Eine Hexe mit Geschmack
einmal magisch. Sie ist einfach. Lächelnd schmiegte
ich meine Wange an das Fell.
Molch seufzte verschlafen und
öffnete halb ein Auge. »Das ist aber ein sehr großer Sack, den du da tragen
willst.«
»Gwurm schafft das schon.«
Er wachte ruckartig auf. »Wir
nehmen ihn doch nicht mit, oder? Schlimm genug, dass wir den weißen Ritter
mitnehmen müssen. Ich werde diese ganze Reise über ständig einen komischen
Magen haben.«
Für eine Ente nörgelte er ziemlich
gut.
»Du wirst dich daran gewöhnen.«
»Findest du nicht, es wäre eine
gute Idee, jemanden zurückzulassen, um aufs Zelt aufzupassen?«
»Meldest du dich freiwillig?« Er
stammelte.
»Vielleicht hast du recht«, sagte
ich. »Es genügt ja nicht, wenn nur Sterbliche herumschnüffeln und verbotene
Geheimnisse entdecken, die allein Hexen kennen sollten.«
»Das stimmt, aber was ist eine
Hexe ohne den Vertrauten an ihrer Seite?«
»Ja schon, aber mir fällt keiner
ein, dem ich mehr vertrauen würde, was meine Geheimnisse angeht.«
Molch schlug mit den Flügeln und
sprang auf und ab. »Gwurm! Was ist mit Gwurm?«
Ich ließ mein Eichhörnchenfell in
den Sack fallen. »Ich dachte, du magst ihn nicht.«
»Natürlich nicht.« Er schüttelte
den Kopf und spitzte den Schnabel. »Er ist zu schlau für einen Troll, und wenn
du mich fragst, versteht er sich auch zu gut mit dem weißen Ritter. Vor allem
für den Weggefährten einer Hexe. Aber er ist loyal. Das muss ich ihm lassen.«
»Und vertrauenswürdig?«, fragte
ich.
»Sehr vertrauenswürdig!«, rief
Molch enthusiastisch.
»Und nützlich, wenn Gefahr droht?«
»Ja! Ich meine, er ist stark und
ein guter Kämpfer.« Er murmelte einen Fluch. »Gut genug als Kämpfer, aber sein
trollisches Wesen macht sein fehlendes Talent mehr als wert.«
»Aha. Er ist also loyal und
vertrauenswürdig, stark, vielleicht ein wenig zu intelligent, aber gut, wenn
man ihn in gefährlichen Lagen hinter sich hat. Alles in allem scheint er ein
sehr guter Weggefährte für eine gefährliche Suche nach Rache zu sein.«
Molchs Schnabel blieb offen
stehen. »Ich habe nicht...«
»Doch, du hast vollkommen recht.
Es wäre dumm, ihn nicht mitzunehmen.« Ich lächelte. »Danke, Molch.«
Er starrte mich finster an, als er
dachte, ich würde es nicht sehen. Aber ich sah es aus dem Augenwinkel. Es war
seine eigene Schuld, wenn er eine Hexe in ein Wortgefecht verwickelte. Die
Grausige Edna hatte mich gelehrt, wie man Dialoge verdrehte.
»Was meine Geheimnisse
betrifft...« Ich hielt einen verwachsenen Stab hoch, dekoriert mit Stofffetzen,
schwarzen und roten Federn und perlenbesetzten Schnüren. Ein grimmiger
Dachsschädel steckte auf der Spitze. Der Zauber hatte keine wirkliche Kraft,
außer abergläubische Furcht in sterblichen Geistern zu wecken. Doch er war
Schutz genug. All meine Geheimnisse würden mit mir reisen. Das Totem war ein
hexenhafter Touch, etwas, das Fort Handfest daran erinnern sollte, wer in
diesem Zelt lebte und wer eines Tages dorthin zurückkehren würde, wenn das
Schicksal es wollte. Ich fand außerdem, dass es für einen hässlichen, Furcht
einflößenden Fetisch ziemlich hübsch war.
Gwurm streckte seinen Kopf ins
Zelt. »Der Ritter ist hier.«
Molch stieß Substanz auf. »Ich
weiß.« Er schmatzte mit dem Schnabel und streckte die Zunge heraus.
Ich trat vor das Zelt. Wyst aus
dem Westen stand mit seinem grauen Pferd neben Gwurm. Ich warf beiden einen
flüchtigen Blick zu und stieß meinen Stab in die Erde.
Ich rückte ihn in einem krummen
Winkel zurecht und nahm mir einen Augenblick Zeit, um ihn zu bewundern.
FÜNFZEHN
»Du hast mich gerufen, Hexe?«,
fragte Wyst.
Ich zeichnete mit drei Fingern auf
den Dachsschädel. Er nahm einen dunkelroten Farbton an, als sei er
blutüberzogen. Ich tippte noch einmal darauf, und er wurde tiefschwarz.
»Die Geister haben gesprochen. Es
ist Zeit zu gehen.«
Wyst aus dem Westen bot mir ein
Pferd für die Reise an, aber Gwurm erwies sich als geeignet für die Aufgabe.
Seine Schultern waren breit und bequem, es war genug Platz für mich und Molch
auf der einen und meinen Sack auf der anderen Seite. Die kurzen Beine des
Trolls waren trotzdem noch in der Lage, mit dem munteren Trab des Pferdes
Schritt zu halten.
Molch war nicht glücklich. Wysts
Tugend verursachte ihm schlechte Laune. Und er mochte Gwurm nicht. Penelope
mochte er ebenfalls nicht besonders. Zumindest hegte er keine Abneigung gegen
Wysts Pferd, obwohl ich den Verdacht hatte, dass das mit der
Weitere Kostenlose Bücher