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Eine Hexe mit Geschmack

Eine Hexe mit Geschmack

Titel: Eine Hexe mit Geschmack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
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gefahrlos aufnehmen kann.«
    Wir beendeten unsere
Omenbetrachtung. Da ich in Orakelstimmung war, sah ich trotzdem hier und da ein
Anzeichen. Nichts allzu Wichtiges. Nur die Darmgrippe eines Königs, den ich nie
kennen würde, flüsterte durch eine redselige Brise, und die pure Freude einer
frisch gebackenen Mutter irgendwo im Norden zeigte sich in tanzenden Schatten.
Ein Vogelflug erzählte von einem Kontinent, der durch die Schuld eines
nachlässigen Zauberlehrlings untergehen würde. Dies konnte verhindert werden,
aber da ich nicht sah, welcher Kontinent das war - und wann -, dachte ich nicht
weiter darüber nach.
    Ein Hirsch stürmte aus dem Wald,
gejagt von einer Wölfin. Die Wölfin fing den Hirsch und grub ihre Zähne in
seine Flanke. Aber er trat sich frei. Bis die verblüffte Wölfin wieder zu
Sinnen gekommen war, war der Hirsch entkommen. Die enttäuschte Wölfin schlich
davon. Spontan fielen zwei fette, tote Gänse vom Himmel. Sie landeten ungefähr
dreißig Fuß von der Wölfin entfernt, die es nicht bemerkte und hungrig
davonging.
    »Das muss ein furchtbares Omen
sein«, sagte die Füchsin.
    »Eigentlich ist das nur eine
Wölfin mit sehr viel Pech.«
    Dann sah ich endlich mein Omen im
Gesicht des Mondes. Es sprach von einer gefährlichen Reise. Das war ein vages
Zeichen, und ohne Zweifel sprach es von hundert solcher Reisen überall auf der
Welt. Aber ich verließ mich auf mein Urteilsvermögen als Hexe und entschied,
dass es auch auf meine Suche anwendbar war. Selbst wenn das nicht der Fall sein
sollte, hatte ich genug vom Warten.
    »Entschuldige mich bitte, Füchsin,
aber ich muss meine Rache aufspüren.«
    »Eine frühe Stunde für eine
Rachesuche«, sagte sie.
    Die ersten Anzeichen der Dämmerung
wurden am Rand des Horizonts sichtbar. »Alles zu seiner Zeit.«
    »Dürfte ich dir eine letzte Frage
stellen?« Ihre Neugier zwang sie zu fragen, ohne auf die Erlaubnis zu warten.
»Diese Suche nach Rache, die du da beginnst, hast du darin Gefahr gesehen?«
    »Andernfalls wäre es eine
armselige Suche.«
    »Wie viel?«
    »Mehr als genug, sagt mir mein
gesunder Verstand.«
    »Würde es dir etwas ausmachen,
wenn ich dann mitkäme?«
    »Du bist herzlich eingeladen, uns
zu begleiten.«
    Sie machte sich auf den Weg in den
Wald. »Sehr gut. Dann sehe ich dich unterwegs.«
    »Wo gehst du hin?«
    Die Füchsin drehte sich um und
grinste. »Ich sagte, ich sehe dich unterwegs. Du wirst mich nicht sehen. Ich
wünsche dir eine gute Rache, Hexe.«
    »Und ich dir eine gute Verfolgung,
Füchsin.«
    Sie verschwand in den dunkleren
Schatten des Waldes.
    Gwurm schlummerte in seiner
üblichen zusammengesackten Haltung neben meinem Zelt. In diesem Licht sah er
einem schnarchenden Felsbrocken recht ähnlich. Ich schlug ihm mit meinem Besen
auf den Rücken. Was bei einem Menschen eine Prellung hervorgerufen hätte,
wirkte auf den dickhäutigen Troll nur wie ein Klaps. Er hob den Kopf und
entknotete seine Gliedmaßen. Trolle sind entweder wach oder sie schlafen, und
er war sofort in Alarmbereitschaft.
    »Ist es Zeit?«
    »Ja.«
    »Soll ich den weißen Ritter
holen?«
    »Nicht nötig.«
    Ich bewegte die Luft mit meinen
Fingern, und Morgendunst stieg von meiner Hand auf. Er versammelte sich in
einer weichen, blauen Wolke zu meinen Füßen. Der Dunst stieg auf, als
spielerische Luftgeister darin tanzten, sichtbar nur als kurz aufblitzende,
tanzende Gestalten. Die Wolke schwirrte über meinen Kopf und zwischen Gwurms
Beine.
    »Das genügt jetzt. Fort mit euch!«
    Der Dunst kicherte und schwebte in
Richtung Fort Handfest davon.
    Ich betrat mein Zelt und fand dort
den schlafenden Molch. Er erwies sich als schwerer zu wecken als Gwurm. Obwohl
er eine Leidenschaft für die Rache hegte, war er genauso anfällig für faule
Momente. Solche Widersprüche waren Teil seiner dämonischen Natur.
    »Die Sonne geht noch nicht einmal
auf!«
    Ich begann, einen Sack mit
Hexensachen zu füllen, die ich auf dieser Reise gebrauchen konnte. Ich packte
Schalen zum Mischen, in Flaschen abgefüllte Geister, heilende Kräuter und mein
schäbiges Eichhörnchenfell zusammen. Es war merkwürdig, wie ein so kleines Ding
so viel bedeuten konnte. Es erinnerte mich an die Grausige Edna, mein Zuhause
bei ihr und mein neues Zuhause hier. Allein wenn ich das dünner werdende Fell
zwischen meinen Fingern rieb, fühlte ich mich besser. Nicht alle Magie liegt in
Todesflüchen, hungrigen Phantomen, dämonischen Wasservögeln und lebenden Besen.
Die meiste Magie ist nicht

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