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Eine Insel

Eine Insel

Titel: Eine Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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genau über Mau.
    »Jetzt kommst du hier nicht mehr weg, was?« Wieder schüttelte sich der Baum, als der Mann in seinen schweren Stiefeln darauf herumlief.
    »Und ich werd auch ganz sicher nicht runterfallen, mach dir deswegen keine Sorgen. Dieses Stück Holz ist für einen Seemann so breit wie die verdammte Bond Street!«
    Noch ein Schlag. Cox hüpfte auf und ab und versetzte den Baum in Bewegung. Er schaukelte leicht hin und her, und eine Kugel flog knapp an Maus Gesicht vorbei, bevor er sich in den Schatten zurückzog.
    »Ach was! Wir bluten ja!«, sagte Cox. »Gut gemacht. Jetzt muss ich nur noch warten, bis die Haie aufkreuzen. Es macht mir immer wieder großen Spaß, einem Hai beim Abendessen zuzusehen.«
    Mau arbeitete sich bis zum unteren Ende des Baumstamms vor. Die rosafarbene Spur folgte ihm.
    Es waren sechs Schüsse gewesen. Im Schutz eines Tangklumpens hob er den Kopf und hörte ein Klicken.
    »Weißt du, diese Kannibalenjungs haben mich schwer enttäuscht«, sagte Cox direkt über ihm. »Zu viel Gerede, zu viele Regeln, viel zu viel Hokuspokus. Ein Haufen winselnder Weicheier. Haben zu viele Missionare gegessen, wenn du mich fragst, ha!« Wieder ein Klicken. Cox lud nach. Dazu brauchte er beide Hände, oder nicht?
    Klick…
    Mau griff nach seinem Messer, doch am Gürtel war nichts.
    … Klick.
    Also schwamm er mit dem Gesicht nach oben an der Unterseite des Baumstamms entlang, die Nase höchstens einen Fuß von der Rinde entfernt, auf der winzige Krabben hockten.
    So würde es also enden. Am besten wäre es, einfach hochzuspringen und sich erschießen zu lassen. Das wäre zweifellos angenehmer als die Zähne eines Hais. Und dann müssten alle sterben, die von der Nation wussten…
    Bist du jetzt übergeschnappt, Mau? Das war die neue Stimme, und sie fuhr fort: Ich bin du, Mau, ich bin einfach nur du. Du wirst nicht sterben. Du wirst siegen, wenn du gut aufpasst!
    Klick…
    Der blass grüne Tang vor ihm bewegte sich, und da sah er etwas Schwarzes. Für einen Moment blieb die Zeit stehen, als er den Tang zur Seite schob und sah, was genau sich fest in dem Stamm verkeilt hatte – einem Stamm, der voller kleiner Narben war, Narben, die zeigten, wo Männer anderen Männern geholfen hatten.
    An jenem Tag war er sehr stolz auf sich gewesen. Er hatte die Klinge des
alaki
so tief ins Holz getrieben, dass der nächste Junge all seine Kraft brauchen würde, sie wieder herauszuziehen.
    Der nächste Junge war er selbst.
    Ohne nachzudenken, aber während er sich irgendwie von außen selbst beobachtete, packte er den Stiel und hob die Beine, bis er sie gegen die Unterseite des Baumstamms stemmen konnte. Die Axt steckte wirklich sehr fest im Holz.
    »Ich kann hören, wie du herumstrampelst«, sagte die Stimme über ihm. »Gleich wirst du noch viel schneller strampeln. Ich sehe schon die Rückenflossen. Bei meiner kichernden Tante – ich hätte mir einen Picknickkorb mitnehmen sollen!«
    Klick…
    Die Axt löste sich. Mau spürte nichts. Das Grau war in seinen Geist zurückgekehrt. Denk nicht darüber nach. Tu einfach das, was getan werden muss, eins nach dem anderen. Die Axt war frei. Jetzt hatte er sie. Das war eine Tatsache. Doch die andere Tatsache war, dass Cox inzwischen seine Pistole geladen hatte.
    Mau zog sich Ast für Ast zu einer Stelle, wo er atmen konnte, ohne gesehen zu werden. Zumindest hoffte er, dass er an dieser Stelle nicht zu sehen war. Als er mit dem Kopf wieder untertauchte, flog eine Kugel vorbei. Jetzt waren es noch fünf Kugeln, und Cox verlor allmählich die Geduld. Wieder feuerte er (noch vier Kugeln, eine Tatsache). Cox war genau über ihm und lauerte auf eine verdächtige Bewegung in dem Gewirr aus schwimmendem Grün. Die Kugel war gerade wie ein Speer ins Wasser getaucht und hatte dann ihren Weg verloren. Es ist schwierig, durch Wasser zu laufen, sagte sich Mau. Je schneller man sein will, desto anstrengender wird es. Eine Tatsache. Für Kugeln musste es genauso sein. Eine neue Tatsache.
    »Hab ich dich diesmal erwischt?«, sagte Cox. »Das hoffe ich jedenfalls für dich, denn die Haie kommen immer näher. Aber eigentlich habe ich das nur aus Nettigkeit gesagt, denn ich will dich schließlich zappeln sehen. Ich werde so lange hierbleiben, bis ich die Haie rülpsen höre. Und dann gehe ich zurück und kümmere mich ein bisschen um deine kleine Lady.«
    Maus Lungen fingen an zu stechen. Er brachte den Baumstamm ins Wanken und ließ sich auf den Grund sinken. Er hörte nicht, was Cox

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