Eine hinreißende Schwindlerin
kaum etwas sehen, aber er lehnte seine Stirn an ihre. Sag noch einmal meinen Namen.
Stattdessen spürte er, wie sie ihre Muskeln anspannte. Erst in den Oberschenkeln, dann in ihrem Bauch. Die Anspannung erreichte ihre Schultern. Sie legte ihre Hände gegen seine Brust. Ein kaum wahrnehmbarer Druck, eine unmissverständliche Botschaft.
Seufzend löste er sich von ihr und legte sich neben sie. Die Matratze gab unter seinem Gewicht nach. Sie war ziemlich unbequem, er konnte jede noch so kleine Unebenheit an seinem Rücken spüren.
Auf einem so schmalen Bett war es schwierig, nebeneinanderzuliegen, ohne sich zu berühren, aber ihr gelang es irgendwie. Gareth schloss die Augen. Er stellte sich vor, sie wäre umgeben von einer Aura aus Wärme und Licht, die ihn mit einhüllte. Als Jenny sich auf die Seite drehte, streifte kalte Luft seine Haut.
„Also.“ Seine Stimme klang selbst in seinen Ohren fremd, kurz angebunden und frei von Gefühlen. „Vielleicht hätten wir uns doch lieber mit einem Händedruck voneinander verabschieden sollen.“
„Aber ob das auch so viel Spaß gemacht hätte?“
Und damit entwaffnete sie ihn. Wieder einmal, einfach so. Denn was Gareth sich wünschte, war genau das – diese unkomplizierte Intimität mit dieser Frau. Mit der Frau, die durchschaut hatte, dass die Rolle des eigenbrötlerischen Lord Blakely ebenso eine Fassade war wie die der grellbunten Madame Esmeralda.
„Spaß.“ Das Wort fühlte sich seltsam an auf seinen Lippen.
„Spaß“, wiederholte sie entschlossen und drehte sich halb zu ihm um. „So nennt man das, wenn Leute sich gut amüsieren. Ich habe gehört, das kommt auch bei Adeligen mit einem Hang zu ernsthaften Wissenschaften vor.“ Als er nichts sagte, seufzte sie. „Du kannst mir nicht weismachen, du hättest das eben nicht genossen.“
„Ich glaube“, erwiderte er ruhig, „ich war eben viel zu sehr damit beschäftigt, dich zu genießen.“ Verdammt, er hatte zu viel gesagt. Wenn er noch einen Funken Würde bewahren wollte, dann wusste er genau, was er jetzt tun sollte – aufstehen, im Dunklen seine Sachen zusammensuchen und fortgehen. Immerhin hatte sie von Abschied gesprochen.
Doch während ihn die rein körperliche Lust vorhin fast verbrannt hatte, verlangte es ihn jetzt nach etwas viel Einfacherem, Ursprünglicherem. Seine Haut sehnte sich nach ihrer; seine Arme wollten sie umfangen und halten. Er wollte den steten Rhythmus ihres Atems spüren, während sie sich an ihn schmiegte, wollte sie streicheln.
Das Schweigen schien sich endlos auszudehnen.
„Du brauchst dich nicht verantwortlich zu fühlen“, flüsterte sie schließlich unsicher. „Und du musst auch keine Angst haben, dass ich dir irgendwelche Schwierigkeiten mache.“
„Die einzige Angst, die ich habe, ist die, zu erschöpft zu sein, um mich noch bewegen zu können.“ Er tat so, als würden seine Muskeln erschlaffen.
„Lord … Gareth?“
Er wusste noch immer nicht, was er ihr sagen sollte. Er gab ein verschlafenes Murmeln von sich, drehte sich um und legte einen Arm über ihre Hüfte, als bewegte er sich im Schlaf. Einen Moment blieb sie völlig reglos liegen. Dann setzte sie sich seufzend auf und zog die Bettdecke über ihn. Die Matratze federte nach, als sie aufstand. Gareth hörte sie am Waschtisch herumhantieren, bevor sie zurückkam und sich an ihn schmiegte. Sie entspannte sich, und irgendwann verriet ihm ihr gleichmäßiger Atem, dass sie eingeschlafen war.
Er war in Sicherheit. Sie war bei ihm. Für Entscheidungen war am kommenden Tag auch noch genug Zeit.
Plötzlich merkte er, dass seine letzte Aussage zutreffender gewesen war, als er gedacht hatte. Die vielen Tage ohne ausreichenden Schlaf machten sich bemerkbar, seine Glieder waren schwer wie Blei. Und dann schlief auch er ein.
13. KAPITEL
Jenny erwachte vom vormittäglichen Lärm auf den Straßen. Ein paar Häuser weiter wurde ein Markt abgehalten und draußen auf der Straße herrschte viel Verkehr. Außerdem war ihr zu warm.
Sein Arm lag über ihr. Er hatte sich nicht mitten in der Nacht davongeschlichen, wie sie erwartet hatte. Er war immer noch hier. Sie hoffte inständig, dass ihr endgültiger Abschied nicht zur Qual werden würde.
Dann schlug sie die Augen auf. Er lag auf der Seite und betrachtete sie nachdenklich. Seine Hand ruhte auf ihrer nackten Hüfte, sein Haar war vom Schlaf zerzaust. Wie lange er sie wohl schon beobachtete?
Im Dunkel der letzten Nacht hatte sie seine Züge kaum wahrnehmen können.
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