuppen.
»Ja. Du hast ein gutes Auge.«
»Was bedeutet es?«
Ich hielt meine Hand hoch, als
wolle ich den Himmel berühren. »Es weist auf die Geburt eines Monsters in den
Südländern hin, das eines Tages das Königreich bedrohen wird.«
»Oh, das ist ein gutes.«
»Sehr gut. Du hast Talent.«
Sie blickte für eine kurze Zeit
hinauf und suchte dann eine Reihe von fünf funkelnden Sternen aus.
»Ah, noch ein ausgezeichneter
Fund. Diese Sterne sprechen von einer Liebe, die dazu verdammt ist, vom Ozean
verschluckt zu werden.«
»Wirklich?«
Ich nickte.
Abgesehen von schlau und neugierig
war die Füchsin auch skeptisch. Sie stellte Fragen über einen Wolkenfleck, von
dem sie annahm, dass er keine Bedeutung hatte. Eine Meinung, die ich
korrigierte.
»Irgendwo stellt ein neugieriger
Fuchs Fragen.«
Sie blinzelte den Mond an. »Ist
alles ein Omen?«
»Wenn man weiß, wie man sie
entdeckt, teilt das Universum seine Geheimnisse leicht. Vielleicht zu leicht.
Im Ruf der Eulen höre ich, dass ein Soldat im Fort unter einem schrecklichen
Albtraum leidet. In den fließenden Wellen des Grases sehe ich einen
Termitenhügel, der gegen einen benachbarten Ameisenhaufen Krieg führt. Die
fallenden Blätter, ihr wirbelnder Flug, sprechen von der Magenverstimmung eines
Priesters und gleichzeitig von einem Dienstmädchen, das sich den Zeh gestoßen
hat.«
»Das muss furchtbar störend sein.«
»Ist es auch. Aber nur am Anfang.
Dann lernt man, die große, triviale Mehrheit zu ignorieren. Das ist das wahre
Talent. Nicht Omen zu sehen, sondern sie nicht zu sehen.«
»Ich verstehe. Aber ich muss
sagen, dass ich froh bin, ein Fuchs zu sein und keine Hexe. Ich würde nichts
lernen wollen, um es dann wieder zu verlernen.«
»Ein großer Teil des
Hexenhandwerks besteht allerdings aus Verlernen«, gab ich zu. »Es gibt eine
Grenze, wie viele verbotene Geheimnisse ein Geist
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