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Eine Hexe mit Geschmack

Eine Hexe mit Geschmack

Titel: Eine Hexe mit Geschmack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
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gegenüberliegenden Ende brachen
Gestalten durch das Gras. Ich erkannte sie sofort, denn sie waren -wir. Sie
waren den Schatten sehr ähnlich, die versucht hatten, meine Realität zu
stehlen, aber der Seelenlose Gustav griff nicht auf denselben Trick wie schon
einmal zurück. Die Magie mag keine Wiederholungen, genauso wenig wie jeder
Zauberer, der etwas auf sich hält, da war ich mir sicher.
    Wir hielten an und unsere
Doppelgänger ebenfalls. Sie waren in Formation und Haltung, in jeder Nuance
ihrer Bewegungen genau wie wir. Aber es waren graue, leblose Duplikate, ihre
Farben wirkten stumpf und es fehlten Details. Ich bemerkte es an Wysts
anziehendem Gesicht und dessen Fehlen in seiner Kopie. Die Gesichtszüge waren
trotzdem da: die weichen Lippen, die zum Herumkauen einluden, die
beknabbernswerten Ohren, die Nase, in die ich so gern gebissen hätte. Aber
irgendwie war es nicht dasselbe. Es hatte viel mit seinem Gesichtsausdruck oder
dessen Fehlen zu tun. All die Doppelgänger trugen leere Gesichter. Selbst
Penelopes Imitat trug seine Borsten auf eine schlaffe, kraftlose Art.
    Wyst zog sein Schwert. Seine Kopie
tat dasselbe. Ich kletterte von Gwurms Schultern, und mein Doppelgänger stieg
von seinem Doppelgänger.
    »Welche Art von Zauberei ist
das?«, frage Wyst.
    Ich schloss die Augen und hörte
auf die Magie. Sie wisperte sehr leise, trotz des Wunsches sie zu unterdrücken,
der vom Seelenlosen Gustav stammte. Wir sollten eine Chance zu kämpfen
bekommen.
    »Abbilder. Sie wurden geschickt,
um von uns getötet zu werden.«
    »Jetzt ist nicht der richtige
Moment für Rätsel«, sagte Molch.
    »Ich spreche nicht in Rätseln. Das
sind Reflektionen der Zauberei, aber wir sind auch ihre Spiegelbilder. Wenn sie
sterben, sterben wir.«
    »Willst du damit sagen, dass wie
sie nicht töten können?«
    »Das können wir sicher, aber wir
würden uns damit unser eigenes Leben nehmen.«
    »Das ist eine feige Beleidigung!«
Wyst sprang von seinem Pferd. Sein Doppelgänger kopierte die Bewegung genau,
doch irgendwie fehlte die Eleganz. »Komm heraus und stell dich uns, Zauberer!
Oder hast du etwa Angst?«
    Trotz Wysts aufrichtigem Heldenmut
materialisierte der Seelenlose Gustav nicht, um sich der Herausforderung zu
stellen.
    Wir standen eine Zeitlang herum
und beobachteten unsere Abbilder. Sie wiederum beobachteten uns.
    »Vielleicht können wir sie
umgehen«, schlug Gwurm vor, aber diese Idee wurde schnell verworfen. Die
Abbilder passten sich uns in jeder Bewegung an, so vollkommen wie ein
Spiegelbild. Wir konnten sie nicht ausmanövrieren. Solange wir nicht
vorrückten, taten sie es auch nicht, und das gab uns Zeit, über das Problem
nachzudenken.
    »Was, wenn wir sie einfach
verstümmeln? Würden wir dann auch verstümmelt werden?«
    »Sie werden nicht verstümmelt.
Verletzungen, die wir überleben könnten, töten sie. Sie sind zum Sterben
gemacht.«
    »Ich hab's«, sagte Gwurm. »Wenn
wir sie nicht angreifen, greifen sie uns auch nicht an. Stimmt das?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Sie
wurden geschickt, um getötet zu werden.«
    »Wie sollen wir Gegner besiegen,
die zum Besiegen gemacht sind?«, fragte Molch.
    »Indem wir uns von ihnen besiegen
lassen?«, theoretisierte Gwurm.
    Wieder schüttelte ich den Kopf.
»Sie werden uns töten, wenn sie können.«
    »Kannst du nicht etwas mit deiner
Magie machen?«, fragte Molch. »Sie zum Beispiel einfach verschwinden lassen?«
    »Solche Zauberei kann nicht
einfach ungeschehen gemacht werden.«
    Eine spürbare Anspannung war
meinen Gefährten anzumerken, bis auf Gwurm, der die Situation mit dem ihm eigenen
Pragmatismus akzeptierte. Der Troll hätte eine phantastische Hexe abgegeben.
Wyst ging mit seinem Stress um, wie er es immer tat: schweigend, eisern
entschlossen. Molch dagegen ließ seinen Ärger nicht unausgesprochen.
    »Das ist doch einfach unfair!«
    Die Beobachtung schien absurd,
wenn sie von einem Dämon kam, dennoch war sie vollkommen verständlich. Für
Dämonen ist alles, was sie nicht mögen, unfair. Er hatte bereits ähnliche
Bemerkungen über so verschiedene Ungerechtigkeiten gemacht wie nicht fliegen zu
können und Sterbliche nicht töten zu dürfen, die ihm nicht passten. Was alle
Sterblichen waren. Wie bei all diesen vermeintlichen Ungerechtigkeiten war er
auch diesmal im Irrtum. Ich wollte den Seelenlosen Gustav töten. Er wollte mich
tö-ten. Darüber hinaus gab es keine Regeln, und selbst wenn ich mich einer
scheinbar unlösbaren Prüfung gegenübersah, konnte ich

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