Eine Hexe mit Geschmack
sich als verletzlich. Ich stieß durch die Rückseite ihres Mauls
und wickelte meine Finger um etwas Matschiges und Warmes und hoffentlich
Lebendiges. Obwohl das bei Chimären meistens Glückssache war. Das Monster biss
meinen Arm ab, als ich gerade zudrückte. Die Chimäre gurgelte, schwankte und
fiel vornüber. Ich wurde unter ihrer riesenhaften Gestalt begraben.
Mit nur einem Arm - und so nicht
in der Lage, mich zu befreien - lag ich unter der Chimäre und lauschte, während
Wyst die Letzte bekämpfte. Es war viel Grunzen und Kreischen zu hören, und das
ging so für einige Zeit. Schließlich hörte ich einen letzten blubbernden
Schrei.
Dann Stille.
Das Monster auf mir schaukelte.
Ich dachte, es könnte noch am Leben sein, aber dann rollte es von mir herunter.
Wyst aus dem Westen kniete neben mir. Vielfarbiges Blut bedeckte sein Hemd.
Schweiß schimmerte auf seiner dunklen Haut. Er schlang sanfte Arme um mich und
lehnte mich an die Leiche der Chimäre.
»Bist du verletzt?«
»Verletzt, aber nicht beschädigt«,
antwortete ich. »Wie geht es Gwurm?«
»Mir geht es gut, aber ich habe
ein Auge verloren. Haltet bitte Ausschau danach.«
Wyst ging meine Beine holen, und nach
der Art zu urteilen, wie er ging, konnte ich sehen, dass er verwundet war.
Seine Unverwundbarkeit als weißer Ritter musste auf irgendeine Art versagt
haben. Ein Teil des Blutes an seiner Seite war sein eigenes.
Während ich zwischen den
erschlafften Kiefern des Monsters herumfischte, um meinen Arm zu bergen, fand
Wyst meinen Sack. Ich grub nach Nadel und Faden, um mich wieder
zusammenzunähen, und fand stattdessen Molch. Wie alle verlegten Dinge befand er
sich am letzten und zugleich naheliegendsten Ort, an dem ich suchte.
NEUNZEHN
Nachdem wir unsere erste Prüfung
hinter uns gebracht hatten und niemand von uns in reisefähigem Zustand war,
lagerten wir neben den Leichen der Chimären. Nur Molch war von Verletzungen
verschont geblieben, das aber auch nur, weil er den Kampf verpasst hatte. Was
ihn ärgerte. Er hätte lieber teilgenommen und wäre dabei getötet worden als
eine Gelegenheit zu einem Kampf zu verpassen. Er schmollte, während wir anderen
unsere Wunden versorgten.
Meine Verletzungen waren die am
wenigsten dringenden. Ich hatte mich zusammengeflickt und innerhalb von ein
paar Stunden war ich wiederhergestellt. Ich mochte es, wie sich der dicke Faden
um meinen Hals anfühlte, und stellte mir vor, dass ich ziemlich furchtbar
aussah. Aber mein Fluch bewirkte, dass meine Haut die eingedrungene Naht
abstieß. Ich war enttäuscht, als sie abfiel.
Gwurm war ebenfalls nicht schwer
verletzt, aber nach dem er wieder eingesammelt war, hatten wir entdeckt, dass
ein paar Teile fehlten. Ein Ohr und ein Finger waren nicht auffindbar. Er hatte
das Glück, dass er noch einen Überfluss an Fingern in seinem Beutel hatte, aber
ein Ersatzohr gab es nicht. Er akzeptierte den Verlust mit seiner üblichen
Gutmütigkeit und bemerkte, dass zwei Ohren zwar besser wären, eines aber auch
genügte.
Sowohl Penelope als auch Wyst aus
dem Westen benötigten meine Aufmerksamkeit. Mein Besen war inzwischen zu einem
ziemlich lebendigen Wesen geworden, und ihr Stiel würde mit der Zeit von selbst
heilen, vorausgesetzt, sie bekam genug Staub zu essen. Ich verband sie nur mit
etwas gedrehtem Stoff, damit sie gerade verheilte.
Wysts Wunde war die ernsteste. Er
hatte durch die Hauer der Chimäre einen tiefen Schnitt an der Seite erlitten.
Wäre ich in der Lage gewesen, Magie zu benutzen, wäre er gewiss auch leicht zu
behandeln gewesen. Aber meine Magie glitt an dem weißen Ritter ab, und ich
musste mich auf gewöhnlichere Methoden verlassen. Ich verband die Wunde mit
einem Breiumschlag, um Infektionen vorzubeugen. Dass er für die Behandlung sein
Hemd ausziehen musste, erwies sich als weniger ablenkend als ich erwartet
hatte. Die Grausige Edna hatte mich gut ausgebildet. Wyst war kein Mann. Er war
ein Patient. Seine feste Haut zu berühren, meine Finger über seinen schlanken,
muskulösen Körper gleiten zu lassen, machte mir nichts aus.
Nun, vielleicht machte es mir doch
etwas aus. Aber ich konzentrierte mich auf die Wunde und beendete die Aufgabe,
ohne sinnlichen Impulsen nachgegeben zu haben. Erst später bemerkte ich die
Hitze, die sich in mir gebildet hatte, speziell in meinen Lippen, Brüsten,
Lenden und, seltsamerweise, auch in meinen Ohren. Ich humpelte zur anderen
Seite unseres kleinen Lagers, um einen klaren Kopf zu bekommen, wobei
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