Eine Jungfrau Zu Viel
dem Arm, die jemand gefunden und ihr gegeben haben musste, und lächelte mitfühlend. Offenbar hatte sie gehört, dass ich versagt hatte. Ich brauchte mir nicht die Mühe machen, es ihr zu erklären.
Wie mir auffiel, hatte sie sich ziemlich herausgeputzt, trug ein leuchtend weißes Gewand, dazu eine unauffällige Stola über dem Haar, so verdächtig schick gemacht, dass ich neue Schrecklichkeiten befürchtete. Helena hatte die Goldkette umgelegt, die sie von ihrem Vater zu Julias Geburt bekommen hatte. Sie duftete göttlich nach arabischem Balsam, und ihr Gesicht war bei näherem Hinsehen so expertenhaft geschminkt, wie sie es nur mit Hilfe einer der Dienerinnen ihrer Mutter oder meiner Schwester Maia hingekriegt haben konnte.
Das Letzte, was ich jetzt wollte, war ein weiterer gesellschaftlicher Anlass, der ein solches Aufmöbeln erforderte.
»Komm mit.« Helena grinste, als sie mein Entsetzen sah. Sie roch an mir. »Raffiniertes Parfum, Falco! Du hast einen so exquisiten Geschmack … Draußen steht eine Sänfte bereit, mit einer sauberen Tunika für dich. Wir können bei einem Badehaus Halt machen, wenn du dich beeilst.«
»Mir ist nicht nach einem Fest.«
»Wir haben eine offizielle Einladung bekommen. Uns bleibt keine andere Wahl. Titus Cäsar verlangt nach dir.«
Titus Cäsar besprach manchmal Staatsangelegenheiten mit mir. Normalerweise wurde nicht erwartet, dass ich eine Anstandsdame mitbrachte. Was sollte also das Ganze?
Titus hatte meiner Meinung nach früher mal ein Auge auf Helena geworfen. Soviel ich wusste, war nicht mehr daraus geworden, obwohl Helena damals Rom in Eile verlassen musste, um sich Peinlichkeiten zu ersparen. Sie ging ihm nach wie vor aus dem Weg und würde sich normalerweise nicht so rausputzen, damit er auf keine dummen Gedanken kam.
»Und was ist der Haken daran, Schatz?«
Helena lächelte. Voller Freude, sie zu sehen, begann ich bereits mich ihrer Macht zu ergeben. »Keine Bange, Liebling«, murmelte sie. »Ich gebe schon auf dich Acht. Nach dem, was der Bote mir sagte, werden unsere Gastgeber der wunderbare Titus und die legendäre Königin von Judäa sein.«
XXXVIII
Vermutlich wird kein weiser Mann die Frage beantworten können, ob Königin Berenike wirklich schön war. Na ja, zumindest nicht, wenn seine Frauensleute zuhören.
Ich fragte mich, ob mein Bruder Festus, der in ihrem Land eines heldenhaften oder nicht so heldenhaften Todes gestorben war, Titus Cäsars Liebchen je gesehen hatte. Mich überkam eine plötzliche Sehnsucht, mit Festus zu bequatschen, was er von ihr hielt. Womit ich nicht sagen will, dass irgendwas passiert wäre, wenn Festus, ein einfacher Zenturio von gewöhnlicher Herkunft und mit ordinären Angewohnheiten, sie je gesehen hätte, aber wie man weiß, war Didius Festus ein ganz besonderer Bursche.
Tja, war sie nun schön?
Schillernd!, hätte Mama gesagt.
Verbunden mit Feingefühl und hochwertigem Drum und Dran, hat Schillern seine Vorteile. Zufällig glaube ich daran, dass schillernde Frauen ihren Platz haben. (Festus glaubte das auch; für ihn war dieser Platz sein Bett.)
Man darf nun nicht denken, dass ich der Frage durch einen schlimmen Bruder ausweichen will, der den Ruf hatte, sich auf alles in langen Röcken zu stürzen. Ich möchte nur sagen, wie ich es auch in Helena Justinas Anwesenheit durchaus tun würde, dass mein Bruder Festus, hätte er Königin Berenike gesehen, zweifellos die Herausforderung angenommen hätte, seinen Höchstkommandierenden auszustechen (nämlich Titus Cäsar, Legat der Fünfzehnten Legion, als Festus in ihr diente) und dass ich persönlich es genossen hätte, Festus dabei zuzuschauen.
Das ist alles. Träume darf ein Mann ja wohl haben.
Sie lassen sich kaum vermeiden, wenn dieser Mann Stunden damit verbracht hat, zuzusehen, wie Eimer voller Unaussprechlichkeiten aus der Tiefe einer Latrine hochgezogen werden, die aus republikanischen Zeiten stammen musste und seither wahrscheinlich nicht entleert worden ist, und dann einen Raum voll exotischer Dinge betritt, die er kaum in sich aufnehmen kann – ganz zu schweigen von der Dame mit dem Diadem, die Titus anscheinend mit Schmeicheleien füttert, als wären es riesige Perlaustern in Weinsoße. (Titus schlabbert ihre gemurmelten Zärtlichkeiten auf wie ein verhungerter Köter.) (Die Dienstboten machen Stielaugen.) (Helena würgt.)
»Ach, hör auf, Falco. Das ist doch nur eine Frau. Zwei Augen, eine Nase, zwei Arme, zugegebenermaßen ziemlich viel Holz vor
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