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Eine Insel

Eine Insel

Titel: Eine Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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vor dem Hai gerettet, nicht wahr? Und du selbst hast gesagt, dass wir die Gottesanker gemacht haben. Das hast du gesagt! Ich habe es genau gehört!«
    »Nur einige«, sagte Ataba und wich zurück. »Nur einige!«
    »Von einigen war nicht die Rede«, erwiderte Milo schnell.
    »Er hat nie das Wort ›einige‹ benutzt«, verkündete er der Menge. »Es ging um sein Leben, und er hat niemals von ›einigen‹ gesprochen. Ich habe sehr gute Ohren und weiß, dass er nicht ›einige‹ gesagt hat!«
    »Wen interessiert es, was er gesagt hat!« Daphne wandte sich an eine der umstehenden Frauen. »Hol ein paar Decken für Mau. Er ist eiskalt!«
    »Mau hat Ataba vor einem Hai gerettet«, sagte Pilu.
    »Das ist eine Lüge! Ich war überhaupt nicht in Gefahr…«, setzte der Priester an und verstummte sofort wieder, als Milo ihn anknurrte.
    »Ihr hättet ihn sehen sollen!«, sagte Pilu eifrig und wandte sich mit weit aufgerissenen Augen und ausgebreiteten Armen der Menge zu. »Es war der größte Hai, den ich je gesehen habe!
    Er war so lang wie ein Haus! Er hatte Zähne wie… wie… gewaltige Zähne! Als er auf uns zustürmte, machte er Wellen, die beinahe das Kanu umgeworfen hätten!«
    Daphne blinzelte und sah sich verstohlen zu den Leuten um. Ihre Augen waren genauso groß wie die von Pilu. Alle Münder standen offen.
    »Und Mau hat einfach abgewartet und Wasser getreten«, fuhr der Junge fort. »Er ist nicht umgekehrt und geflüchtet! Er hat nicht versucht zu entkommen! Mau hat dem Hai direkt ins Auge geblickt, dort unten in seiner Welt! Er hat ihm gewunken, diesem Hai mit Zähnen wie Nadeln, mit Zähnen wie Macheten, damit er zu ihm kommt. Ja, er hat ihn zu sich gerufen! Das hat er getan! Ich war im Wasser und habe es gesehen. Er hat auf den Hai gewartet! Und der Hai kam unaufhaltsam auf ihn zu, sehr schnell! Er schoss wie ein Speer heran! Schneller und immer schneller!«
    Im Publikum wimmerte jemand.
    »Und dann sah ich etwas sehr Erstaunliches!«, fuhr Pilu fort mit großen, schimmernden Augen. »Es war das Allererstaunlichste, was ich jemals gesehen habe! So etwas erlebe ich bestimmt kein zweites Mal, auch wenn ich hundert Jahre alt werde! Als dieser Hai durch das Wasser schoss, als der Hai mit den riesigen Zähnen zum Angriff überging, als dieser Hai, der so lang wie ein Haus war, pfeilschnell auf ihn zuflog – habe ich gesehen, wie Mau vor Angst ins Wasser gepinkelt hat!«
    Die kleinen Wellen der Lagune schwappten leise an den Strand, was in diesem bodenlosen Augenblick der Stille ungewöhnlich laut klang.
    Die Frau, die eine Decke aus der Hütte geholt hatte, wäre fast gegen Daphne gelaufen, weil sie ihren Blick nicht von Pilu abwenden konnte.
    Na, besten Dank, Pilu, dachte sie verbittert, als sich der Zauber in Luft auflöste. Du warst richtig gut, du hattest ihre Herzen in der Hand, und dann musstest du es ruinieren, indem du…
    »Und in diesem Moment habe ich gesehen«, flüsterte Pilu mit gesenkter Stimme und blickte jedem aus dem Kreis der Gesichter tief in die Augen. »In diesem Moment habe ich gewusst. In diesem Moment habe ich verstanden! Mau ist kein Dämon! Er ist auch kein Gott und kein Held! Nein. Er ist einfach nur ein Mensch. Ein Mensch, der große Angst hatte! Ein Mensch wie jeder von uns! Aber würden wir dort unten im Wasser abwarten, in Todesangst, wenn ein Hai mit riesengroßen Zähnen auf uns zurast und uns fressen will? Er hat es getan! Ich habe es gesehen! Und als der Hai kurz vor ihm war, schrie Mau ihm seine Verachtung entgegen! Er schrie diese Worte: »Ge! Schi! Ni!«
    »Ge! Schi! Ni!«, murmelten einige Leute wie in Trance. »Und der Hai drehte ab und flüchtete vor ihm. Er konnte Mau nicht in die Augen blicken. Der Hai kehrte um, und wir waren gerettet. Ich war dabei. Ich habe alles gesehen.«
    Daphnes Hände schwitzten. Sie hatte regelrecht gespürt, wie der Hai an ihr vorbeigestrichen war. Sie konnte sein schreckliches Auge sehen. Sie hätte ein Bild von seinen Zähnen malen können. Auch sie war dabei gewesen. Auch sie hatte ihn gesehen. Pilus Worte hatten ihr alles gezeigt!
    Sie erinnerte sich noch daran, wie Mr. Griffith einmal von den Nonkonformisten eingeladen worden war, in der Gemeindekirche zu sprechen. Die Predigt war recht feucht gewesen, weil er, immer wenn er lauter wurde, einen leichten Nieselregen versprühte, doch er war so sehr von Gott erfüllt, dass seine Worte bis in den letzten Winkel der Kirche vordrangen.
    Er predigte, als hielte er ein Flammenschwert in

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