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Eine Jungfrau Zu Viel

Titel: Eine Jungfrau Zu Viel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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denken.«
    »Aber Statilia Laelia steht als verheiratete Frau nicht mehr unter der patriarchalen Obhut ihres Vaters.«
    »Gesetzlich nicht!«, sagte er mit Nachdruck.
    »Wenn ihr Mann sich entschließt, einen eigenen Haushalt zu gründen, würde sie natürlich mit ihm gehen.«
    Ariminius schwieg. »Im Moment«, sagte er schließlich wie jemand, der darüber bereits nachgedacht hatte, »wäre es grausam, sie im Stich zu lassen.« Im Stich lassen war ein etwas starker Ausdruck für einen Auszug aus dem Haus des Schwiegervaters – aber Numentinus war ja auch kein gewöhnlicher Schwiegervater. Doch dann fragte ich mich, ob er vielleicht mehr meinte. Wenn er ging, würde er sich von allem lossagen wollen, einschließlich seiner Frau? Würde er Laelia zurücklassen?
    Bevor ich nachhaken konnte, fügte er hinzu, als wollte er das Thema abschließen: »Es ist eine schwierige Zeit, Falco.«
    »Ehrlich? Da gibt es ein Familiengeheimnis, nehme ich an.«
    »Ihnen entgeht auch nichts.«
    »Am Ende werde ich die Wahrheit doch herausfinden. Ich ahne bereits, dass ich Ihr Geheimnis kenne. Werden Sie es mir verraten?«
    »Das ist nicht meine Sache. Aber es hat absolut nichts mit dem Kind zu tun«, sagte Ariminius.
    »Ich kann nur hoffen, dass das stimmt, Flamen Pomonalis – denn wenn ihm was passiert ist, werden Sie es auf dem Gewissen haben!«
     
    Wir begannen mit dem Küchengarten hinten am Haus. Während die Männer mit Heugabeln und zweizinkigen Hacken die Abfallhaufen umwendeten, suchten wir jeden Fleck ab. An einer Stelle war Unkraut verbrannt worden. Ich harkte selbst die Asche durch. Die Sklaven nahmen sich derweil den am stärksten überwucherten Teil nahe der hinteren Mauer vor. Ich ließ eine Leiter holen (die Bauarbeiter hatten genug Leitern stehen lassen) und stieg sogar hinauf, um über die Mauer zu schauen. Dahinter lag eine öffentliche Therme in einem Gewirr von Straßen. Falls es Gaia irgendwie gelungen sein sollte, dieses Hindernis zu überwinden, wäre sie in dem Teil des Aventin verschwunden, der auf die Porta Raudusculana zuging. Aber um dahin zu kommen, hätte sie erst eine anstrengende Kletterpartie hinter sich bringen müssen. Selbst ich konnte mich nur mit viel Gefluche, Kratzern und einer arg zerrissenen Tunika durch das Gestrüpp zwängen; für ein Kind schien das unmöglich zu sein. Die Mauerkrone, nur über eine auf sehr unebenem Boden stehende wacklige Leiter zu erreichen, war so hoch, dass einem der Atem stockte. Doch vollkommen ausschließen wollte ich es nicht. Wenn sie dachte, sie würde um ihr Leben fliehen, konnte Verzweiflung alles möglich gemacht haben.
    Als Nächstes nahmen wir uns das Haus vor. Ich teilte die Suchmannschaft auf und stellte die eine Hälfte unter das Kommando von Ariminius. Mit meinen Männern fing ich oben an, er mit seinen unten, und nachdem wir uns in der Mitte getroffen hatten, wussten wir, dass jeder Winkel nicht nur einmal, sondern zweimal überprüft worden war.
    Es gab große Salons und kleine Kabuffs. In einem Teil des Hauses, der viel älter sein musste, gingen alle Räume auf altmodische Weise ineinander über, dann gab es andere Flügel mit geschmackvollen modernen Empfangsräumen, die auf mit Fresken bemalte Korridore führten. Im feuchten Keller befanden sich etwa fünfzig Sklavenzellen, die schnell durchsucht waren – nur ein paar dürftige Schätze, und in jeder eine harte Schlafpritsche. Während der Suche reihten wir die Sklaven im Armeestil vor ihren jeweiligen Quartieren auf. Das gab mir die Möglichkeit, sie einzeln zu fragen, ob sie irgendwas wussten oder Gaia gestern gesehen hatten, nachdem ihre Mutter das Kindermädchen zu anderen Arbeiten weggeschickt hatte.
    »Was waren das übrigens für Arbeiten?«, fragte ich Ariminius routinemäßig, aber er zuckte nur unbestimmt die Schultern. Sklavinnen Anweisungen zu geben war Sache der Frauen – oder zumindest wollte er mich das glauben lassen.
    Jedes Haus enthält seltsame Dinge, wenn auch nur wenige so seltsame, wie ich sie hier sah. Im Schlafzimmer des Exflamen stand ein Kästchen mit Opferkuchen (falls er nachts Hunger bekam?), und die Beine des Bettes waren mit Lehm beschmiert – eine Bequemlichkeit, die einem praktizierenden Flamen Dialis die uralte Vorschrift ersparte, auf der Erde schlafen zu müssen. Für Numentinus war das nicht mehr erforderlich. Aber dem alten Mann bedeutete der Ruhestand nichts, wenn mir das in seinem neuen Haus auch übertrieben vorkam.
    Ich hätte hier nicht leben können.

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