Eine Hexe mit Geschmack
vorkam, als ich ihn dabei ertappte. Oft schienen seine Blicke, wenn auch
nur kurz, meinen Körper auf und ab zu wandern. Beinahe, als könne er die
wohlgeformte Gestalt unter meinen zerknitterten Umhängen sehen. Jeden Tag, der
verging, war ich weniger bereit, diese Zeichen als Produkte meiner eigenen
Wünsche abzutun. Dies führte zu einer sonderbaren Zwickmühle.
Sah Wyst durch meine
Hexenverkleidung oder mochte er Frauen plump und hexenhaft? Dieser letzte
Gedanke bedeutete, dass mir mein Fluch den Mann verweigern konnte, den ich
wirklich begehrte. Eine Ironie wie abstoßende Schönheit konnte durchaus entstehen,
wenn ein machtvoller Todesfluch im Spiel war. Und irgendwo in der Hölle, wo
seit langer Zeit tote, verrückte Zauberer hausen mochten, kicherte der Fiese
Larry zwischen gequälten Schreien vermutlich ausgiebig darüber.
Abgesehen von diesen Grübeleien war
es unvermeidlich, dass Wyst und ich irgendwann ein tiefergehendes Gespräch
führen würden.
Brot war alles, was Wyst je aß. Er
lebte von zwei dünnen Scheiben pro Tag. Eine am Morgen, wenn er aufwachte, und
eine am Abend, bevor er schlafen ging. Die magere Diät und seine persönlichen
Zauber hielten ihn jedoch sehr gut aufrecht. Selbst wenn er sich für die Nacht
zurückzog, schien er nie wirklich müde zu sein. Und sein Körper bot die
perfekte Balance zwischen schlanker Anmut und maskuliner Stärke. Zumindest fand
ich das, und ich hatte genug Stunden damit verbracht, ihn zu studieren, trotz
meiner Bemühungen, es nicht zu tun.
Es war einer dieser Augenblicke
unhexenhafter Schwäche, der ein Gespräch in Gang brachte, das ich unbedingt
vermeiden wollte. Ich beobachtete Wyst dabei, wie er seine abendliche Mahlzeit
zu sich nahm und fragte mich, welche Gedanken hinter seinen tiefen, dunklen
Augen tanzen mochten. In diesen Überlegungen verlor ich mich und war mir nicht
einmal bewusst, dass er mein Starren bemerkt hatte, bis es viel zu spät war, es
als beiläufigen Blick auszugeben.
Er lächelte mir über das
Lagerfeuer zu. »Möchtest du etwas davon?« Er hielt ein Stück trockenes, wenig
ansprechendes Brot hoch, das ich schnell annahm, um von meinem Starren
abzulenken.
Molch gaffte mich an. Er fand den
Gedanken daran, etwas ohne Blut zu essen, zweifellos noch abstoßender als ich.
Sein Schnabel stand offen, und er schielte.
Die Grausige Edna hatte hauptsächlich
von Brot und Kaninchen und wilden Beeren gelebt. Aber alles, was ich je
gegessen hatte, war Fleisch. Sogar als Neugeborene hatte ich einen guten Satz
Zähne besessen. Diese Art von scharfen, zuschnappenden Reißzähnen, die eine
Mutter davon abhalten, ihr untotes Kind an die Brust zu legen.
Ich schnüffelte an dem Brot. Es
roch nach fast gar nichts und auf keinen Fall nach etwas, was mich an eine
Mahlzeit denken ließ. Aber ich fühlte mich verpflichtet, also nahm ich einen
sehr kleinen Bissen, kaute ihn einmal und zwang mich, ihn zu schlucken. Es
konnte mir zwar nicht schaden, aber es war doch etwas, das ich nicht wieder tun
wollte.
Molchs Zunge hing seitlich aus
seinem Schnabel.
Ich schlang etwas rohen Fasan
hinunter, um mich am Würgen zu hindern.
»Es ist...« Ich suchte nach einem
Wort, das wahrheitsgemäß, aber nicht zu schroff klang.
Wyst fand es für mich: »Fade, aber
genießbar.«
Ich nickte.
Er grinste. »Ich war nicht immer
ein weißer Ritter. Ich erinnere mich, wie Essen schmeckt. Vage.«
Obwohl ich wusste, dass Wyst ein
sterblicher Mann war, traf mich dieses Bekenntnis. Ich hatte den Eindruck
gewonnen, dass weiße Ritter Hexen ziemlich ähnlich waren. Vieles an ihrem Beruf
hatte damit zu tun, sich seltsam zu benehmen. Keine hexenhafte Absonderlichkeit,
aber eine keusche Eigentümlichkeit. Sich selbst die einfachen Freuden des
Fleisches zu verwehren war zweifellos ungewöhnlich.
Solche Ausrutscher waren
unvermeidlich, wenn man genug Zeit mit jemandem verbrachte. Aus professioneller
Höflichkeit hätte ich es ignorieren sollen, aber ich konnte mir nicht
verkneifen, den sterblichen Mann in ihm zu erforschen.
»Vermisst du es?«
Hätte Wyst vorgegeben, die Frage
nicht zu hören, hätte ich vorgegeben, nie gefragt zu haben. »Nicht sehr. Obwohl
ich mich bei seltenen Gelegenheiten dabei ertappe, dass ich mich nach einem
guten Apfelwein sehne.«
Ich legte mein Brot beiseite, als
würde ich es tatsächlich noch aufessen wollen. Molch beäugte die Scheibe und
wich ein paar Schritte zurück.
»Und was ist mit dir?«, fragte Wyst.
»Sehnst du dich manchmal nach
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