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Eine Idee des Doctor Ox

Eine Idee des Doctor Ox

Titel: Eine Idee des Doctor Ox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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aber nach wenigen Stunden wieder zurück, und zwar in lauter kleine Stücke zerrissen, die natürlich
     als eben so viel neue Beleidigungen anzusehen waren. Die Virgamener glaubten die liebenswürdige Geduld der Quiquendonianer
     zu gut zu kennen, um ihre Reclamation, ihren casus belli und ihr Ultimatum für baare Münze zu nehmen.
    Jetzt blieb nur noch Eins zu thun übrig: man mußte das Loos der Waffen entscheiden lassen, den Gott der Schlachten anrufen
     und sich, nach dem Beispiel der Preußen, auf die Virgamener stürzen, ehe diese sich vollends gerüstet hatten.
    Solches wurde in einer feierlichen Rathssitzung beschlossen, die von Zank- und Scheltworten und drohenden Geberden begleitet
     und mit einer beispiellosen Heftigkeit geführt wurde. Eine Versammlung von Wahnsinnigen oder Besessenen, ein Club Rasender
     hätte nicht mit mehr Geschrei und Tumult tagen können.
    Sobald die Kriegserklärung bekannt gemacht war, sammelte General Johann Orbideck seine Truppen, gleich 2393 Kämpfern auf eine
     Bevölkerung von2393 Seelen. Weder Frauen, Greise noch Kinder wollten zurückbleiben, und jedes Schneide- oder Hiebwerkzeug in der Stadt war
     ihnen zur Waffe geworden. Alle Flinten waren sofort requirirt worden, und man hatte ihrer fünf ausfindig gemacht, von denen
     jedoch zweien die Haehne fehlten; sie wurden an die Avantgarde vertheilt. Die Artillerie bestand aus der alten Feldschlange
     des Schlosses, die im Jahre 1339 bei dem Angriff auf Quesnoy erobert und seitdem, also in fünfhundert Jahren, nie wieder abgefeuert
     worden war. In der Weltgeschichte wird ihrer als einer der ersten Feuerwaffen Erwähnung gethan. Uebrigens waren, zum Glück
     für die Kanoniere, keine Projectile zum Schießen vorhanden, und so diente das alte Geschütz nur dazu, dem Feinde zu imponiren.
     Die scharfen Waffen hatte man aus dem Museum für Alterthümer hervorgeholt; es waren Aexte und Beile aus Kieselstein, Waffenhämmer,
     Franziskas, fränkische Lanzen, zweischneidige Beile, Partisanen, Raufdegen, und noch viele andere; aber auch aus den Privat-Zeughäusern,
     genannt Küchen und Werkstätten, wurde so manche Waffe entnommen, und man hoffte, daß der Muth, das gute Recht, der Haß gegen
     den Fremdling und das Gefühl der Rache das ersetzen würden, was den Mordinstrumenten an Vollkommenheit abging; so glaubte
     man die Mitrailleusen und Hinterlader entbehren zu können.
    Nun wurde eine Musterung vorgenommen, und es erwies sich, daß kein Bürger fehlte. General Orbideck, der auf seinem Pferde,
     einem etwas boshaften Thiere, saß, fiel zwar drei Mal im Angesicht des Heeres herunter, aber er stand immer wieder auf, ohne
     sich im geringsten verletzt zu haben, unddies wurde als sehr günstige Vorbedeutung angesehen. Der Bürgermeister, der Rath, der Civilcommissar, der Oberrichter, der
     Steuereinnehmer, der Banquier, der Rector, kurz alle Notabeln der Stadt marschirten an der Spitze, und weder von den Müttern
     noch von den Schwestern und Töchtern wurde eine einzige Thräne vergossen. Sie trieben ihre Gatten, Väter und Brüder nicht
     nur in den Kampf, sondern folgten ihnen sogar als Nachtrab unter dem Oberbefehl der muthigen Frau van Tricasse.
    Die Trompete des Ausrufers Johann Mistrol ertönte; die Truppen setzten sich in Bewegung, ließen ein weithin schallendes wildes
     Kriegsgeschrei ertönen, und marschirten auf das Audenarder Thor zu.
    In dem Augenblick, als die Spitze der Colonne die Mauern Quiquendones verlassen wollte, eilte ihnen laut schreiend ein Mann
     entgegen:
    »Zurück! Zurück! Thut Euern Narrenstreichen Einhalt! rief er. Kommt wieder zu Euch; ich will den Hahn schließen! Ihr seid
     ja nicht blutdürstig und grausam, sondern gutmüthige, friedliche Bürger! Nur mein Herr, der Doctor Ox, ist Schuld daran, daß
     Ihr in diesen Zustand der Wuth gerathen seid; es ist Alles nur ein Experiment, das er unter dem Vorwand, eine Beleuchtung
     mit Oxyhydrogengas zu schaffen, mit Euch angestellt hat. Er hatte die Luft gesättigt ...«
    Der Famulus war außer sich; er wollte noch weiter sprechen, aber in demselben Augenblick, als das Geheimniß des Doctor Ox
     über seine Lippen kommen sollte, stürzte sein Herr in unbeschreiblichemZorn auf den unglücklichen Ygen zu und schloß ihm den Mund mit Faustschlägen.
    Es entwickelte sich eine Schlacht; der Bürgermeister, Rath Niklausse und die Notabeln der Stadt waren, als sie Ygen sahen,
     stehen geblieben, jetzt aber stürmten sie, von Erbitterung überwältigt, auf die

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