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Eine Insel

Eine Insel

Titel: Eine Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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nicht beweisen, dass er ein Mörder ist! Er hat Ataba nicht getötet!
    Sie fingerte an einer der Pistolen herum, während Polegrave fluchend versuchte aufzustehen und dabei Blut spuckte. Die Waffe war schwerer, als sie aussah, und Daphne, deren ungeschickte Finger nicht so recht gehorchen wollten, schluckte einen Fluch hinunter, den sie dem unerschöpflichen Fass an Verwünschungen auf der
Sweet Judy
zu verdanken hatte.
    Endlich gelang es ihr, den Hahn zu spannen, genau wie Captain Roberts es ihr gezeigt hatte. Es klickte zweimal, was Cookie als das »Zwei-Pfund-Klicken« bezeichnete. Auf ihre Frage hin hatte er erklärt: »Ein Mann, der dieses Geräusch in der Dunkelheit hört, verliert zwei Pfund… an Gewicht, und zwar ganz schnell!«
    Auf jeden Fall sorgte es nun dafür, dass Polegrave ganz still wurde.
    »Ich werde schießen!«, log sie. »Keine Bewegung. Gut. Jetzt hören Sie mir zu. Ich will, dass Sie verschwinden. Sie haben hier niemanden getötet. Gehen Sie. Auf der Stelle. Wenn ich Sie hier noch einmal sehe, werde ich… jedenfalls werden Sie es schwer bereuen. Ich lasse Sie gehen, weil Sie eine Mutter hatten. Irgendwann einmal hat jemand Sie tatsächlich geliebt und versucht, Ihnen gutes Benehmen beizubringen. Aber das begreifen Sie ohnehin nicht. Und jetzt stehen Sie endlich auf und verschwinden Sie. Raus hier! Laufen Sie ganz schnell weg! Sofort!«
    Polegrave hielt sich die zertrümmerte Nase, aus der Blut und Rotz lief, und stolperte gebückt und ohne einen Blick zurück aus der Hütte in den Sonnenuntergang hinein, wie eine Krabbe, die sich in die rettende Brandung flüchtet.
    Daphne setzte sich, noch immer die Pistole in Händen, und wartete, bis die Hütte aufgehört hatte, sich um sie zu drehen.
    Dann betrachtete sie den schweigenden Foxlip, der sich überhaupt nicht mehr rührte.
    »Warum mussten Sie auch so… so dumm sein?«, sagte sie und stieß ihn mit der Pistole an. »Wieso haben Sie einen alten Mann erschossen, der mit einem Stock vor Ihnen herumgefuchtelt hat? Sie schießen einfach blindlings auf diese Menschen, und ausgerechnet Sie bezeichnen sie als Wilde! Warum waren Sie nur so dumm, mich für dumm zu halten? Wieso haben Sie nicht auf mich gehört? Ich habe Ihnen doch gesagt, dass Sie das Bierlied singen sollen. Wäre es denn so schlimm gewesen, ein bisschen mitzusummen? Aber nein, Sie wussten es ja besser, weil diese Leute doch nur Wilde sind! Und jetzt sind Sie tot, mit einem blöden Grinsen auf Ihrem dummen Gesicht! Sie hätten nicht sterben müssen, aber Sie wollten ja nicht hören. Dafür haben Sie jetzt genug Zeit, mir zuzuhören, Mr. Dummkopf! Es ist nämlich so, dass dieses Bier aus einer sehr giftigen Pflanze hergestellt wird. Sie paralysiert einen schlagartig. Aber im menschlichen Speichel gibt es irgend eine chemische Substanz, müssen Sie wissen, und wenn man ins Bier spuckt und dann das Bierlied singt, verwandelt sich das Gift in etwas Harmloses mit einem schönen, nussigen Aroma, das ich, nebenbei bemerkt, erheblich verbessern konnte, wie mir von allen Seiten bestätigt wird. Es dauert keine fünf Minuten, um das Bier trinkbar zu machen, was in etwa der Zeitspanne entspricht, die man benötigt, um das offizielle Bierlied zu singen, aber wenn man sechzehnmal Bi-Ba-Butzemann singt, funktioniert das auch, verstehen Sie? Denn es geht dabei nicht um das Lied, sondern um das Warten. Das habe ich unter Anwendung von wischen…« – wieder ein Bäuerchen – »Verzeihung, wissenschaftlichen Methoden herausgefunden.«
    Dann musste sie schleunigst das Bier loswerden und erbrach obendrein alles, was sie während des vergangenen Jahres gegessen hatte. Zumindest fühlte es sich so an. »Und es hätte doch so ein netter Abend werden können«, fügte sie hinzu. »Ist Ihnen eigentlich klar, was diese Insel ist? Haben Sie auch nur die leiseste Ahnung davon? Natürlich nicht, denn Sie sind ja so unglaublich dumm! Und tot obendrein! Und ich bin eine Mörderin!«
    Sie brach in Tränen aus, groß und salzig rollten sie über ihre Wangen, und dann führte sie ein Streitgespräch mit sich selbst.
    »Hör zu, es waren Meuterer! Wenn man sie vor ein ordentliches Gericht gestellt hätte, wären sie gehangen worden!«
    Gehängt, nicht gehangen! Aber das ist der Sinn und Zweck von Gerichten. Sie sollen die Leute davon abhalten, andere Leute zu ermorden, nur weil sie meinen, sie hätten es verdient. Es gibt einen Richter und Geschworene, und wer für schuldig befunden wird, landet beim Henker und

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