Eine Insel
Kehle anfangen, weil es ja, wie Sie bereits festgestellt haben, Wilde sind und nicht so zivilisiert wie Sie. Sie sind doch bestimmt mit einem Boot gekommen. Es wäre sehr riskant, auf der Insel zu bleiben.«
»Aber wir haben Sie als Geisel«, sagte Polegrave.
»Vielleicht sind Sie ja auch meine Geiseln. Ich brauche nur zu schreien. Sie hätten den Priester nicht erschießen dürfen.«
»Der Alte war ein Priester?«, sagte Polegrave und blickte erschrocken drein. »Es bringt Unglück, einen Priester zu töten!«
»Nicht wenn es ein heidnischer Priester ist«, sagte Foxlip.
»Außerdem hat ihn das Unglück ja wohl selbst ereilt, oder?«
»Aber Priester haben Zaubersprüche. Sie können Köpfe schrumpfen lassen…«
»Und wann haben sie deinen geschrumpft?«, sagte Foxlip.
»Reiß dich endlich zusammen! Und was Sie betrifft, Prinzessin: Sie kommen auf jeden Fall mit uns!«
Prinzessin, dachte sie. Das sah diesen Meuterern ähnlich. Ständig gaben sie ihr niedliche Spitznamen. Das konnte sie auf den Tod nicht leiden. Davon bekam sie eine Gänsehaut. Aber wahrscheinlich war das der Sinn der Sache.
»Nein, Mr. Foxlip, ich bin keine Prinzessin«, sagte sie mit Bedacht, »aber trotzdem werden Sie mir jetzt folgen. Bleiben Sie in meiner Nähe.«
»Und Sie führen uns auch nicht in einen Hinterhalt?«
»Bald ist Sonnenuntergang. Wollen Sie die ganze Nacht hier oben bleiben?« Sie streckte eine Hand aus und fügte hinzu: »Noch dazu im Regen?« Eine kräftige Böe wehte die ersten Tropfen heran. »Die Menschen hier können im Dunkeln sehen«, fuhr sie fort. »Und sie bewegen sich lautlos wie der Wind. Ihre Messer sind so scharf, dass sie damit einem Mann den…«
»Was ist hier eigentlich los?«, wollte Polegrave von Foxlip wissen. »Ich dachte, du kennst dich aus! Du hast behauptet, wir würden fette Beute machen. Du hast mir erklärt…«
»Und jetzt sage ich dir, dass du die Klappe halten sollst.« Foxlip wandte sich an Daphne. »Also gut, Mylady. Ich hör mir dieses Geschwafel nicht länger an. Wir werden Sie beim ersten Tageslicht von hier wegbringen. Vielleicht kommen wir sogar bis zu Ihrem lieben Herrn Papa. Dann sollte dort aber ein ordentlicher Batzen Gold auf uns warten, sonst könnte die Sache auch ganz anders ausgehen. Keine Tricks, verstanden?«
»Wir haben vier geladene Pistolen, Fräulein«, sagte Polegrave und hielt ihr eine davon unter die Nase, »und nichts kommt dagegen an, kapiert?«
»Aber den fünften Mann werden Sie damit nicht mehr aufhalten können, Mr. Polegrave.«
Sie genoss seine offensichtliche Verunsicherung und wandte sich wieder an Foxlip. »Tricks? Von mir? Nein. Ich will nur nach Hause. Ich kenne keine Tricks.«
»Schwören Sie beim Leben Ihrer Mutter!«, sagte Foxlip.
»Wie bitte?«
»Auf der Judy waren Sie immer eine verdammt hochnäsige Göre. Schwören Sie es. Dann glaube ich Ihnen vielleicht.«
Weiß er von meiner Mutter?, fragte sich Daphne. Dieser Gedanke glitt völlig ruhig durch ein tosendes Meer der Wut. Ich glaube, der arme Captain Roberts wusste es, und ich habe es Cookie erzählt, aber nicht einmal Cookie würde im Beisein von Leuten wie Foxlip über so etwas plaudern. Trotzdem hat niemand das Recht, einen solchen Schwur von mir zu verlangen!
Foxlip knurrte. Für seinen Geschmack hatte Daphne schon zu lange geschwiegen.
»Haben Sie Ihre Zunge verschluckt?«, fragte er.
»Nein. Aber das ist ein großer Schwur. Darüber musste ich erst einmal nachdenken. Ich verspreche Ihnen, dass ich nicht versuchen werde, wegzulaufen oder Ihnen Lügen aufzutischen. Und ich werde auch nicht versuchen, Sie zu hintergehen. Wollten Sie das von mir hören?«
»Schwören Sie es auch beim Leben Ihrer Mutter?«, hakte Foxlip nach.
»Ja, das tue ich.«
»Das ist ausgesprochen großzügig von Ihnen«, sagte Foxlip.
»Meinen Sie nicht auch, Mr. Polegrave?«
Aber Polegrave beäugte nur misstrauisch den tropfenden Wald links und rechts des Pfades. »Hier bewegt sich was«, brummte er. »Überall kriecht irgendwelches Zeugs rum.«
»Löwen, Tiger und Elefanten, ohne Zweifel«, sagte Foxlip munter. Dann fügte er etwas lauter hinzu: »Aber ich habe den Finger am Abzug meiner Pistole, und wenn ich auch nur glaube, ich hätte ein verdächtiges Geräusch gehört, könnte das unangenehme Folgen für das edle Fräulein haben. Ein Schritt, und sie ist reif für den Knochenacker!«
Sobald Daphne und die zwei Hosenmänner hinter der nächsten Biegung verschwunden waren, trat Mau vor. »Wir
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