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Eine hinreißend widerspenstige Lady

Titel: Eine hinreißend widerspenstige Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loretta Chase
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„Verstehe.“
    „ Gut. “ Mit sicherem Griff fasste er sie um die Taille - oder vielmehr um den hezam -, hob sie mit Leichtigkeit hoch und hielt sie, bis sie die Füße auf der Sprosse aufgesetzt hatte und die Leiter seitlich mit beiden Händen umklammerte.
    „Warten Sie“, flüsterte er. „Wir wissen nicht, was uns da oben erwartet.“
    „Es ist mucksmäuschenstill.“
    „Ich werde trotzdem zuerst hinauf steigen“, beschied er.
    „Wir haben aber nur eine Leiter“, wandte sie ein. „Und auf der stehe ich.“
    „Dann steige ich eben an Ihnen vorbei“, meinte er.
    „Hält die Leiter uns denn beide aus?“
    „Das werden wir gleich merken.“
    Mit einer Hand tastete er ihr über Rücken und Arm bis zu ihrer Hand, mit der sie sich an der Leiter festhielt. Sie versuchte, seitwärts auszuweichen, aber viel Platz war nicht. Und dann spürte sie seinen gestählten Oberkörper an ihrem Rücken und ein muskulöses Bein, das sich längs an ihren Schenkel drängte. Ihr stockte der Atem. Heiße Flammen loderten auf, wo er sie berührte, und auch die kalte Scham, die sie sogleich überkam, konnte das Feuer nicht ersticken.
    Kaum war er vorbei, richtete sie all ihre Aufmerksamkeit wieder einzig darauf, diesem schrecklichen Ort und dem Grauen, das keinen Meter von ihr im Dunkel lag, zu entkommen. Sie hörte ihn hinaufklettern und lauschte seinen Schritten, die sich vom Schacht entfernten, lauschte ihrem Atem, der viel zu rasch dahinflog, und dem schnellen Schlag ihres Herzens. Ihre Gedanken kreisten um die Männer, die dort tot in der Finsternis lagen, und um die anderen, unbekannten, die ihm im Dunkel auflauem könnten.
    Furcht überkam sie und zugleich ein entsetzlicher Kummer. Endlich hörte sie ihn zurückkommen. Erleichterung ließ sie ihre Angst vergessen, und ihre kummervolle Anwandlung verzog sich wieder in jene dunkle Kammer ihres Bewusstseins, aus der sie hervorgekrochen war.
    „Im Moment ist die Luft rein“, meinte er.
    Obwohl die Leiter fast senkrecht in die Höhe ragte, rannte Daphne förmlich hinauf. Auf der obersten Sprosse angelangt, hielt sie inne und tastete nach der flachen Ebene des Korridors. Stattdessen fand ihre Hand Mr. Carsingtons Knie.
    Mit kräftigem Griff fasste er ihr Handgelenk, und sie schloss ihre Finger um das seine. „Gut festhalten“, sagte er. „Ich ziehe Sie hoch.“ Mit der anderen Hand streifte er erst ihre Schulter, dann ihre Brust und fasste sie schließlich fest unter dem Arm. Wenn er sie nicht halten könnte, schoss es ihr wild durch den Kopf, würde sie in die Tiefe stürzen, auf die Leichen fallen. Aber sein Griff war fest und sicher, und im nächsten Moment schon war sie über den Rand des Schachtes geklettert und sank auf die Knie. Ihr Herz raste, und sie schnappte nach Luft.
    „Ganz ruhig“, sagte er leise und hielt sie noch immer fest.
    Sie versuchte, sich zu beruhigen, doch ihre Hände zitterten wie wild, und ihr war, als würde sie nie wieder zu Atem kommen.
    „Fallen Sie bloß nicht in Ohnmacht“, mahnte er sie.
    „Ich ... falle nie ... in Ohnmacht“, stieß sie mit bebender Stimme, doch recht gereizt hervor.
    „Bis zur Fallltür scheint die Luft rein zu sein“, sagte er. „Und dahinter ist auch schon der Zugangskorridor. Ich glaube kaum, dass jemand uns dort, so nahe am Eingang, auflauern würde.“
    Daphne versuchte, ihrem aufgewühlten Verstand praktische Gedanken statt panischer Ängste abzuringen. „Noch sechs Meter neunzig bis zur Falltür“, räsonierte sie. „Der Durchgang selbst macht noch mal fast zwei Meter.“ Doch während sie mit aller Vernunft die verbleibende Wegstrecke berechnete, stellte ein weniger vernünftiger, abgründigerer Teil ihrer selbst ganz andere Berechnungen an: wie groß und stark seine Hände waren, die sie sicher hielten ... wie nah er war, nur einen Atemhauch entfernt... wie sein Geruch sie umfing, männlich und mit einem schwachen Hauch nach Rauch und Seife.
    Das dünne Hemd, das sie unter ihrer Jacke trug, klebte ihr auf der Haut. Ihr war heiß, und sie war völlig durcheinander. Sie sehnte sich danach, anderswo zu sein, sauber und in Sicherheit, zusammen mit ihrem Bruder.
    Allerdings war sie sich auch noch einer anderen Sehnsucht bewusst - einer, die sie lieber nicht genauer hinterfragen wollte. Beide Bedürfnisse liefen wild durcheinander, und sie wusste kaum mehr, als dass sie erschöpft, verwirrt und todunglücklich war. Sie ließ den Kopf sinken, neigte sich dem Mann zu, der nicht ihr Bruder und nicht einmal

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