Eine Insel
brach er durch den Wald. Doch schon bald blieb er stehen und horchte. Aus einiger Entfernung hörte er ein höchst zufriedenes Grunzen.
Und nun kam der schmutzige Teil. Deutlich leiser als zuvor lief Mau in weitem Bogen um die Sau herum und wieder zurück auf den Pfad. Das Muttertier war von der großen Schlammsuhle gekommen, die sich die Schweine aufgewühlt hatten, dort wo ein kleiner Bach den Pfad kreuzte. Die Suhle war glitschig und stank grauenvoll. Mau wälzte sich in dem Matsch, bis er selbst wie ein Schwein roch.
Der Schlamm glitt in dicken Brocken an ihm herab, während er langsam den Pfad entlangschlich. Nach Mensch roch er jetzt jedenfalls nicht mehr. Und würde es wahrscheinlich auch nie wieder…
Die alte Sau hatte im Unterholz ein Nest plattgetrampelt und gab bierselige Schnarchlaute von sich, während ihre Familie neben und auf ihr herumtollte.
Mau ging zu Boden und kroch auf allen vieren weiter.
Die Augen der Sau waren geschlossen. Unter all dem Matsch konnte sie ihn unmöglich riechen. Das hoffte er zumindest.
Doch dieses Risiko musste er eingehen. Würden die Ferkel, die sich im Kampf um die Zitzen bereits gegenseitig wegschubsten, erkennen, was er in Wirklichkeit war? Sie quiekten sowieso die ganze Zeit, aber hatten sie vielleicht ein besonderes Quieken, das die Sau aus dem Schlaf riss? Er würde es herausfinden.
Konnte man Schweine denn überhaupt melken? Er hatte noch nie davon gehört, dass jemand eine Sau gemolken hätte. Noch etwas, das er herausfinden würde. In sehr kurzer Zeit musste er sehr viel lernen. Doch er war fest entschlossen, gegen Locaha zu kämpfen, wo immer dieser seine dunklen Flügel ausbreitete.
»Geschieht nicht«, flüsterte er und schob sich in die quirlige, quiekende Masse aus Schweinefleisch.
Daphne zerrte einen weiteren Ast zum Feuer, richtete sich auf und musterte den alten Mann. Er könnte ruhig ein bisschen mithelfen, dachte sie. Auch ein wenig Kleidung könnte nicht schaden. Aber er tat nichts, außer am Feuer zu sitzen und ihr gelegentlich zuzunicken. Außerdem hatte er mehr als seinen gerechten Anteil vom gebackenen Fisch gegessen (sie hatte mit einem Stock nachgemessen), und sie musste mit den Händen einen Teil davon zerkleinern, um die Unbekannte Frau zu füttern. Die hatte zumindest ein bisschen gegessen und sah schon etwas besser aus. Noch immer umklammerte sie ihr Baby, doch jetzt weinte es nicht mehr, was Daphne eher noch mehr Sorgen bereitete…
Oben in den Hügeln schrie etwas. Es schrie immer weiter und dann immer lauter.
Der alte Mann erhob sich ächzend und nahm Maus Axt in die Hand, obwohl er sie kaum halten konnte. Bei dem Versuch, sie über die Schulter zu heben, kippte er einfach nach hinten um.
Das Geschrei erreichte den Strand, gefolgt von einer Kreatur, die entfernt menschlich aussah, aber über und über mit triefendem Schlamm bedeckt war und stank wie ein Sumpf an einem sehr heißen Tag. Das Wesen drückte Daphne eine schwere, warme Kürbisflasche in die Hand, die sie entgeistert festhielt.
Dann schrie es »MILCH!« und verschwand wieder in der Dunkelheit. Ein lautes Platschen war zu hören, als es in die Lagune sprang.
Der Gestank hing noch eine ganze Weile in der Luft. Als eine leichte Brise ihn über das Feuer wehte, flackerten die Flammen bläulich auf.
Mau verbrachte die Nacht am anderen Ende des Strandes, und sobald es hell wurde, sprang er gleich wieder ins Wasser. Doch der Geruch war äußerst hartnäckig. Mau konnte sich auf den Boden der Lagune setzen und mit Sand und Seegras abschrubben, dann unter Wasser in verschiedene Richtungen schwimmen, aber wenn er wieder an die Oberfläche kam, war der Gestank noch da, als hätte er auf ihn gewartet.
Er fing ein paar Fische und ließ sie dort liegen, wo die anderen sie finden würden. Noch schliefen sie tief und fest. Die Mutter und ihr Baby waren in die Decke eingerollt und schlummerten so friedlich, dass Mau sie beneidete. Der alte Mann lag mit offenem Mund da und sah aus, als wäre er tot, wenngleich die Geräusche, die er von sich gab, wohl eher auf das Gegenteil hindeuteten. Das Mädchen war zur
Sweet Judy
zurückgekehrt, aus irgendwe1chen Gründen, die vermutlich nur den Hosenmenschen verständlich waren.
Während des Tages versuchte er, sich von den anderen fernzuhalten, aber das Geistermädchen schien die ganze Zeit nach ihm zu suchen, und allmählich fielen ihm keine eleganten Möglichkeiten mehr ein, ihr aus dem Weg zu gehen. Am Abend spürte sie ihn schließlich
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