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Eine Insel

Eine Insel

Titel: Eine Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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meine Absicht, dich zu beleidigen, Ataba«, sagte er.
    »Ich verstehe dich sehr gut«, sagte der alte Mann. »Wir alle sind manchmal von den Göttern enttäuscht.«
    »Sogar du?«
    »Ja. Das ist das Erste an jedem Morgen, wenn meine Knie knacken und mein Rücken schmerzt. Dann verfluche ich sie, dessen kannst du dir sicher sein. Aber nur ganz leise.
    Und ich frage sie: ›Warum habt ihr mich alt werden lassen?‹«
    »Und was antworten sie?«
    »So funktioniert das nicht. Aber wenn sich der Tag dem Ende zuneigt und es vielleicht etwas Bier gibt, glaube ich, ihre Antwort in meinem Geist zu hören. Ich glaube, sie sagen mir:
    ›Weil es dir lieber als das Gegenteil sein dürfte.‹« Er bemerkte Maus verwirrte Miene. »Lieber alt als tot, verstehst du?«
    »Das glaube ich nicht«, sagte Mau. »Ich glaube, du hörst nur deine eigenen Gedanken.«
    »Hast du dich schon einmal gefragt, woher deine Gedanken kommen?«
    »Ich glaube nicht, dass sie von einem Dämon kommen!« Ataba lächelte. »Wir werden sehen.«
    Er starrte den alten Mann an. Mau sollte stolz sein. Dies war seine Insel. Er sollte sich wie ein Häuptling verhalten.
    »Ich werde etwas ausprobieren«, sagte er steif. »Ich tue es für meine Nation. Auch wenn ich nicht zurückkehre, könnt ihr hierbleiben. Wenn ihr bleibt, gibt es Hütten im Frauenhain.
    Und wenn ich zurückkomme, werde ich dir Bier holen, alter Mann.«
    »Es gibt Bier, das es gibt, und Bier, das es nicht gibt«, sagte der Priester. »Mir ist das Bier, das es gibt, lieber.« Mau lächelte.
    »Zuerst muss es Milch geben, die es gibt«, erwiderte er.
    »Hol sie, Dämonenjunge«, sagte Ataba, »und ich werde dir alles glauben!«

5
Die Milch, die es gibt
    Mau lief eilig zum Frauenhain und trat dieses Mal mutiger ein als zuvor. Er durfte keine Zeit verlieren. Die Sonne näherte sich dem Horizont, und der Geist des Mondes war bereits emporgestiegen.
    Es musste funktionieren. Und dafür musste Mau sich konzentrieren und den richtigen Zeitpunkt genau abpassen, denn eine zweite Chance würde er wahrscheinlich nicht bekommen.
    Zuerst etwas Bier. Das war leicht. Die Frauen machten jeden Tag neues, und auf einem Wandregal fand er eine Schale mit Mutterbier, das stetig vor sich hin sprudelte. Darin schwammen lauter tote Fliegen, aber die waren kein Problem. Er vollzog das Bierritual, sang das Lied über die Vier Brüder, wie es das Bier brauchte, und nahm ein großes Bündel Bananen und ein paar pfeifende Yamswurzeln mit. Sie waren alt und runzlig, also gerade richtig für Schweine.
    Die Nation war so reich gewesen, dass sie vier dreibeinige Kessel besaß, und zwei davon befanden sich hier im Hain. Unter einem machte er ein Feuer und warf Bananen und Yams hinein. Er gab etwas Bier hinzu und ließ es so lange kochen, bis die Wurzeln weich und mehlig waren. Dann musste er alles nur noch mit dem stumpfen Ende seines Speeres zu einer breiigen Masse zerstampfen.
    Als er seinen Weg in den Wald fortsetzte, waren die Schatten bereits länger geworden. Den Bierbrei trug er in einem tropfenden Flechtkorb aus Zunderholz, und unter den freien Arm hatte er sich eine kleine Kalebasse geklemmt. Es war die beste, die er finden konnte. Jemand hatte sehr sorgsam so viel wie möglich von dem orangefarbenen Fruchtfleisch herausgekratzt und die Rinde gut trocknen lassen, so dass sie leicht und stabil war und ohne Risse.
    Seinen Speer hatte Mau draußen vor dem Frauenhain zurückgelassen. Einem einzelnen Mann nützte ein Speer wenig, wenn er es mit einem wütenden Schwein zu tun bekam. Ein wilder Eber würde ihn einfach zerbeißen oder sich aufspießen lassen und trotzdem weiterstürmen – ein Ungetüm an geballter, wild um sich beißender Raserei, das gar nicht merkte, wenn es eigentlich schon tot war. Und eine Sau mit Ferkeln war sogar noch weitaus gefährlicher. Also würde Mau wahrscheinlich sterben, wenn der Trick mit dem Bier nicht funktionierte.
    Immerhin hatte er Glück. Mitten auf dem Pfad lief eine fette, alte Sau, von zahllosen Ferkeln umringt, und Mau sah sie, bevor sie ihn entdeckte. Allerdings nur knapp. Er blieb wie angewurzelt stehen. Sie grunzte und drehte ihren großen, wabbeligen Körper in seine Richtung, noch unschlüssig, ob sie angreifen sollte, aber jederzeit bereit dazu, sollte er auch nur eine einzige falsche Bewegung machen.
    Mit einer Hand schöpfte er den Klumpen Bierbrei aus dem Korb und warf ihn zur Sau hinüber. Noch bevor die Masse auf dem Boden landete, rannte er davon. Wie ein panisches Tier

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