Eine hinreißend widerspenstige Lady
Polizisten bei den Pyramiden auftauchten, waren nach Kairo zurückgekehrt, nachdem man ihre Herrin verhaftet hatte. Als sie nun zu Hause eintraf, regte sich hektische Betriebsamkeit, und binnen einer Viertelstunde wurde ihnen frischer Kaffee und ein Tablett mit einer Menge sehr unenglischen Essens serviert.
Noch immer wütend, riss die Hausherrin sich den Turban vom Kopf und warf ihn zu Boden.
„Ich habe mich zum Narren halten lassen!“, rief sie. „Hätte ich auf Lord Noxley gehört, wäre das nie geschehen. Aber nein, ich musste ja unbedingt in aussichtsloser Mission nach Gizeh - und das mit einem Mann, der ein stadtbekannter Unruhestifter ist! Hätte jemand die Güte gehabt, mir zu verraten, wie oft Sie bereits verhaftet worden waren, hätte ich Sie dort unten im Kerker verrotten lassen! Ich könnte Miles schon längst gefunden haben, doch Stattdessen habe ich zwei Tage unnütz verschwendet!“
Ihr Haar fiel ihr in weichen, dichten Wellen um die Schultern. Im Lichtschein funkelte und schimmerte es wie rote Juwelen -Rubine und Granate. Und ihre Augen waren wie ... Nein, sie waren nicht wie Smaragde. Es war irgendein anderes Grün.
Rupert ließ sich auf den Diwan fallen und musterte den Inhalt der kleinen Schälchen auf dem Tablett. „Sie gaben mir zu verstehen, dass Noxious es gernhätte, wenn Sie brav zu Hause blieben, während er sich in Kairo umhörte und seine Freunde befragte, Sie hingegen mit diesem Vorgehen aber gar nicht glücklich wären.“
„Darum geht es doch gar nicht! Es geht darum ...“ Sie verstummte und sah sich um. Ihr Blick fiel auf die kleinen Holzfiguren, die stumm von ihrem Wandregal herabsahen.
„Würde ich untätig zu Hause gewartet haben, hätte ich den Verstand verloren“, sagte sie knapp.
„Stattdessen waren Sie nun in Gizeh und haben sich dort einen Eindruck von Ihrem Gegner verschaffen können.“
Sie wandte ihren grünen Blick wieder ihm zu. „Habe ich das?“ „Natürlich haben Sie das“, erwiderte Rupert. „Im Moment sind Sie ein wenig überspannt, sonst wäre Ihnen schon längst aufgegangen, was Sie alles herausgefunden haben.“
Mit argwöhnischer Miene trat sie an den Diwan. „Und das wäre?“
„Selbst ich habe meine Schlüsse gezogen“, meinte er. Er begann an den Fingern abzuzählen: „Erstens haben wir es nicht mit gewöhnlichen Verbrechern zu tun, sondern mit einer Organisation.“ Dem Daumen folgte der Zeigefinger. „Zweitens: Der Anführer ist ein schlauer Kopf. Entführung, Papyrusraub, der kleine Zwischenfall in der Pyramide - alles bestens arrangiert. Vergessen Sie nicht, dass es nur zwei einfache Ägypter waren, die man umbrachte. Wir jedoch wurden allenfalls in unserem Stolz verletzt. Unser Mann weiß, wie weit er gehen kann.“
„Ein ägyptisches Menschenleben zählt sehr wenig“, murmelte sie und nickte.
Rupert setzte seine Aufzählung fort: „Drittens versteht er es, die Polizei zu handhaben. Auffallend war doch, wie sie sogleich zur Stelle waren, uns erst verhaftet und dann nach den beiden Leichen gesucht haben.“
„Bestochen“, sagte sie.
Sie begann, auf und ab zu gehen, sich in aller Unschuld nicht bewusst, wie verführerisch die pluderigen Hosen sich bei jedem Schritt an ihre Beine schmiegten, wie sie Fesseln und Wade und Schenkel mal verbargen, dann preisgaben, wie der dünne Stoff jedem Schwung ihrer Hüften folgte.
Er sah dem eine Weile zu, keineswegs unbewusst oder in aller Unschuld. „Viertens“, meinte er schließlich zögernd. „Es betrübt mich, eingestehen zu müssen, dass Noxious zumindest in einem Punkt recht hatte: Franzose oder nicht - unser Schurke verfügt über ein beachtliches Netz an Spionen.“
„Wie hätte er auch sonst die Geschehnisse in Gizeh arrangieren sollen?“, murmelte sie. „Viele dürften in Kairo dafür nicht infrage kommen. Es muss jemand sein, der schon seit geraumer Zeit hier lebt, der gute Verbindungen zur Unterwelt hat. Wahrscheinlich verkehrt er in der europäischen Gemeinde in Kairo und gehört vielleicht auch zum Hofstaat des Paschas. Jeder, der Mohammed Ali nahesteht, hat viel Macht und Einfluss.“
„Wer käme alles infrage?“, wollte Rupert wissen.
„Keine Ahnung“, erwiderte sie. „Ägypten lockt viele Glücksritter an. Leute, die in ihrer Heimat eher zwielichtige Gestalten waren, erlangen hier oft einiges Ansehen.“
Jäh verstummte sie, sah ihn an und wandte den Blick dann ab.
Nach kurzem Zögern trat sie wieder an den Diwan und ließ sich mit der ihr eigenen,
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