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Eine Insel

Eine Insel

Titel: Eine Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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würde es doch bestimmt nicht wagen, ihm zu folgen, oder?
    Etwa in der Mitte der Lagune, wo die beschädigten Kanus trieben, kam er wieder hoch und nutzte die Deckung, um ein wenig Luft zu schnappen. Dann lugte er um den Bug eines Kanus, suchte nach Cox – und dort stand er am Ufer und hatte ihn bereits im Visier.
    Mau tauchte ab, doch damit hatte Cox gerechnet. Vielleicht stimmte es, und der Mann konnte tatsächlich in die Köpfe anderer Menschen blicken.
    Dann drehte Mau sich um und blickte doch zurück. Er konnte nicht anders. Menschen stellten sich ihrem Feind. Nur ein Mal…
    Und was Mau sah, war die näher kommende Kugel. Ein paar Fuß vor ihm schlug sie ins Wasser, zog eine Spur aus Luftblasen hinter sich her – und stoppte wenige fingerbreit vor seinem Gesicht. Vorsichtig pflückte er sie aus dem Wasser, als sie zu versinken begann, dann ließ er sie wieder los und beobachtete verwundert, wie sie in den Sand fiel.
    Wie konnte das sein? Kugeln mochten wirklich kein Wasser…
    Er stieg zur Oberfläche, füllte seine Lungen auf und hörte den nächsten Knall, als er erneut abtauchte. Wieder beobachtete er eine Luftblasenspur, die direkt auf ihn zukam, bis die Kugel von seinem Arm abprallte. Abprallte! Er hatte sie kaum gespürt!
    Er schwamm hinaus zur Lücke im Riff, die heute halb mit angetriebenem Seetang versperrt war. Das gab ihm zumindest eine gewisse Deckung. Aber was war mit den Kugeln los? Von Ataba war die Kugel jedenfalls nicht abgeprallt. Sie hatte ein großes Loch gerissen, und überall war Blut.
    Er musste wieder an die Oberfläche, weil Cox höchstwahrscheinlich noch gefährlicher war, wenn man ihn nicht sehen konnte. Mau hielt sich an einer Koralle fest und suchte Halt auf den Wurzeln eines alten Baumes, der sich in der Lücke verkeilt hatte. Sehr vorsichtig zog er sich nach oben.
    Cox rannte über die Landzunge aus alten Korallen, die vom Ufer zur Kleinen Nation und dann zu der neuen Lücke führte. Mau hörte, wie seine Stiefel auf den Korallen knirschten und wie er schneller wurde, während die zuschauenden Räuber ihm hastig den Weg frei machten.
    Der Mann blickte auf, hob seine Waffe, und im Laufen feuerte er zweimal.
    Eine Kugel ging durch Maus Ohr. Sein erster Gedanke, als er ins Wasser zurückfiel, galt dem Schmerz. Der zweite Gedanke kreiste ebenfalls nur um den Schmerz, weil er so heftig war. Das Wasser färbte sich rosa. Er griff nach seinem Ohr, von dem nun das meiste nicht mehr da war. Sein dritter Gedanke war: Haie.
    Und der nächste Gedanke, der in einer ganz eigenen Welt stattfand, flüsterte: Er hat fünf Schüsse abgegeben. Wenn er alle Kugeln abgefeuert hat, muss er die Waffe nachladen. Aber wenn ich er wäre, würde ich warten, bis ich einen letzten Schuss mit der großen Pistole abgegeben habe, und sie erst dann neu laden, während ich die kleine Pistole bereithalte, falls der Bimbo plötzlich aus dem Wasser auftaucht.
    Es war ein sonderbarer, eiskalter Gedanke, der durch seinen Geist tanzte wie ein weißer Faden vor dem… erschreckend roten Hintergrund. Er ging noch weiter: Dieser Mann kann denken wie du. Also musst du denken wie er.
    Aber wenn ich wie er denke, hat er gewonnen, antwortete ein anderer Gedanke.
    Der nächste Gedanke erwiderte: Warum? Wenn du denkst wie er, bist du ja nicht wie er! Der Jäger erkennt das Verhalten der Schweine, doch dadurch wird er nicht zum Schinken. Er beobachtet das Wetter, aber dadurch wird er nicht zur Wolke. Und wenn ihn die gefährliche Bestie angreift, erinnert er sich daran, wer der Jäger ist und wer der Gejagte! Tauch jetzt! Tauch sofort unter!
    Er tauchte. Große Palmwedel aus Seetang hatten sich in dem Baum verheddert und schlangen sich um seine Äste, während die Flut hereinströmte. Er duckte sich in den Schatten.
    Der Baum war bereits zu einer eigenen kleinen Welt geworden.
    Er hatte viele Äste verloren, aber den Rest besiedelten lange Tangstränge, und kleine Fische schossen in diesem Wald aus Grün hin und her. Doch das Beste war, wenn er sich zwischen den Baum und die Riffkante schob, konnte er das Gesicht aus dem Wasser heben und blieb dabei in dem Gewirr aus Vegetation verborgen.
    Er glitt wieder unter die Oberfläche. Überall um ihn herum färbte sich das Wasser immer noch rosa. Wie viel Blut konnte in einem einzigen Ohr stecken? Zweifellos genug, um Haie anzulocken.
    Es spürte einen dumpfen Schlag, und der Baum bebte.
    »Jetzt hab ich dich, kleines Kerlchen!«, sagte die Stimme von Cox. Es klang, als wäre er

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