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Eine Hexe mit Geschmack

Eine Hexe mit Geschmack

Titel: Eine Hexe mit Geschmack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
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tun
lassen mochte.
    Wyst bewegte sich und schien an
der Grenze zum Erwachen zu sein. Tief in mir regten sich Dinge als Antwort
darauf. Vor allem mein Magen.
    Todesflüche sind mächtig. Nur die
größten Zauberer sind dazu in der Lage, und es hat wenig Sinn, sich
zurückzuhalten, wenn man dabei ist zu sterben. Obwohl ich das immer gewusst
hatte und mein ganzes Leben mit meinem Fluch gelebt hatte, verstand ich nie
ganz, wie verflucht ich wirklich war. So lange, bis ich die Liebe kennen
lernte.
    Ich wollte Wyst töten, ihn
auffressen und verdauen, damit er immer ein Teil von mir war. Ich wollte ihn
verschlingen, weil ich ihn liebte. Aber aus demselben Grund hätte ich auch
alles getan, um ihn zu beschützen. Vor allem vor mir selbst. Der kurze Genuss,
ihn zu verzehren, so befriedigend er gewesen wäre, würde neben dem schrecklichen
Leid verblassen, solch einen großartigen Mann getötet zu haben. Aber ich konnte
nie glücklich damit sein, ihn einfach nur zu kennen. Ich brauchte seine
Berührung, seine Wärme. Ich brauchte seinen Körper auf eine Art, die ich nie
haben konnte. Gleichgültig, was ich wählte: immer würde Traurigkeit das
Endresultat sein. Dies war die schreckliche Schönheit meines Fluchs. Es war
frustrierend, aber als Hexe konnte ich das Werk des Fiesen Larry nur bewundern.
    Wenn ich ohnehin unbefriedigt sein
sollte, so wäre es die praktische Vorgehensweise gewesen, mich mit Wyst aus dem
Westen zu amüsieren, ihn zu fressen und diese Zwangslage so zu beseitigen.
Dabei gab es aber ein Risiko. Wyst konnte mich töten, aber der Tod war gar
keine so furchtbare Aussicht. Wenn ich nur einen Kuss haben konnte, bevor ich
starb, und vielleicht ein winziges Stück von einem seiner Ohren, so konnte ich
mir weit schlimmere Schicksale vorstellen.
    Ich wurde von einer weiteren
schlaflosen Nacht geplagt. Ich saß in den Schatten und beobachtete Wyst aus dem
Westen. Manchmal fühlte ich mich wie eine Frau, die damit zufrieden ist, ihren
schlummernden Geliebten anzusehen. Manchmal fühlte ich mich wie eine Spinne,
die eine Fliege beobachtet. Schließlich konnte ich meinem Bedürfnis nicht
länger widerstehen.
    Ich kroch aus der Dunkelheit,
während die anderen schliefen, und kniete mich neben ihn. Mein Fluch machte
mich für seinen schlafenden Geist zu einem Schatten. Ich nehme an, es war ein
Vorteil, der dazu gedacht war, schlafende Kinder verschwinden zu lassen. Aber
es funktionierte bei Männern genauso gut. Ich liebkoste seine Wange mit sanften
Fingern und fuhr mit dem Daumen über seine Lippen. Meine Finger tanzten seinen
Hals hinab und dann über seine Brust.
    Ich stützte mich auf meine Hände
und hielt mein Gesicht über seines. Kaum mehr als einen Zentimeter entfernt,
aber er konnte mich nicht spüren. Er bewegte sich. Sein sanfter, warmer Atem
stieg von seinen geöffneten Lippen auf. Wenn ich ihn küsste, während er
schlief, würde Wyst es nie erfahren. War ein geraubter Kuss zu viel verlangt?
Wenn niemand es sah, wenn nur ich wusste, dass es je geschehen war, was konnte
so schlimm daran sein?
    Mein Herz schlug schneller. Mein
Inneres verdrehte sich zu Knoten von Hunger und Übelkeit.
    Ich konnte meinen Fluch nicht ewig
bekämpfen. Wenn alles so blieb, wie es war, wusste ich, was geschehen musste.
Entweder Wyst oder mir selbst. Ich wusste nicht, was von beidem, und ich
entschied, nicht darüber nachzudenken. Die Entscheidung würde nicht in dieser
Nacht fallen. Aber mein Hunger war nicht zu leugnen. Nicht ganz.
    Ich legte mich neben ihn. Ich nahm
seine Hand in meine Hand und hielt sie dicht an meine Brust. Selbst das weckte
ihn nicht auf. Ich drückte fester und stellte mir vor, wir wären beide nackt
und erschöpft von einer Nacht voller Leidenschaft. Keine sehr hexenhafte
Vorstellung. Eher Gedanken für ein liebeskrankes Mädchen an der Schwelle zum
Frausein. Genau das war ich jedoch. Untot. Verflucht. Alterslos. Und
erschreckend unschuldig auf so vielerlei Art.
    Die Minuten, die ich neben ihm
lag, genügten beinahe, um mein Verlangen zu stillen. Beinahe. Ich rollte mich
näher, presste mich an ihn, so sehr ich es wagte. Ein wenig mehr sogar, um
ehrlich zu sein. Ich drehte sein dunkles Gesicht zu meinem herum. Und ich küsste
ihn. Ein leichtes Streichen meiner Lippen über seine Stirn. Obwohl es eine
einseitige Angelegenheit war, war es mein erster Kuss.
    Es sei denn ich zählte Molch mit,
aber das tat ich nicht. Eine wunderbare Wärme erfüllte mich. Mein Mund wurde
trocken. Meine Finger zitterten. Mein

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