Eine hinreißend widerspenstige Lady
heilloses Durcheinander aus. Geschrei, Säbelrasseln, ab und an wurde ein Schuss abgefeuert. Auf einmal eilten auch noch Männer vom Fluss herauf, Daphne erkannte ein paar Stimmen - und ja, die Mannschaft der Isis war gekommen, um sich mit in das Gemetzel zu stürzen.
Weil sie sah, wie zwei Männer Miles attackierten und ihn zu Fall brachten, hieb sie mit dem Pistolenkolben auf die beiden ein.
Und so merkte sie nicht gleich, dass der Lärm um sie her sich gelegt hatte.
Eine vertraute Stimme rief: „Aufhören, Mylady, oder der große Ingleezi wird sterben - aber diesmal richtig.“
Sie drehte sich um und sah, dass alle Blicke in dieselbe Richtung gewandt waren. Rupert hielt sich die Seite. Ein dunkler Fleck breitete sich unter seiner Hand aus. Ghazi hatte ihm seine Pistole an die Schläfe gesetzt.
Wer noch kämpfte, ließ nun voneinander ab.
„Der Herr ist tot“, verkündete Ghazi. „Ich bin jetzt der Herr.“
Daphne dachte geschwind nach.
Sie erinnerte sich daran, was Noxley über seine Leute gesagt hatte: Denken ist nur leider nicht ihre Stärke.
„Also gut“, sagte sie auf Arabisch. „Glückwunsch. Gewiss werden Sie ein sehr guter Herr sein. Doch was hat das mit uns zu tun? Mich begehrte der Goldene Teufel als seine Braut. Meinen Bruder wollte er, um ihm beim Lesen der alten Schrift behilflich zu sein. Warum suchen Sie sich nicht selbst eine Braut, anstatt sich eine zu rauben?“ Sie konnte nur hoffen, dass Noxley niemandem erzählt hatte, wie viel seine Zukünftige in barer Münze wert war. „Und wollen Sie wirklich den Rest Ihres Lebens damit zubringen, im Sand zu buddeln und alte Steine auszugraben? Wollen Sie tatsächlich Anführer einer Bande von Schatzgräbern und Plünderern sein, oder Anführer der ... ähm ... gefährlichsten Mörderbande im ganzen Osmanischen Reich?“
Während sie sprach, schlich sich Verwirrung und Besorgnis in Ghazis Miene. Verstohlen schaute er zu seinen Männern, doch die sahen ebenso verwirrt und besorgt drein. Rasch nahm er wieder Passung an und sprach: „Dummes Geschwätz. Der große Ingleezi hat den Goldenen Teufel getötet. Sie haben auf einen meiner Männer geschossen - und das nicht zum ersten Mal. Damit kommen Sie mir nicht davon.“ Mit knapper Geste befahl er seinen Männern: „Schnappt sie euch. Und den Mann gleich mit.“ Ruperts Knie gaben nach. „Hoppla“, sagte er, sackte zusammen und sank zu Boden.
„Nein!“, schrie Daphne. Sie rannte zu ihm, stieß den verdutzten Ghazi beiseite und ließ sich neben Rupert auf die Knie sinken. „Er tut Ihnen doch nichts, Sie kleiner Tyrann! “, rief sie. „Sehen Sie denn nicht, dass er verletzt ist?“
„Ich werde ihn von seinem Leid erlösen“, erbot sich Ghazi und richtete seine Pistole auf Rupert. Daphne warf sich schützend auf Rupert.
„Wie Sie wünschen“, sagte Ghazi. „Dann erschieße ich Sie beide auf einmal.“
„Wenn Sie schießen“, rief Miles, „wird sich der Pharaonenschatz in Rauch auflösen.“
Während der kurzweiligen Ablenkung hatte er sich eine der Fackeln geschnappt und hielt ein Papyrus dicht an die Flamme. „Das ist es, was der Goldene Teufel haben wollte“, rief Miles. „Das ist, was auch Duval haben will. Es ist ein Vermögen wert. Wenn jetzt nicht alle schön nach meinen Regeln spielen, ist es Asche.“
„Was sagt er?“, murmelten einige Männer, denn Miles hatte Englisch gesprochen. Ghazi indes hatte ihn mühelos verstanden.
Denken war tatsächlich nicht seine Stärke. Aber das hier war wirklich sehr einfach zu verstehen. Er wusste, dass dieser Papyrus sehr wertvoll war. Er wusste auch, wie sehr Duval ihn haben wollte. Und er wusste, dass diese alten, brüchigen Schriftrollen sehr leicht Feuer fingen.
Wenn er den Papyrus erst mal in Händen hatte, hätte er keinen Grund mehr, sie freizulassen, dachte Daphne derweil.
Doch da rief jemand aus der Menge: „Lasst sie laufen - türkische Soldaten im Anmarsch! Wisst ihr noch, wie sie den armen Burschen zugerichtet haben, von dem sie glaubten, er habe den großen Engländer umgebracht?“
Ghazi ließ seine Pistole fallen und ging auf Miles zu.
Fragend sah Miles seine Schwester an.
„Gib es ihm“, sagte sie.
Und so gab Miles Ghazi den Papyrus. Ghazi entrollte ihn ein wenig, warf einen kurzen Blick darauf und steckte ihn sich dann in die Schärpe. Langsam wich er zurück, hob dabei seine Pistole auf ...
Und ging fort.
Seine Männer drehten sich um und folgten ihm.
Bis auf einen - den, der sie vor den nahenden
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