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Eine hinreißende Schwindlerin

Eine hinreißende Schwindlerin

Titel: Eine hinreißende Schwindlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: COURTNEY MILAN
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Nadeln, die sich in ihre Haut bohrten. Bei keinem anderen Mann hörten sich Schmeicheleien so an wie kleine scharfe Geschütze, die jeden trafen, der das Pech hatte, ihnen in die Quere zu kommen.
    Er sah sie herausfordernd an. Sag, dass es für dich genauso schön war , besagte sein Blick.
    Diesen Luxus konnte Jenny sich nicht leisten; sie musste sich ein neues Leben aufbauen. Sie hob die Hand und berührte zögernd seine Finger. „Leb wohl, Gareth“, sagte sie leise.
    Er wandte sich zum Gehen und fand sich offenbar mit diesem Abschied ab. Zumindest schien es so, bis er sich im letzten Moment noch einmal zu ihr umdrehte. „Nein“, widersprach er. „Auf Wiedersehen.“
    Da wurde ihr klar, dass er zurückkehren würde. Sie wusste nicht, ob sie weinen oder lachen sollte.
    Nachdem Jenny ein paar Stunden später eine frühere Kundin weggeschickt hatte, musste sie sich einer bitteren Tatsache stellen. Nun, da Madame Esmeralda endgültig von der Bildfläche verschwunden war, brauchte sie Geld, und das bald.
    Daher zog sie ihr bestes Kleid – von Gareths Geschenken abgesehen – aus ausgeblichenem blauen Musselin an und verließ das Haus. Die Nachmittagssonne schien hell vom wolkenlosen Himmel und die sanfte Brise brachte den Duft von frisch gebackenem Brot mit sich. Jenny fand es irgendwie grotesk, dass sie sich nur wenige Stunden nach ihrem Zusammensein mit Gareth auf den Weg machte, um gegen eine ihrer langjährigen Grundregeln zu verstoßen.
    Sie wollte ihren Bankier in der Lombard Street aufsuchen, um Geld abzuheben, anstatt welches einzubezahlen. Acht Jahre lang hatte sie geknausert und eifrig gespart. Jeden Monat war der Geldbetrag auf ihrem Konto gewachsen und damit auch ihr Gefühl von Sicherheit und Unabhängigkeit. Das Wissen, niemals von jemandem abhängig sein zu müssen, beruhigte sie sogar jetzt.
    Sie hatte Ned sein Geld zurückgegeben. Vor einer guten Stunde war Mrs. Sevin zu ihrem üblichen Termin erschienen. Jenny hatte ihr fest in die Augen gesehen und ihren Betrug zugegeben. Wieder zehn Schillinge weniger, aber obwohl Mrs. Sevin kreidebleich geworden war, hatte das Geständnis befreiend gewirkt.
    Von diesem Gefühl allein konnte allerdings nicht die vierteljährliche Miete bezahlt werden, und da der Betrag in wenigen Tagen fällig wurde, musste Jenny diesen Weg jetzt auf sich nehmen.
    Es war ein schöner Tag und belebt durch den Spaziergang betrat sie die Aktienbank. Zu dieser frühen Nachmittagsstunde waren nur wenige Bankangestellte anwesend, aber zum Glück war der Mann unter ihnen, der ihr geholfen hatte, ihr Konto einzurichten.
    Leider, so wurde Jenny mit einem flauen Gefühl bewusst, handelte es sich bei diesem Mann um Mr. Sevin, der ihr damals geholfen hatte, angeblich, um seiner Frau einen Gefallen zu tun.
    Noch unangenehmer war, dass die Frau offensichtlich nach ihrem Gespräch mit Jenny geradewegs zu ihrem Mann geeilt war, um ihm davon zu erzählen. Das Ehepaar stand dicht beieinander. Die beiden berührten sich zwar nicht, das wäre unschicklich gewesen, aber so wie sie die Köpfe zusammensteckten, sobald Jenny die Bank betrat, gab es keinen Zweifel, worüber sie sich gerade unterhielten.
    Mrs. Sevin umklammerte ihr Retikül und wandte den Blick ab. Ihr Mann jedoch machte ein paar tänzelnde Schritte auf Jenny zu und bedeutete seiner Frau mit einer knappen Geste, ihm zu folgen. Sie gehorchte, den Blick fest auf den Boden gerichtet.
    „Madame … Esmeralda.“ Er musterte sie in ihrem schlichten Kleid von Kopf bis Fuß und in seinen Augenwinkeln bildeten sich Fältchen. Allerdings gab er keine Bemerkung über ihre veränderte Erscheinung ab, sondern setzte ein falsches Lächeln auf.
    Jenny hatte schon lange den Verdacht, dass er sie nicht mochte und Angst vor ihren übersinnlichen Kräften hatte. Aber erst jetzt, als sie seinen selbstgefälligen, zufriedenen Gesichtsausdruck wahrnahm, fragte sie sich, ob seine Bereitwilligkeit ihr zu helfen womöglich auf seine Angst vor ihr zurückzuführen gewesen war. Er hatte geglaubt, sie würde seine dunkelsten Geheimnisse kennen. Es war auch gar nicht schwer gewesen, diese zu erahnen: das Bruchstückhafte, das seine Frau Jenny über ihr Eheleben anvertraut hatte, war nicht eben erfreulich gewesen.
    „Wie geht es Ihnen?“ Seine Stimme dröhnte durch die Schalterhalle, eine Spur zu jovial, eine Spur zu laut. Ein paar der anderen Angestellten sahen auf. Er warf sich in die Brust wie ein kleiner Junge, der nachts allein im Wald unterwegs ist und sich

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