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Eine hinreißend widerspenstige Lady

Titel: Eine hinreißend widerspenstige Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loretta Chase
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Hathor.
    Er hatte davon gehört und Abbildungen des Tempels in der Description de l’Egypte gesehen. Auch Reiseberichte hatte er gelesen, und Daphne hatte oft davon gesprochen. Doch als er und seine Häscher nun in den verwahrlosten Innenhof traten, interessierten ihn ausschließlich Kühle und Schatten, die das alte Gemäuer ihnen bieten würde.
    Nachdem er auf einem ihm feindselig gesinnten Kamel neun Tag lang durch die Wüste geritten war und Sandstürme ihnen wiederholt zugesetzt hatten, sehnte er sich nur noch danach, sich endlich hinzulegen und fernab der sengenden Sonne und des peitschenden Sands friedlich zu sterben.
    Argwöhnisch stolperte er einher, als die Männer ihn in den Tempel führten. Hin und wieder ließ er seinen Blick an den gewaltigen Säulen emporschweifen. Daphne wäre ganz außer sich, dachte er. Überall Hieroglyphen.
    Wie ihr wohl die berühmte Hathor gefallen hätte, die ägyptische Göttin der Liebe? Miles fand sie ausgenommen unattraktiv. Sie hatte eine niedrige Stirn, dicht beieinanderstehende Augen und Pausbacken. Zu beiden Seiten ihres Gesichts standen Kuhohren ab wie die Henkel einer Suppentasse. Er fand, dass sie eher wie ein Wasserspeier denn wie eine Göttin aussah. Doch da er gerade nicht bester Laune war, wusste er ihre Schönheit vielleicht einfach nicht richtig zu schätzen.
    Die Männer geleiteten ihn durch ein weiträumiges Vestibül, durch eine Tür in eine kleinere Halle - die indes noch immer riesig war -, von der seitlich wiederum schmale Durchgänge in dunkle Kammern führten. Seine Begleiter blieben nicht einen Augenblick stehen. Sie führten ihn weiter und weiter, bis sie endlich in einen engen Raum gelangten, von dem aus es nicht weiterging und in dem die Dunkelheit so undurchdringlich war, dass die Kerzen kaum die Sockel der verzierten Wände erhellten.
    Dann fiel ihr Schein auf den Mann, der sie dort erwartete. „Noxley?“, sagte Miles und traute seinen Augen kaum.
    Lord Noxley kam auf ihn zu und nahm seine Hand. „Mein lieber Freund, wie froh ich bin, Sie zu sehen!“
    „Gewiss nicht halb so froh wie ich, Sie zu sehen“, erwiderte Miles. „Welch eine angenehme Überraschung. Ich hatte zwar gehofft, dass meine Schwester Sie aufsuchen würde, doch ich hatte nicht zu hoffen gewagt, Sie schon so bald zu sehen.“
    „Verdammt knapp war es“, sagte Noxley und ließ seine Hand los. „Beim Konsulat war man wie immer geneigt, die Dinge schleifen zu lassen. Aber Mrs. Pembroke hat die Angelegenheit selbst in die Hand genommen, und so war es mir möglich, keine drei Tage nachdem man Sie entführt hatte, die Verfolgung aufzunehmen. Aber wir wollen dies später ausführlicher bereden, wenn Sie sich ausgeruht haben.“
    Er wandte sich an Ghazi. „Hattest du noch etwas anderes für mich?“
    „Bald“, erwiderte Ghazi. „In ein paar Tagen.“
    „Duval ist nicht hier“, sagte Noxley. „Keiner seiner Leute hat sich hier blicken lassen.“
    Ghazi lächelte. „Vielleicht haben sie ja gehört, dass sie hier nicht sicher wären.“
    „Wir müssen ihn finden“, meinte Noxley. „Aber das andere hat Vorrang.“
    „Ja, das andere zuerst“, stimmte Ghazi zu. „Wenn Sie mich nicht mehr brauchen, würde ich nun gerne aufbrechen.“
    „Das wäre wohl am besten“, befand Noxley. Er holte ein kleines Beutelchen aus seinem Rock und reichte es Ghazi. Im Beutel klimperte es.
    Ghazi nahm es dankbar entgegen, sagte mit der ihm eigenen gewandten Höflichkeit Lebewohl und entfernte sich samt seinen Konsorten.
    „Gewiss entsetzt Sie die Wahl meiner Gehilfen“, vermutete Noxley. „In England würde man diesen Mann einen gewöhnlichen Verbrecher heißen.“
    „Gewöhnlich nicht unbedingt“, meinte Miles trocken. „Seine Manieren sind untadelig, und wie er einem höflich anbietet, ein paar Unschuldige zu töten, wenn man nicht unverzüglich kooperiere - das ist geradezu charmant.“
    „Wohl wahr, aber ohne Leute wie Ghazi bringt man es in dieser barbarischen Gegend nicht weit“, sagte Noxley. „Man muss sich den örtlichen Gepflogenheiten anpassen.“ Er lächelte entwaffnend. „Ohne die Hilfe dieser Burschen hätte ich Sie niemals so schnell gefunden.“
    „Wir wären sogar noch eher hier gewesen“, meinte Miles versöhnlich, „wenn uns die Sandstürme nicht so lange aufgehalten hätten.“
    „Das hat Ihnen gewiss Ungemach bereitet“, sagte Noxley bedauernd. „Aber auch zu Wasser hat sich der Wind als hinderlich erwiesen, und wären Sie früher hier eingetroffen,

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