Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Japanerin in Florenz

Eine Japanerin in Florenz

Titel: Eine Japanerin in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
Vom Netzwerk:
gekommen sind, Maresciallo, denn irgend jemand muß endlich Vernunft in ihn hineinprügeln. Ich weiß, daß sein Sohn es wieder und wieder probiert hat, und ich habe Brief um Brief geschrieben. Es kann einfach nicht so weitergehen … und ich würde wirklich zu gerne wissen, wofür er es ausgibt. Bis zu seinem Herzanfall lief es nicht allzuschlecht, obwohl er auch da bereits sein Konto immer überzogen hatte, aber jetzt wirft er das Geld mit vollen Händen zum Fenster hinaus, als gäbe es kein Morgen mehr. Nun ja, vielleicht ist es ja genau das, was ihn dazu veranlaßt hat. Es heißt, daß er tatsächlich gestorben sei, daß sein Herz zu schlagen aufgehört hat und daß er jetzt nicht gerade wie das blühende Leben aussieht.«
    »Ja. Ja, das stimmt wirklich. Er sieht wirklich nicht gut aus.«
    »Ich befinde mich in einer schwierigen Situation. Peruzzi ist eine hochgeachtete Persönlichkeit in diesem Viertel, wie Sie wissen. Ich habe ihm so viel Spielraum gegeben, wie ich konnte. Überziehungskredite, höhere Kredite, hin und wieder ein Darlehen, aber jetzt bekomme ich Druck von oben. Sie sehen nicht, daß ich vielleicht alle Handwerker und Künstler als Kunden verliere, wenn ich Peruzzi den Hahn abdrehe. Dabei sind es gute, treue Kunden, das Herz dieser Filiale. Sie verstehen?«
    »Ja. Ich muß mir die Kontenzu- und -abgänge vom Mai anschauen.«
    »Seine Konten? Entschuldigen Sie bitte, aber ich dachte, sein Sohn hätte Sie gebeten, sich mit mir in Verbindung zu setzen. Ich kann nicht …«
    »Das stimmt. Ich habe einen Durchsuchungsbefehl beantragt, und ich erwarte, daß mein Stellvertreter jeden Augenblick damit hier auftaucht.« Der Capitano würde ihn nicht im Stich lassen. »Dies ist eine Untersuchung in einem Mordfall. Peruzzis Lehrling ist am 21. Mai im Boboli umgebracht worden. Sie hat die Werkstatt an diesem Tag, einem Freitag, verlassen, um die Einnahmen und die Schecks der laufenden Woche einzuzahlen. Ich muß wissen, ob sie hiergewesen ist.«
    »Untersuchung in einem Mordfall? Davon höre ich jetzt zum ersten Mal! Na ja, ich war zwei Wochen in Urlaub.«
    »Wahrscheinlich hätten Sie auch nichts darüber gehört, wenn Sie hiergewesen wären. Es ist in den Nachrichten nur kurz erwähnt worden. Wir hatten am Anfang Probleme mit der Identifizierung. In ihrer Handtasche befanden sich keinerlei Papiere, kein Geld, keine Schecks und auch keine Quittungen von der Bank. Aber Peruzzi hat gesagt, daß sie auf dem Wege hierher gewesen sei.«
    »Das ist richtig. Sie war hier. Kurz bevor ich in Urlaub gegangen bin. Daran kann ich mich noch sehr gut erinnern. Wie gesagt, ich machte mir Sorgen wegen Peruzzis finanzieller Situation, und weil er auf meine Briefe nicht reagierte – offensichtlich übergibt er alle Post von der Bank direkt seinem Sohn, ohne auch nur hineinzuschauen – und da sein Sohn mir erklärt hat, daß er Peruzzi einfach nicht zur Vernunft bringen kann, habe ich meine Angestellten gebeten, dieses japanische Mädchen, das bei ihm lernt, in mein Büro zu schicken, sobald es wieder auftaucht.«
    »Dann haben Sie an jenem Morgen mit ihr gesprochen?«
    »Natürlich konnte ich ihr nichts Genaues sagen wegen des Bankgeheimnisses, Sie wissen schon, aber um ganz ehrlich zu sein, sie war meine letzte Hoffnung. Er hat inzwischen so hohe Schulden gemacht, daß ich wahrscheinlich gezwungen sein werde, ihm die Hypothek zu kündigen.«
    »Hypothek? Ich dachte, die Werkstatt und der Laden gehörten ihm. Auf jeden Fall hat das alles einmal seinem Vater gehört, oder? Das ist zumindest das, was man so hört.«
    »Sie haben recht. Seit Generationen sind die Peruzzis Schuhmacher, und die Werkstatt und der Laden gehörten ihnen. Vor etwa acht Monaten hat er eine neue Hypothek darauf aufgenommen.«
    »Vor acht Monaten?« Nach dem Herzanfall. Die Bilder im Kopf des Maresciallo wirbelten durcheinander, änderten sich, verloren und gewannen an Schärfe. Er hatte das Gefühl, wieder ganz am Anfang zu stehen, allerdings mit einem Unterschied: nicht Liebe, sondern Geld …
    »Sein Sohn kann darüber nicht sonderlich erfreut gewesen sein. Ich weiß, er wollte nie das Geschäft übernehmen, geschweige denn das Schuhmacherhandwerk erlernen. Aber letztendlich war es sein Erbe, das da ausgegeben wurde. Wie hat er das hingenommen?«
    »Erstaunlich gefaßt. Jedesmal, wenn er zu mir kam, um einen höheren Überziehungskredit zu vereinbaren, verschiedene Darlehen oder die Hypothek aufzunehmen, da wirkte er immer recht besorgt, aber nie

Weitere Kostenlose Bücher