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Eine Hexe mit Geschmack

Eine Hexe mit Geschmack

Titel: Eine Hexe mit Geschmack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
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dieser Zauber bediente sich meiner tiefsten Sehnsüchte. Ich
konnte sie nicht ändern. Nicht einmal mit Magie.
    »Es tut mir leid.« Die Frau
wischte sich eine Träne aus dem Auge.
    Ich sank in die dunkle Erde und
für einen Moment wusste ich, wie es war, ein Geist des Schicksals zu sein. Aber
es dauerte nur kurze Zeit - selbst für einen Moment schien es mir kurz.
    Magie, jedoch nicht meine eigene,
knisterte durch die Luft. Die Erde spuckte mich aus, und ich sprang zurück in
die Wirklichkeit. Die Frau fiel zu meinen Füßen. Ich fühlte schreckliches
Mitleid mit ihr, aber sie lächelte nur sehr sanft, bevor sie ins Vergessen
verblasste. Die zweite Prüfung war beendet. Ich war wieder allein.
    Die Frau mochte die Sehnsucht
meines Herzens gewesen sein, aber mein Fluch war mächtiger als diese Zauberei
und meine innigsten Sehnsüchte. Der Fiese Larry verweigerte meine Flucht sogar
durch ein geändertes Schicksal.
    Ich hätte zu einem Ghoul werden
können. Das wäre dem Fluch egal gewesen, aber die Grausige Edna hatte mich
davor bewahrt. Ihre Ausbildung hatte mir mehr als Magie gegeben. Wäre sie hier
gewesen, ich hätte ihr ge-dankt.
    Höchstwahrscheinlich hätte sie
geantwortet: »Wir retten uns alle selbst, Kind, selbst wenn wir das Glück
haben, Hilfe dabei zu haben.«
    Lächelnd drückte ich ihr dennoch
meinen stillen Dank aus und machte mich auf den Rückweg zum Lager.
     
    DREIUNDZWANZIG
     
    Bei meiner Rückkehr war Wyst noch
immer fort, und ich machte mir Sorgen. Ich fürchtete nicht um seine Sicherheit.
Er konnte gut genug auf sich selbst Acht geben. Aber ich spürte, dass unsere
kurze Umarmung seine Tugend erschüttert hatte, und die Tugend eines weißen
Ritters war schließlich sein wertvollster Besitz, seine bestimmende
Eigenschaft. Obwohl er dem geringfügigen Verstoß zugestimmt hatte, hätte ich
ihn nie in die Lage bringen dürfen, es zu tun. Schreckliche Fehler werden
selten ganz plötzlich gemacht. Normalerweise werden sie nach und nach ausgeführt:
ein kleiner Fehltritt kam nach dem anderen. Es war falsch gewesen zu fragen,
aber ich schaffte es nicht, mich wegen dem, was in meinem Keller geschehen war,
schlecht zu fühlen. Das war keine Überraschung. Das Falsche fühlt sich oft
richtig an. Das ist nun mal die Natur der Versuchung.
    Ich setzte mich ans Feuer, ohne
ein Wort zu sagen.
    Gwurm reichte mir etwas blutiges
Fleisch zum Kauen. Molch konnte seine Ungeduld nicht zügeln. »Und?«
    Ich leckte meine Finger ab. »Es
ist erledigt.« »Einfach so?« »Einfach so.«
    »Du hast die zweite Prüfung
bezwungen?«
    Ich kicherte. »Ich? Nein, leider
nicht.« Die Grausige Edna und der Fiese Larry hatten die Prüfung bewältigt.
    »Also hast du verloren?«
    »Nein.«
    Molch grunzte. »Ich vermisse die
alte Krähe. Sie hat mir vielleicht nicht alles gesagt, aber ich kann mich nicht
erinnern, dass sie sich so verwirrend ausdrückte.«
    Mir wurde klar, dass so sehr ich
die Grausige Edna auch liebte, wir doch zwei sehr verschiedene Hexen waren. Sie
hatte allein mit einer Ente und einem verfluchten Mädchen gelebt, die beide
fraglos taten, was immer sie ihnen auftrug. Sie mochte zwar
    hier und da ein Worträtsel
aufgegeben haben, aber sie hatte doch alles in allem wenig gesprochen. Ich war
Teil einer viel größeren Welt, und an meine Hexenhaftigkeit wurden nun
Anforderungen gestellt, denen sich meine Herrin, während ich bei ihr lebte, nie
stellen musste. Ich spielte gern mit Worten, beobachtete, wie sie so viel und
gleichzeitig doch so wenig aussagen konnten.
    »Dann ist die zweite Prüfung vorbei?«,
wagte Molch zu fragen.
    Ich nickte.
    »Gut. Also noch zwei?«
    Ich nickte wieder.
    »Irgendeine Ahnung, wann die
nächste kommt?« Ich antwortete nicht.
    »Vergiss einfach, dass ich gefragt
habe.« Er schob seine Verwirrung beiseite. Ich hatte ihm genug Übung darin
verschafft.
    Danach wurde nichts mehr
gesprochen. Molch und Gwurm gingen schlafen, ich aber war nicht müde. Ich sah
in die bewölkte Nacht hinaus. Eine sanfte Brise wehte über die Ebene und mein
Haar tollte in der Luft. Es war lange her, seit es frei mit dem Wind tanzen
konnte.
    »Ich wusste, du würdest Probleme
machen«, sagte Wysts Pferd.
    Seine unaufgeforderte Bemerkung
überraschte mich. Bis jetzt hatten das Tier und ich nicht miteinander gesprochen.
Es hatte mich mit Verachtung gestraft, und ich hatte nicht groß darüber
nachgedacht.
    Es sah mich nicht an und
schüttelte den Kopf. »Probleme.«

Ich ging hinüber und versuchte,
seine Nase zu

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