Eine Hexe mit Geschmack
reisten wir Seite
an Seite, dicht genug, um die Hand auszustrecken und uns berühren zu können.
Wir taten es aber nie.
Doch es war schön genug, einfach
die Möglichkeit zu genießen.
Am siebzehnten Tag unserer Suche
kamen wir an einen Fluss. Menschen mögen auf ihre zwanghafte Art das Wasser
entlang von imaginären Linien teilen, aber jede Hexe weiß, dass es auf der
ganzen Welt nur einen Fluss gibt. Er windet sich durch das Land und sammelt
Weisheit, um sie zum Ozean zu tragen. Eine weise Hexe verweilt wann immer sie
kann einen Augenblick, um etwas von diesem Wissen aufzusammeln.
Wyst tränkte sein Pferd und füllte
seine Wasserflaschen, während Gwurm seinen Kopf abnahm und ihn am Ufer
eintauchte. Ich kniete mich nieder und befragte den flachen Strom.
»Sei gegrüßt, Fluss.«
»Hallo, Hexe«, antwortete das
Wasser. »Wundervoller Morgen, nicht wahr? Ich mag schöne Morgen so gerne. Fast
so gern wie schöne Abende. Aber ich muss zugeben, dass mir verregnete Abende
bei Weitem am liebsten sind. Nicht, dass ich etwas gegen die Sonne hätte. Aber
sie trocknet mich manchmal so aus. Manchmal, wenn es genug regnet, kann ich
über eine so viel größere Fläche des Landes fließen. Ich liebe es, die Erde
fortzutragen und stell mir vor, was für eine herrliche Schlucht ich eines Tages
vielleicht einschneiden werde. Nicht, dass ich ungeduldig wäre, wohlgemerkt...«
Der Fluss schwatzte immer ohne
Ende, und ich ließ ihn noch ein paar Augenblicke länger plappern, bevor ich ihn
unterbrach.
»Entschuldige bitte, Fluss, aber
ich bin auf einer Suche.«
»Eine Suche nach Rache«, sagte der
Fluss.
»Du weißt es also.«
»Man hört so einiges.«
Ich ließ meine Finger durch den
kalten Strom gleiten. »Ich hatte gehofft, du könntest mir einen Rat geben. Ich
habe in einer Vision einen Fluss gesehen, und ich glaube, du bist mein Führer,
wohin auch immer ich gehen muss.«
»In der Tat, das bin ich, und ich
muss sagen, dass es mir eine große Ehre ist, Teil deiner Unternehmung zu sein.
Ich war bereits bei zahllosen anderen Unternehmungen wichtig, aber diese ist
besonders befriedigend. Nicht, dass ich die abtun will, die vorher waren,
aber...«
Ich unterbrach den Fluss erneut.
Glücklicherweise nahm er es nie übel.
»Was an meiner Rache macht sie so
wichtig?«
»Es hat etwas mit der Gestalt der
Dinge zu tun, die da kommen werden. Wie ich selbst wirst du einen großen
Einschnitt in die Aufzeichnungen der Geschichte graben. Oder vielleicht wirst
du auch einfach unbemerkt austrocknen, wie ich es gelegentlich getan habe.«
Ich bückte mich tiefer und hielt
mein Ohr nahe ans Wasser. »Wie das?«
»Leider weiß ich das nicht. Dieses
Wissen muss weiter flussabwärts liegen, und dein Morgen wartet flussaufwärts,
wo ich nur weniger wissen kann als jetzt. Ich habe meinen Teil getan.«
»Ich danke dir, Fluss.«
»Sehr gern. Ich wünsche dir viel
Glück, Hexe. In gewisser Hinsicht beneide ich dich. Ich muss immer
Weiterreisen, ohne zurückzusehen, niemals anhaltend. Manchmal denke ich, ich
würde gern anhalten, wenn auch nur für kurze Zeit. Oder vielleicht sogar
zurückgehen und die Dinge sehen, die ich verpasst haben mag. Könntest du mir
einen Gefallen tun, Hexe? Flussaufwärts steht ein Zitronenbaum mit hängenden
Ästen. Er lässt kaum jemals eine Zitrone fallen. Hänselt mich nur, dieser Baum.
Könntest du dir vielleicht die Zeit nehmen, eine oder zwei Zitronen in mich
hineinzuwerfen? Es würde nur einen Moment dauern.«
»Natürlich.«
»Danke. Ich mag frische Zitronen
so gern. Nicht so sehr wie Aprikosen zwar. Aber es gibt keine Aprikosenbäume
dort, wo du hingehst, und ich würde nicht einmal davon träumen, dich zu bitten
...«
Der Fluss redete weiter, aber ich
hörte nicht länger zu. Ich informierte Wyst und Gwurm, dass wir diesem Strom
folgen würden und wartete darauf, dass mich jemand darauf hinwies, dass wir so
einen südwestlichen Winkel gehen würden, nachdem wir zwei Wochen in Richtung
Norden gereist waren. Keiner von beiden machte die Bemerkung, und Molch war
noch immer verschwunden. Und das Brabbeln des Baches war von geringer
Bedeutung.
Nicht weit flussaufwärts wartete
ein Zitronenbaum. Ein Rotkehlchen, eine Krähe und ein Geier saßen in seinen
Ästen.
»Bleib fort von mir«, sagte der
Baum. »Das sind meine Zitronen und ich werde sie dem Bach geben, wenn ich es
will.«
»Nur ein paar, wenn es dir nichts
ausmacht.« Ich klopfte dreimal mit meinen Knöcheln an den Baum, und zwei
Zitronen fielen
Weitere Kostenlose Bücher