Eine hinreißende Schwindlerin
Vielleicht war das ganz gut so gewesen. Selbst jetzt, so verstrubbelt er auch aussah, klopfte ihr Herz bei seinem Anblick deutlich schneller. Diese Augen. Wahrscheinlich hätte sie nicht den Mut aufgebracht, sich ihm hinzugeben, wenn er sie mit diesen Augen so eindringlich angesehen hätte.
Ehe sie etwas sagen konnte, beugte er sich über sie und küsste sie.
An seinem Kuss war nichts Befangenes oder Zögerndes. Er schob den Arm unter sie, zog sie an sich und sie spürte sein weiches Brusthaar an ihren Brüsten. Sie öffnete ihm ihre Lippen. Selbstsicher streichelte er ihre Hüften. Jenny erschauerte, ihr Körper erwachte.
Wenn sie doch auch so sicher hätte sein können. Doch das war das letzte Mal, dass er sie berührte. Das letzte Mal, dass sie ihn berühren würde. Lord Blakely. Gareth. Was immer er für sie hätte werden können, wenn sie unter einem anderen Stern geboren worden wäre, das hier war alles, was ihr von ihm blieb – dieses eine, letzte Mal als ein Geliebter.
Sicher gab es Risiken. Jenny schloss die Augen. Welche Risiken? Sie konnte schwanger werden. Aber sie hatte vierhundert Pfund auf der Bank und das war eine solide Garantie für die Zukunft. Wenn sie sich das Geld gut einteilte, konnte sie auch eine solche Situation meistern.
Außerdem würde sie ein Kind haben. Jemanden, den sie umsorgen und großziehen konnte. Ein Kind, das sie niemals wieder alleinlassen würde, ganz gleich, was ihre Mitmenschen davon halten mochten.
Welche Risiken? Sie würde Gareth noch einmal in sich spüren.
Und genau wegen dieser vermeintlichen Risiken wollte sie ihn, und zwar jetzt. Vielleicht würde sie nie wieder eine solche Form der Vertrautheit erleben – und sie sehnte sich so verzweifelt danach.
Sie ließ ihre Augen weiterhin geschlossen und gab sich ganz ihren Empfindungen hin. Unter seiner Berührung schien ihre Haut in Flammen zu stehen. Mit der Zunge liebkoste er die empfindsame, sich sofort aufrichtende Spitze ihrer Brust. Ein heißer Schauer des Verlangens überlief Jenny.
Sie wünschte, sie hätte diese Gefühle irgendwie konservieren können wie ein kostbares Duftöl. Die Essenz der Liebe. Auf diese Weise hätte sie sich davon bedienen können, sparsam Löffel für Löffel, in den Jahren, die vor ihr lagen. Wenn sie diesen Augenblick in eine Flasche hätte abfüllen können – das Gefühl seines Körpers an ihrem, den süßen Geschmack seines Mundes, die immer heißer werdende Glut – dann wäre sie nie wieder im Leben unzufrieden gewesen.
Er wich zurück und Jenny schlug die Augen auf. Auf einen Ellenbogen gestützt, betrachtete er sie mit schmal gewordenen Augen. Im Licht der Sonne, das auf ihn fiel, konnte sie seinen nackten Körper sehen. Ein blonder Haarflaum, einen Ton heller als das Haar auf seinem Kopf, bedeckte die Brust. Seine Muskeln waren kräftig und straff. Endlich konnte sie die Empfindungen, die er in der letzten Nacht in ihr ausgelöst hatte, mit einem Bild in Verbindung bringen.
„Jenny“, sagte er ruhig. „Sei so gut und bleib bei mir, wenn ich dich küsse.“
Der dunkle, fast grollende Ton seiner Stimme überraschte sie. „Ich bin doch hier!“ Aber das stimmte nicht. Sie war damit beschäftigt, diesen Moment in eine Erinnerung zu bannen.
„Dann berühre mich ebenfalls. Lieg nicht mit fest geschlossenen Augen da. Wenn ich eine bewegungslose Porzellanpuppe haben wollte, hätte ich schon vor Jahren die Tochter irgendeines mir verpflichteten Adeligen finden können.“
Jenny legte die Hände auf seine Schultern.
Es gab schwerwiegendere Risiken als die Möglichkeit einer Schwangerschaft. Risiken, vor denen einen kein Geld der Welt bewahren konnte. Eine bewegungslose Porzellanpuppe entblößte nicht ihr Herz. So wie er sie im Arm hielt und liebkoste, gab er ihr das Gefühl, etwas Kostbares zu sein. Und das war das gefährlichste Gefühl von allen.
Was immer sich in den letzten Wochen zwischen ihnen abgespielt hatte, war etwas sehr Machtvolles gewesen. Manchmal hatte es wehgetan. Es hatte einer einzigen Nacht bedurft, angefangen mit seiner zu Herzen gehenden Entschuldigung und endend mit einem aufwühlenden Liebesakt, um diese Wochen rückblickend in ein sanftes goldenes Licht zu tauchen. Doch ungeachtet ihrer Gefühle wusste Jenny ganz genau, wie töricht das war. Lord Blakely lieben? Er würde ihr das Herz brechen. Die Zukunft hielt nichts für sie bereit, außer dem Verlassenwerden.
„Du weißt nicht, was du da verlangst.“
„Nein?“ Er legte ihr zärtlich
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