Eine hinreißend widerspenstige Lady
hätten Sie nur unnötig auf mich warten müssen.“
Er führte seinen Gast aus der düsteren Kammer. „Weiß Gott, ich bin froh, Sie zu sehen!“, rief er aus und senkte dann die Stimme: „Wie sich herausstellte, ist die Angelegenheit sehr unerfreulich. Diese verdammten Franzosen ...“ Er hielt inne und ließ seinen Blick durch den Tempel schweifen. „Sie wollen uns die großartige Gestirndecke wegnehmen, diese Schweine. Der Pascha hat bereits sein Einverständnis gegeben, sie nach Paris zu verfrachten. Und mir sind die Hände gebunden, bevor nicht diese andere missliche Angelegenheit aus der Welt geschafft ist.“ Ungläubig schüttelte er den Kopf. „Aber vergessen wir die grässlichen Franzosen einen Augenblick. Nach Ihrem kleinen Abenteuer in der Wüste sehnen Sie sich gewiss nach einem Bad, nach sauberer Kleidung und anständigem Essen. Und ich grollte er, „... wenn ich noch einen Augenblick länger hierbleibe, könnte ich mich vergessen.“
17. KAPITEL
Obwohl Daphne das Laudanum nur in geringen Dosen nahm, half es ganz wunderbar. Sie war Mr. Carsington sehr dankbar, dass er so beharrlich gewesen war, und das sagte sie ihm auch bei der erstbesten Gelegenheit.
Insgeheim wunderte sie sich schon, dass er an ihrer Misere solchen Anteil nahm. Aber erschien er ihr nicht ohnehin als ein Wunder? Während der zwei Tage, die sie im Bett verbrachte, dachte sie viel nach - meist über ihn und darüber, wie er sie immer wieder überraschte.
Wenngleich das Laudanum ihr etwas den Verstand um wölkte, war ihr eines klar: Er war keineswegs der dumme Flegel, für den sie ihn zunächst gehalten hatte. Vielmehr ließ er andere Männer flegelhaft erscheinen - insbesondere Virgil. Ihr verstorbener Gatte hatte sie sich minderwertig fühlen lassen, manchmal gar monströs. Er hatte sie mit einem großen Vermögen und sehr wenig Vertrauen zu sich selbst zurückgelassen.
In den Wochen, die sie mit Rupert Carsington verbracht hatte, war ihr Selbstvertrauen stetig gewachsen. An jenem Tag und in jener Nacht in Assyut hatte sie viel Angst ausgestanden, Gefahren und Leidenschaft und eine Herausforderung nach der anderen durchgemacht. Nie zuvor hatte sie sich so lebendig gefühlt.
Trotz ihres benebelten Verstandes war sie sich seiner großen geschickten Hände bewusst, die kühle, feuchte Tücher auf ihre Stirn legten oder ihr sanft den Rücken massierten. Sie war sich seiner tiefen Stimme bewusst, in der hin und wieder ein Lachen mitschwang, wenn er eine lustige Anekdote erzählte.
Und sie war sich auch bewusst, dass er ihr, ebenso wie das Laudanum, zur verhängnisvollen Gewohnheit werden könnte.
Am Morgen des dritten Tages waren die heftigen Krämpfe einem gelegentlichen Stechen gewichen. Sie konnte sich aufsetzen, nahm die Welt um sich her wieder wahr und wunderte sich, wie elend ihr gewesen war. Nur an ihrem monatlichen Unwohlsein konnte das nicht gelegen haben. Sie fühlte sich dann zwar immer müde und war verstimmt, oft hatte sie auch Schmerzen, doch nie zuvor war sie so daniedergelegen.
Aber ihr Leben war ja auch noch nie zuvor so aufregend gewesen.
Sie kam zu dem Schluss, dass wohl ein verstimmter Magen oder gereizter Darm die Sache verschlimmert haben musste.
Doch was es auch gewesen war, nun schien es ausgestanden, denn als sie aufwachte, verspürte sie regen Appetit. Kaum hatte sie sich aufgesetzt, kam Nafisah mit Wasserkrug und Waschschüssel herbei.
„Es geht Ihnen besser“, stellte sie lächelnd fest. „Ich sehe es in Ihrem Gesicht.“
„Viel besser“, erwiderte Daphne. Nachdem sie sich gewaschen hatte, fiel ihr auf, dass Nafisah ihre kleine Tochter nicht dabeihatte. „Wo ist Sabah?“
„In der vorderen Kabine, mit dem Herrn und Tom“, sagte Nafisah.
„Er heißt Udail“, korrigierte Daphne aus alter Gewohnheit.
„Er möchte aber Tom sein“, entgegnete Nafisah. „Er sagt, er ist der Sklave des Herrn und wird ihm überallhin folgen, weil der Herr Ihnen das Leben gerettet hat.“
„Ich lag nicht im Sterben“, stellte Daphne klar. „Du weißt selbst, dass man daran nicht stirbt.“
„Er hat Sie aber vor dem Sandsturm gerettet. Auch ich bin froh, einem Herrn dienen zu dürfen, der seinem hareem solche Freundlichkeit erweist und sich um sie kümmert wie ein Sklave.“
Das Wort hareem machte Daphne zu Mr. Carsingtons Besitz, zu einer Frau, die ihm gehörte, die Teil seines Haushaltes war. Alles in ihr sträubte sich gegen dieses Wort, doch sie wusste, dass es unklug gewesen wäre, Nafisah zu
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