Eine Hexe mit Geschmack
Macht.«
Molch seufzte. »Weißt du es
nicht?«
Ich blickte nur rätselhaft in die
Weite.
»Na gut. Auf jeden Fall sind drei
Prüfungen übrig. Wann kommt die nächste?«
Ich starrte weiter auf den
Horizont.
»Du weißt es nicht. Gib es einfach
zu.«
»Es ist nicht wichtig, was ich
weiß und was nicht. Die Dinge werden auf ihre eigene Art fortschreiten.«
»Was nur bedeutet: du weißt es
nicht.«
Ich würde überhaupt nichts
zugeben. Niemand außer Molch erwartete das von mir, was auch genau der Grund
dafür war, warum ich es nicht tat. Ich genoss es ebenso, meinen Vertrauten zu
ärgern, wie jeder andere. Na gut, vielleicht nicht so sehr wie Gwurm.
Einige Stunden stromaufwärts
schlug der Fluss vor, dass wir uns trennten, weil er nichts weiter über unsere
Suche wusste, außer dass nach Norden zu reisen das Richtige zu sein schien.
Molch konnte es sich nicht verkneifen, darauf hinzuweisen, dass wir nach Norden
gegangen waren, bevor wir dem Fluss gefolgt waren, aber Suchen waren
traditionellerweise voller Umwege. Das ärgerte ihn zwar, aber das taten so
viele Dinge.
»Hast du zumindest eine Ahnung,
was dieser Zauberer vorhat?«, fragte er.
Ich schloss die Augen und senkte
den Kopf. »Ich habe einen Schwärm Phantomgoblings gesehen, der über die Erde
hinwegfegt und sie von allem echten Fleisch und Blut säubert. Und an seiner
Stelle wurde eine neue Welt geschaffen. Eine Welt aus Schatten und Glas. Eine
perfekte, aber hohle Reproduktion.«
»Bei dir klingt es so, als wäre es
bereits geschehen.«
»Vielleicht ist es das auch.« Zum
ersten Mal verstand ich, was die Grausige Edna mit der Vergangenheit, die noch
nicht geschehen ist, gemeint hatte. Zeit war weder jetzt noch später, dann oder
danach. Zeit war einfach. Das Morgen fand man, indem man die Stunden
durchwanderte, eine Minute nach der anderen. Niemand konnte sicher wissen, was
später auf dem Weg noch wartete, nicht einmal die Magie. Der einzige Weg, es zu
erfahren, war die Reise zu machen.
»Aber warum sollte irgendwer das
tun? Die Welt zerstören, nur um sie zu erneuern?«
»Zauberei ist Illusion. Sie ist
mächtig, aber nie ganz real. In einer Welt von Phantomen ist die Illusion
allerdings Realität.«
»Wahnsinn«, sagte Wyst.
»Magie und Wahnsinn gehen oft Hand
in Hand, und Zauberer waren immer besonders anfällig dafür. Sie beherrschen
eine Kunst, die Realität und Illusion verschwimmen lässt, und die meisten
erkennen irgendwann den Unterschied nicht mehr.«
»Kann er es schaffen?«, fragte
Molch.
»Wo hohe Magie betroffen ist, ist
alles möglich. Aber in diesem Fall würde ich mir keine großen Sorgen machen.
Die Welt ist nicht so empfindlich. Wenn wir auf unserer Suche scheitern, dann
wird ihn höchstwahrscheinlich irgendwer irgendwo aufhalten.«
Molch war enttäuscht. Er wollte
der Retter der Welt sein. Es würde nur bestätigen, was der Dämon in ihm bereits
wusste: dass das Universum allein zu seinem Ruhm existierte. Das stimmte zwar
nicht, aber ich schenkte ihm diesen einen Moment der Selbstherrlichkeit.
»Dennoch sind wir die Ersten, und
wenn wir der Suche nicht gerecht werden, so wird es viel mehr Tod und Leiden
geben, bevor sein Plan beendet ist.«
Molch hätte bis hinter beide Ohren
gegrinst, wenn er denn welche gehabt hätte. Er war jetzt der Mittelpunkt der
Welt. Eigentlich war er es immer gewesen, und ich hatte es lediglich bestätigt.
Er schwelgte zufrieden in seinen Heldenphantasien. Zweifellos hielt er sich für
einen Zauberertöter. Wir anderen waren bloße Mitwisser seiner Vorsehung, die in
Wirklichkeit meine Vorsehung war. Er hatte seine Freude daran, also wies ich
ihn nicht daraufhin.
Weiter nördlich verdünnte sich der
Wald zu schütterem Gehölz, dann zu einer grasbewachsenen Fläche, danach zu
einer hügeligen Ebene. Ich bemerkte es kaum. Wyst aus dem Westen beanspruchte
meine Wahrnehmungen. Molch mochte das Zentrum seines eigenen Universums sein,
aber der weiße Ritter war der Mittelpunkt des meinen. Ich verstand wenig von
der Liebe, aber das hielt ich für ganz normal. Die Besessenheit frischer Liebe.
Mit der Zeit würde sie leichter zu handhaben sein. Ich konnte sie nur im Zaum
halten, indem ich mich zwang, an andere Dinge zu denken. Ich schloss die Augen,
senkte den Kopf und murmelte Unsinn vor mich hin. Die Grausige Edna hatte oft gesagt:
»Alle sprechen mit sich selbst, aber wenn sie wirklich etwas erfahren wollten,
würden sie zuhören. Ein einseitiges Gespräch tut selten jemandem gut.«
Also sprach
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