Eine Hexenmutter erzählt: Mystisches Märchen um ein uraltes Familiengeheimnis (German Edition)
nochmal aufzuräumen, gab es dann aber auf. Vorsichtig nahm Melanie den Teller mit den Keksen und trug ihn behutsam in den Salon.
Vor dem Kamin stand ein kleines Tischchen, auf den sie den Teller abstellte.
Als sie so dastand und den Teller ansah, kam ihr eine Idee.
Schnell lief sie zurück in die Küche und goss ein großes Glas voll Milch.
Nachdem sie auch das in den Salon gebracht hatte, lief sie ins Klassenzimmer hinauf und nahm ihr Malzeug zur Hand.
In ihrer schönsten Schrift schrieb sie einen Brief an der Weihnachtsmann:
” Lieber Weihnachtsmann!
Hier sind Milch und Nußkekse für dich! Die Köchin hat sie dieses Jahr vergessen, darum musste ich sie dir backen. Dabei habe ich leider ganz viel Schmutz gemacht und mir auch noch die Hand verbrannt. Ich bin noch sehr klein, erst vier Jahre und keiner hört mir zu. Ich hab mich schon daran gewöhnt, aber heute haben mich auch noch alle vergessen. Eigentlich habe ich mir einen neuen Puppenwagen und eine neue Puppe gewünscht. Aber weil ich heute soviel Schmutz in der Küche gemacht habe, möchte ich das nicht mehr. Die Köchin wird schimpfen und Mama wird auch ganz böse sein. Ich habe keine neuen Spielsachen verdient!
Ich warte bis zum nächsten Jahr damit.
Deine Melanie
PS. Kannst du vielleicht in der Küche Ordnung machen? Das wäre ganz toll. Danke”
Diesen Brief legte sie neben die Kekse und versteckte sich dann in ihrem Bett.
Leise weinte sie sich in den Schlaf…
Melanies Eltern hatten unterdessen einen aufregenden Abend.
Zunächst hatten sie sich beide verspätet und mussten sich in aller Eile umziehen. Melanies Vater rief dem Butler von der Treppe zu: “Sagen Sie dem Kindermädchen, sie soll mit den Kindern schon mal zur Kirche gehen. Wir kommen gleich nach! Und das übrige Personal soll auch schon vorgehen.”
Und schon war er im Schlafzimmer verschwunden.
So merkte er nicht, dass Melanie nicht mit ihren Brüdern das Haus verließ.
Ihre Brüder glaubten, Melanie würde mit den Eltern nachkommen.
Außerdem hatten sie einen Streich vor und in ihren Köpfen war sowieso nur Platz für ihre Stinkbomben…
Als Melanies Eltern die Kirche betraten, hatte der Gottesdienst schon angefangen und so entging auch diesmal Melanies Abwesenheit ihrer Aufmerksamkeit…
Kurz vor dem Ende der Messe warfen die Buben die Stinkbomben vor den Altar und in allgemeiner Panik verließ die ganze Gemeinde die Kirche.
In dem Gewühl vor der Kirche erinnerte sich Melanies Mutter zum ersten mal an ihre Tochter und eine hektische Suche begann…
Selbst die Polizei fand keine Spur von ihr. Ein Dienstbote nach dem anderen wurde befragt und schließlich fragt einer der Polizisten, ob Melanie überhaupt mit zur Kirche gegangen sei und so stellte sich heraus, dass das Kind allein zu Hause geblieben war!
Peinlich berührt beeilten sich alle nach Hause zu kommen, besonders, nachdem das Kindermädchen kleinlaut von Melanies Fieber und ihrer “Krankheit” erzählte.
Voller Angst stürmten die Eltern ins Haus. Doch alles war ruhig…
Verdächtig ruhig…
Oder sollte man sagen: gespenstisch ruhig?
In den unteren Räumen suchten die Dienstboten zuerst, jedoch ohne eine Spur von Melanie.
Ein spitzer Schrei aus der Küche veranlasste alle dorthin zu laufen, in der Erwartung das Kind dort vorzufinden… Man fand jedoch nur ein Chaos und die arme Köchin, die mitten drin stand und hysterisch schrie: “Räuber! Einbrecher! Was haben diese Vandalen mit meiner Küche gemacht?”
Entsetzt sahen sich alle um.
Dann blieb Vaters Blick auf dem Teller mit Nußkeksen hängen. “Wie mir scheint haben die Einbrecher Kekse gebacken.”
Er nahm eines der duftenden Plätzchen und biss hinein. “Hmm! Und sogar sehr gute!”
Wer mochte wohl diese leckeren Kekse gebacken und dabei so ein Chaos hinterlassen haben?
Alle Dienstboten waren mit in der Kirche gewesen und im Haus schien sonst alles in Ordnung zu sein… Melanie?
Ach nein! Sie war viel zu klein und wie sollte sie das Rezept lesen können! Außerdem war sie nur ein Mädchen!
Völlig in Gedanken ging er wieder in den Salon hinüber und blieb vor dem Kamin stehen.
Sein Blick fiel auf den Teller und das Glas Milch… und auf den Brief!
Gerade las er die ersten Zeilen und überlegte welcher seiner Jungen noch an den Weihnachtsmann glaubte, als von der Treppe das Kindermädchen rief: “Sie ist hier! Sie liegt noch immer in ihrem Bett und schläft!”
Erleichtert wandte Vater wieder seine Aufmerksamkeit auf den Brief.
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