Eine hinreißend widerspenstige Lady
voller Sonnenschein, als ob alles in bester Ordnung wäre.
Sie lächelte auch, weil sie es ihm nicht zu leicht machen wollte. Nachdem sie auf dem Diwan Platz genommen hatte, erwiderte sie: Ja, sie habe gut geschlafen, danke. Und nein, sie habe nichts gegen das einheimische Essen einzuwenden, und ja, Kaffee sei genau das Richtige, sehr stark bitte, denn Miles könnte etwas Anregendes vertragen.
Miles setzte sich dicht neben sie, als wolle er sie beschützen, obwohl ihm noch immer so schwach und elend zumute war, dass er sich kaum aufrecht halten konnte. Er hatte noch nie viel vertragen.
Noxley entschuldigte sich, dass sie keine größere Auswahl an Kleidern habe. „Ich kann mir auch nicht erklären, weshalb meine Männer es versäumt haben, Ihre Habseligkeiten mitzunehmen“, meinte er.
„Weil sie zu beschäftigt damit waren, Leute umzubringen“, erwiderte sie.
„Daphne“, murmelte Miles mahnend.
Sie schenkte ihm keine Beachtung. „Und wo wir gerade dabei sind ...“
„Daphne, könnten wir die unerfreulichen Dinge bitte warten lassen, bis ich meinen Kaffee getrunken habe?“, fragte Miles. „Herrgott noch mal, was ist das denn für ein schreckliches Gekreische?“ Er hielt sich den Kopf.
Selbst sie, die keinen schmerzenden Kopf hatte, fand das Geräusch sehr quälend. Es war ihr schon vorher aufgefallen, wenn auch nur von fern. Sie hatte es für das Schreien eines Vogels gehalten.
„Ist das etwa ein Mensch?“, fragte Miles nun.
„Aber ja doch“, erwiderte Noxley. „Wie es scheint, verhören die türkischen Soldaten gerade den Mann, der Mr. Carsington getötet hat. Wenn das Geräusch Sie stört, werde ich sie bitten, sich außer Hörweite zu begeben. Lange wird es aber nicht mehr dauern. Der Mann muss zurück nach Kairo gebracht werden, da Mohammed Ali gewiss wünschen würde, dass der englische Generalkonsul der Hinrichtung beiwohnen kann. Der Kopf des Mörders dürfte an Lord Hargate gesandt werden.“
„O Gott ... noch einer“, murmelte Miles.
Lautlos huschte ein Diener mit einem üppig beladenen Tablett herein, das er auf dem reich verzierten Tisch neben dem Diwan abstellte, bevor er sich ebenso lautlos wieder entfernte.
„Sie wollten doch, dass ich mich der Sache umgehend annehme“, sagte Lord Noxley zu Daphne. „Ich möchte nicht, dass Sie es in Gedanken immer wieder durchleben müssen.“
Als ob ihr das jemals möglich wäre!
Er senkte einen Moment den Blick und sah sie dann wieder mit unschuldigen Augen an. „Ich kann gar nicht sagen, wie leid es mir tut“, fuhr er fort. „Meine Männer mussten rasch handeln, hatten sie doch gehört, dass Duvals Leute es auf Sie abgesehen hätten. Denken ist nur leider nicht ihre Stärke, und in ihrem Eifer, Sie zu beschützen, haben sie sich dumm und ungeschickt verhalten. Als sie dann noch auf Gegenwehr trafen, muss dies ihren bedauerlich beschränkten Verstand überfordert haben.“
„Verstehe“, meinte Daphne kühl. „Ich hatte mich schon gefragt, warum man mich gewaltsam entführen musste, hätte zu meinem Schutz doch bewaffnetes Geleit vollauf gereicht. Aber wenn Ihre Männer natürlich nicht mehr klar denken konnten ..."
Wieder senkte er den Blick und massierte sich die Nasenwurzel. „Ich verstehe, was Sie meinen, aber es lässt sich schwer erklären, wie die Dinge hierzulande gehandhabt werden.“
„Sie müssen es auch nicht erklären“, entgegnete sie. „Sagen Sie doch einfach, dass Sie der Goldene Teufel sind, der Schrecken Oberägyptens, und uns aus einem ganz bestimmten Grund hierher haben bringen lassen.“
Sie hörte, wie Miles tief Luft holte.
Noxley zuckte zusammen und schloss die Augen.
„Daphne“, sagte Miles leise und legte ihr seine Hand auf den Arm.
Sie schüttelte ihn ab. „Nun, Mylord?“, drängte sie weiter. „Der Papyrus ist der eigentliche Grund, nicht wahr? Er hat eine wunderliche Wirkung auf manche Männer, lässt sie von Dingen fantasieren, von Königsgräbern voller Schätze, von Menschen, die Hieroglyphen lesen können. Mein Papyrus könnte aber auch nur die Schilderung einer Schlacht sein oder eine einfache Bekanntmachung. Nur sowie Männer ein paar Kartuschen sehen, geht die Fantasie mit ihnen durch. Was für romantische Geschöpfe sie doch sind!“
Lord Noxley horchte auf. „Ihr Papyrus“, wiederholte er. „Sie sagten eben ...“
„Ja, er ist meiner“, sagte sie. „Miles hat ihn für mich gekauft. Er ist der berühmte Gelehrte Miles Archdale, aber der kluge Kopf bin ich.“
Bei
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