Eine hinreißend widerspenstige Lady
türkischen Soldaten gewarnt hatte.
Er kam auf sie zu.
„Lassen Sie mich Ihnen helfen, Herrin“, sagte er auf Englisch.
Sie hatte sich gerade über Rupert gebeugt, der langsam wieder zu Bewusstsein zu kommen schien, doch die Stimme des Mannes ließ sie aufhorchen.
Sie blickte in ein vertrautes Gesicht, das sie seit über einem Monat nicht mehr gesehen hatte.
„Ahmed?“, vergewisserte sie sich.
„Dieser Mann hat mir das Leben gerettet“, sagte er. „Ich will Ihnen helfen, das seine zu retten.“
21. KAPITEL
In derselben Nacht an Bord der Isis, ein paar Meilen flussaufwärts
Daphne leistete ganze Arbeit dabei, Rupert wieder zusammenzuflicken, und schalt ihn alldieweil, während sie sorgsam Tuchfasern aus seiner Stichwunde zupfte. Den vielen Stoffschichten war es indes zu verdanken - der Schärpe, die er sich in arabischer Manier um die Hüfte geschlungen hatte -, dass Rupert noch lebte.
Zudem war die Wunde keineswegs „nur ein Kratzer“ und erwies sich als weitaus schmerzhafter als erwartet. Dennoch schien Daphne davon überzeugt, dass er es schon überleben würde. Ihre größte Sorge sei, dass die Wunde sich entzünde, und jeder darin verbleibende Rest schmutzigen Tuchs könne seiner Genesung nur abträglich sein.
Er lag in seiner Kabine auf dem Diwan, und ab und an wagte er einen Blick auf das, was sie dort unten tat, doch meist begnügte er sich damit, ihr Gesicht im Laternenschein zu betrachten. Nie würde er es müde werden, ihr wunderbares Gesicht anzusehen. Schon allein deshalb war er recht froh, überlebt zu haben.
Zunächst hatte er wirklich gemeint, die Wunde sei wenig mehr als ein Kratzer. Es hatte überhaupt nicht wehgetan. Aber wahrscheinlich war er einfach nur viel zu wütend gewesen, um etwas zu spüren. Sie hätten sich einen fairen Kampf geliefert, erzählte er Daphne, nur mit den bloßen Fäusten. Doch als Noxley erkannte, dass er unterliegen würde, hatte er geschummelt.
„Wie konntest du auch so naiv sein zu glauben, dass Noxley fair kämpfen würde“, meinte Daphne, als Rupert sich ungehalten darüber ausließ und es „verdammt unsportlich“ nannte.
„Aber so was macht man einfach nicht“, beharrte er. „Frag deinen Bruder. Frag, wen du willst. Ich habe meine Pistole nicht gezogen, mein Messer nicht gezückt. Ich habe in meinem ganzen Leben noch niemanden getötet und gehofft, es dabei belassen zu können.“
Die Sache setzte ihm mehr zu, als er sich anmerken ließ. Er hatte nicht beabsichtigt, Noxley aus dem Fenster zu werfen - zumindest hoffte Rupert, dass es keine Absicht gewesen war. Aber in solchen Situationen war man keines klaren Gedankens mehr fähig und folgte nur noch seinem Instinkt. Nachdem Noxley ihn so unsportlich attackiert hatte, hatte Rupert sich die Klinge aus dem Leib gezogen, das Messer beiseitegeworfen - und das Nächste, woran er sich dann erinnern konnte, war Noxley, wie er in hohem Bogen zum Fenster hinausflog.
Nachdem Daphne die Wunde so gründlich wie möglich gereinigt hatte, nähte sie sie mit schnellen, sauberen Stichen zusammen und legte einen Verband an.
„Zerbrich dir Noxleys wegen nicht den Kopf“, sagte sie nun, als habe sie seine Gedanken lesen können. „Er hätte dich ohne Skrupel getötet. Er war ohne Gewissen, ein moralisches Nichts.
Um zu bekommen, was er haben wollte, ist er über Leichen gegangen.“
Sie beugte sich über ihren Medizinkoffer. Als sie sich wieder zu Rupert umdrehte, hielt sie ein kleines Glas in der Hand.
„Mir war nicht bewusst, dass er auch mich haben wollte, bis seine Männer diesbezügliche Andeutungen fallen ließen“, meinte sie.
„Ich hatte dir gleich gesagt, dass er dich will“, erwiderte er. „Es war so offensichtlich. Allein wie er dich ansah. Verrückt nach Macht und Ruhm mag er gewesen sein, aber blind war er nicht.“
„Macht und Ruhm können einen recht teuer zu stehen kommen“, gab sie zu bedenken. „Es wird ihn nicht nur nach meiner reizenden Person, sondern auch nach meinem Vermögen gelüstet haben.“
Es dauerte einen Moment, bis Rupert begriff, was sie da eben gesagt hatte, und wahrscheinlich waren ihm diese Verstandesmühen deutlich anzusehen, denn stirnrunzelnd fügte sie hinzu: „Sag bloß, du wusstest nicht, dass Virgil mir eine ganze Menge Geld hinterlassen hat? Ich dachte, alle Welt wüsste davon.“
„Eine ganze Menge?“, wiederholte er. „Nun, das war ja wohl auch das Mindeste, was er tun konnte, dieser alte Lügenbold. Dass du nicht am Hungertuch nagtest,
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