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Eine Hexe mit Geschmack

Eine Hexe mit Geschmack

Titel: Eine Hexe mit Geschmack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
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ich, und ich hörte zu,
wenn auch nicht sehr aufmerksam, während Wyst so nahe war. Selbst mit
geschlossenen Augen konnte ich sein anziehendes Gesicht sehen, diese dunklen
Augen, diese schlanken Schultern, die köstlichen Ohren. Ich konnte seinen
warmen Atem riechen und spüren, wie meine Finger durch das kurze Haar auf
seinem Kopf glitten. Ich konnte seine Haut immer noch auf meinen Lippen
schmecken. Meine Lust war stärker denn je. Genau wie mein Hunger.
    »Du weißt, was geschehen muss«,
flüsterte ich.
    Ich sah zu Wyst hinüber. Er
beobachtete mich. Vielleicht hatte er das schon die ganze Zeit getan. Keiner
von uns wandte sich ab. Wir starrten uns einfach in die Augen. Und dann, genau
im selben Moment, lächelten wir. Ich hätte ihn geküsst oder seine weichen
Lippen abgebissen, wenn ich nahe genug gewesen wäre. Mein Körper sprach auf
hundert wortlose Arten zu mir, und ich wusste, was ich tun würde ... was ich
tun musste.
    Ich senkte meine Augen unter Wysts
Blick und schob meine Lust beiseite. Das heißhungrige Tier war damit zufrieden,
sich in Vorfreude auf die kommende Mahlzeit die Lippen zu lecken.
    Molchs Heldenphantasien fesselten
seine Aufmerksamkeit nicht länger. »Dieser Zauberer, hat er wirklich genug
Macht, um diese Hülsen und die Dunkelheit in deiner Vision auch hinzubekommen?«
    »Glas und Schatten«, korrigierte
ich ihn. »Möglicherweise ja.«
    Molch pfiff. »Dann muss er einer
der mächtigsten lebenden Zauberer sein.«
    »Ich glaube, er ist eine
Inkarnation.«
    Molch geriet so aus der Fassung,
dass er von meinem Schoß rutschte und auf den Boden fiel. Er sprang auf die
Füße zurück. »Eine Inkarnation! Du hast nichts über eine Inkarnation gesagt!«
    »Du hast nicht danach gefragt.«
    Es gibt viele, die die Wege der
Magie studieren, aber nur wenige Erlesene haben auch das Talent, bedeutend zu
sein. In dieser Elite gibt es eine noch kleinere Gruppe, die die Macht hat, die
Geschichte zu formen, die Welt (und manchmal sogar das Universum) auf Arten zu
verändern, die nie vergessen werden. Zu Legenden zu werden, die bis ans Ende
der Zeiten bestehen bleiben.
    Und dann gibt es die
Inkarnationen. Sie sind Fleisch gewordene Magie. Oder Magie gewordenes Fleisch,
je nachdem, wie man solche Dinge betrachtet. Es gibt auf der Welt nur jeweils
eine davon, und welches magische Handwerk sie auch immer praktizieren, sie sind
unvergleichlich. Seltsamerweise sind sie ein wirrer Haufen. Viele erreichen nie
etwas Bedeutsames. Solche Macht geht auch nicht immer an diejenigen, die das
Bedürfnis haben, Königreiche zu dezimieren oder die Welt zu verbessern. Die
Magie wählt ihre Inkarnationen nach ihren eigenen Gründen aus - und niemand ist
in diese Gründe eingeweiht.
    Die Grausige Edna hatte
gelegentlich darüber nachgegrübelt, dass der Fiese Larry eine Inkarnation
gewesen sein könnte. Wenn dem so war, dann war ich seine gesamte Ehrfurcht
gebietende Zauberermacht in einer fluch-belegten Gestalt, aber ich war keine
Inkarnation.
    Gwurm hob Molch auf und setzte ihn
zurück auf meinen Schoß. »Eine Zauberer-Inkarnation«, sagte mein Vertrauter.
»Dann kann es nur ein einziger Mann sein.«
    »Der Seelenlose Gustav«, sagte
Gwurm.
    Ich hatte den Namen niemals
gehört, musste aber nicht fragen. Ich musste nur zuhören.
    Molchs Augen weiteten sich
angstvoll. »Nicht so laut! Sonst hört er dich!«
    »Das ist doch nur ein Märchen.«
    »Nein, ist es nicht! Ich kannte
jemanden, der jemanden kannte, der seinen Namen aussprach und seine
Aufmerksamkeit auf sich zog.« Molch sprach mit gedämpfter, ehrfurchtsvoller
Stimme. Offenbar waren nicht einmal Pronomen weit genug vom Seelenlosen Gustav
entfernt.
    »Und was ist diesem Freund eines
Freundes passiert?«, fragte Gwurm.
    »Was glaubst du denn? Der arme
Kerl ist gestorben. Jämmerlich, wie ich hinzufügen möchte. Seine Zunge schwoll
an. Seine Haut wurde zu Maden. Sein Herz sprang ihm aus der Brust, bekam Arme
und schlug ihn tot.«
    »Das ist furchtbar«, stimmte ich
zu.
    »Abergläubischer Unsinn«, bemerkte
Wyst.
    »Nein, das ist nicht wahr!« Molch
nickte mir zu. »Sag es ihnen. Sag ihnen, dass eine Inkarnation so etwas tun
kann.«
    »Ich nehme an, das ist möglich«,
sagte ich. »Natürlich ist es genauso möglich, dass sein Herz aus ganz eigenen
Gründen wütend auf ihn war.«
    Wyst und Gwurm lachten. Penelope
schüttelte sich in dem stillen Kichern, das ihr eigen war.
    »Ich wusste gar nicht, dass du so
viele Freunde hast«, sagte ich.
    »Ich war nicht immer

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