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Eine Hexe mit Geschmack

Eine Hexe mit Geschmack

Titel: Eine Hexe mit Geschmack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
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die
Mühe. Stattdessen griff ich eine Äußerung auf, die ich vorher nicht bemerkt
hatte.
    »Schön. Du sagtest, ich sei
schön?«
    Das Pferd schlang noch mehr Gras
hinunter und sprach mit vollem Mund. »Habe ich das? Ich kann mich nicht
erinnern.«
    »Ja, das hast du. Schöner als alle
von Wysts bisherigen Verehrerinnen zusammen, genau das hast du gesagt.«
    »Bist du sicher?« Es kaute auf der
mir abgewandten Seite, um mich nicht ansehen zu müssen. Ich wartete, bis es ihm
langweilig wurde, mich zu ignorieren.
    »O ja, ja. Das habe ich gesagt.«
Es scharrte zweimal mit jedem seiner Hufe. »Wir haben dich im See baden sehen,
Monate, bevor wir nach Fort Handfest kamen. Wyst hatte die Spur der
Gobling-Horde verloren, sie war für eine Horde sehr schwer fassbar gewesen, und
als wir ihr durch ein Waldgebiet folgten, sahen wir dich.«
    Ich hatte meinen letzten Tag mit
der Grausigen Edna und mein Bad im See vergessen. Ich hatte zwar gewusst, dass
jemand mich beobachtet hatte. Jetzt wusste ich auch, wer. Und ich war nur dort
gewesen, weil meine Herrin mir befohlen hatte, es zu tun. Es konnte nur einen
Grund dafür geben: Die Grausige Edna wollte, dass ich beobachtet wurde. Es ist
gegen den Hexenkodex, sich in so verletzlichem Zustand zu zeigen, und ich
konnte mir keinen Grund dafür vorstellen. Selbst lange nach ihrem Tod konnte
mich meine Herrin noch verwirren. Es war immer irgendwo eine Lektion zu lernen
gewesen, und ich nahm an, diesmal sei es nicht anders.
    »Ich persönlich weiß ja nicht, was
an Frauen so begehrenswert sein soll«, bemerkte das Pferd. »Ich mochte schon
immer einen starken Rücken und robuste Hüften, eine hübsche Mähne. Du hast
zumindest die Mähne. Und was immer Frauen haben sollen, ich nehme an, das hast
du auch. Denn ich spürte, wie Wysts Lust genau in dem Moment wach wurde, als er
dich zu Gesicht bekam.«
    Ich runzelte die Stirn. Ich
wünschte mir Wysts Lust nicht. Ich war ein schönes Wesen, sogar übernatürlich
schön, und Männer konnten nicht anders als meinen Körper zu begehren. Wenn aber
der einzige Grund, warum mir Wyst nicht widerstehen konnte, mein Fluch war,
dann wollte ich lieber, dass er gar nichts fühlte.
    Das Pferd schüttelte den Kopf. »Du
verstehst immer noch nicht, oder? Am Anfang war es nur Lust. Vielleicht eine
stärkere Lust als gewöhnlich, aber dennoch Lust. Wyst meisterte sie. Und dann
begann diese Suche, und mit den Tagen wurde es mehr. Das ist alles deine
Schuld. Wärst du nur eine Hexe, wie es sich gehört, und würdest die gebührende
Distanz wahren!«
    Ich wandte beinahe ein, dass Wyst
genauso verantwortlich dafür war, aber auch wenn es stimmte, so ist jeder doch
nur für seine eigenen Taten verantwortlich. Es war meine Schuld. Und trotzdem
schaffte ich es nicht, mich deswegen schlecht zu fühlen.
    Denn Wyst liebte mich.
    »Eine Schande«, sagte das Pferd.
»Er war so ein sagenhafter Kämpfer der Tugend.«
    Ich legte mich ans Lagerfeuer,
schloss die Augen und versuchte, mich etwas auszuruhen. Ich konnte nicht einmal
aufhören zu lächeln.
    Irgendwann später kam Wyst zurück.
Ich gab vor zu schlafen und beobachtete ihn mit Magie durch geschlossene
Augenlider. Er stand lange über mir und sah mich nur an. Dann beugte er sich
herab und berührte kaum merklich meine Wange. Ich wollte meine Arme um ihn
schlingen und ihn küssen und beknabbern. Aber ich tat es nicht. Dies war nicht
der rechte Ort und die rechte Zeit, und etwas sagte mir, dass Wyst jetzt nicht
bereit war. Aber er würde es bald sein, und ich konnte warten, bis es so weit
war.
    Wyst legte sich hin, kaum eine
Armlänge entfernt. Er schlief nicht. Ein süßes Lächeln auf den Lippen, sah er
mich einfach weiter an, und während er über mich wachte, war es leicht für
mich, den Schlaf zu bekommen, den ich brauchte.
    »Probleme«, schnaubte das Pferd,
bevor es in einen friedlichen Schlummer fiel.
     
    VIERUNDZWANZIG
     
    Ich war schon immer die Erste
gewesen, die am Morgen erwachte - wenn ich überhaupt geschlafen hatte. Aber
meine schlaflosen Nächte mussten mich schließlich eingeholt haben, und ich
schlummerte, eingehüllt in Träume von Wyst aus dem Westen. Ich hatte bereits
früher von ihm geträumt, aber nie auf diese Art. Die vorherigen Träume waren
körperlich gewesen, Phantasien von sinnlichen und fleischfressenden Begierden.
In dieser Nacht träumte ich jedoch nichts weiter, als in seinen starken Armen
gehalten zu werden. Es war ein wunderschöner Traum, immer und immer wieder, die
ganze Nacht

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