Eine hinreißend widerspenstige Lady
entdeckt hat“, sagte Seine Lordschaft. „Und das könnte in Gizeh Neugier erweckt haben. Sie wissen ja, wie redselig die Ägypter sind. Können sich stundenlang über die banalsten Dinge unterhalten, schmücken alles aus, was ihnen zu Ohren kommt, und erzählen es überall weiter. Neuigkeiten verbreiten sich mit rasender Geschwindigkeit den Nil hinauf und hinab. Dann wären da noch die Franzosen, die jeden unserer Schritte beobachten lassen - fast so, als befänden wir uns noch immer im Krieg. Sie sind furchtbar neidisch auf unsere Erfolge hierzulande, und ihre Spitzel sind recht verrufen.“
„Die Franzosen?“, horchte Rupert auf.
„Sie scheinen zu glauben, dass Ägypten ihnen allein gehört, samt seinen Schätzen“, klärte Noxley ihn auf. „Völlig skrupellos. Diebstähle, Bestechungen - ja, nicht einmal vor Gewalt schrecken sie zurück.“
„Na, da hätten wir doch schon mal was“, meinte Rupert. „Gewalt. Verufene Spitzel. Und auch noch Franzosen .“ Er sah Mrs. Pembroke an. „Dann wollen wir uns die Schurken mal vornehmen, oder? Wo ist eigentlich Gizeh, und was gibt es da Besonderes?“
Beide starrten ihn ungläubig an; Mrs. Pembroke stand die Fassungslosigkeit ins Gesicht geschrieben.
Rupert war das Hochplateau von Gizeh, das sich über dem Nil erhob, natürlich auch schon aufgefallen. Er hätte blind sein müssen, es nicht zu bemerken, denn die berühmten Pyramiden waren vielerorts auch von Kairo aus noch zu sehen.
Er hatte seine dummen Fragen nur gestellt, weil er Mrs. Pembrokes Reaktion sehen wollte.
„Mrs. Pembroke, bitte gestatten Sie mir, Ihnen zu helfen“, sagte Noxley. „Der Generalkonsul gibt gewiss sein Bestes, um Sie zu unterstützen, doch seine Ressourcen sind begrenzt.“ Er warf einen vielsagenden Blick auf Rupert. „Bitte erlauben Sie mir, dass ich Ihnen meine Dienstboten zur Verfügung stelle. Und natürlich auch mich selbst. Ich bin mir sicher, dass wir die Angelegenheit sehr schnell auf klären werden.“
Sehr viel schneller als Hargates minderbemittelter Sohn blieb aus Höflichkeit ungesagt.
Rupert konnte dem Urteil nur zustimmen. Er hatte sich wirklich sehr dumm angestellt. Wäre es nicht verständlich, wenn sie ihn fallen ließe zugunsten eines Mannes, der deutliche Anzeichen von Intelligenz erkennen ließ?
Könnte er ihr das verübeln?
Noxious - allein diese Bezeichnung passte auf diesen Widerling - kannte ihren Bruder offensichtlich besser als Rupert. Er lebte seit einigen Jahren in Ägypten. Er schien hier jedermann zu kennen. Und er war der Sprache mächtig.
„Vielen Dank“, sagte Mrs. Pembroke erfreut. „Ich wüsste Ihre Hilfe sehr zu schätzen.“
Idiot, schalt sich Rupert. Elender Dummkopf. Jetzt wäre Noxious das Vergnügen Vorbehalten, sich mit ihr auf die Suche zu begeben, und Rupert dürfte sich wieder auf in die Wüste machen und nach alten Steinen suchen, auf denen Sachen geschrieben standen, die ohnehin niemand lesen konnte.
Als ob er gar nicht mehr anwesend wäre, fingen sie und Noxley an, sich zu beraten.
Resigniert zuckte Rupert die Schultern und wandte seine Aufmerksamkeit wieder der dunklen Schönheit zu, die noch immer hinter der Tür verweilte.
Was für ein Heuchler Noxious doch war, so prüde zu tun, als Rupert von den Tänzerinnen gesprochen hatte, während nur ein paar Meter entfernt eine von Mylords Haremsdamen stand, halbnackt und sichtlich ungehalten darüber, dass ihr Herr und Gebieter seine Gunst anderweitig vergab.
Sie kam und ging in kurzen Abständen und schien jedes Mal, da sie wieder auftauchte, zunehmend erzürnter.
Anderweitig abgelenkt, lauschte Rupert dem Gespräch nur mit halbem Ohr. Noxley kannte ein paar Leute, mit denen er reden wollte, angefangen mit den Männern, die kürzlich bei ihm zum Dinner gewesen waren. Er würde ein paar Diener ausschicken, um sich umzuhören. Er wollte auch bei einigen Scheichs vorstellig werden.
Als er einen Dienstboten herbeirief und ihm auf Arabisch Anweisungen gab, hatte Mrs. Pembroke dem noch einiges hinzuzufügen.
Der Diener verschwand, und dann war es Zeit zu gehen.
Weit weniger heiter gestimmt als noch auf dem Hinweg, begleitete Rupert sie nach Hause. Ihm schien es später als vermutet, und er fragte sich, wie viel Zeit sie wohl bei Noxious zugebracht hatten.
„Wollten wir nicht noch anderswohin?“, fragte er, sowie sie das Haus verlassen hatten.
„Haben Sie denn überhaupt nicht zugehört?“, erwiderte sie. „Lord Noxley spricht mit den anderen. Das ist sehr nett
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