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Eine Jungfrau Zu Viel

Titel: Eine Jungfrau Zu Viel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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der Hütte und vielleicht nicht mehr so viele Zähne, wie sie früher mal hatte.«
    Ich bin kein Zahnarzt. Die Zähne der Königin habe ich mir nicht angeschaut.
     
    Zum Glück hatten wir Gemächer in Neros Goldenem Haus betreten, wo die Wasserspiele nur so rauschten. Wasserkaskaden ergossen sich in stufenförmige Brunnen; aus dünnen Tüllen rann Wasser in Marmormuscheln. Hohe Decken fingen einiges von den Geräuschen ab, und dicke Draperien dämpften den Rest. Unabsichtlich hatte der wahnsinnige kaiserliche Harfinist den Traum eines Satyr geschaffen – im Goldenen Haus konnte ein gehässiges Mädchen quer durch den Raum alle Bösartigkeiten über eine Rivalin äußern, sogar bis zu dem Augenblick, da das orientalische Parfum der Rivalin sie einen Schritt zurückwarf und zum Niesen brachte.
    In aufbauschendes Purpur gekleidet, eilte Titus Cäsar, ganz das Lockenköpfchen mit den rosigen Wangen, zu unserer Begrüßung vom Podium herab. Er war ein typischer Flavier, untersetzt und fast stämmig, anscheinend ein gewöhnlicher kerngesunder Mann vom Lande, sich seiner Würde jedoch bewusst.
    »Helena Justina – wie schön, Sie zu sehen! Falco, ich grüße Sie.« Titus schien fast zu platzen vor Stolz auf seine Eroberung – oder darauf, von so einem Wunder erobert worden zu sein. Verständlicherweise war er begierig darauf, seine neue königliche Freundin einer Senatorentochter vorzustellen, die ihm einst die kalte Schulter gezeigt hatte. Helena reagierte mit einem leisen Lächeln. Hätte er Helena besser gekannt, hätte Titus seine Begeisterung an diesem Punkt zurückgenommen. Wenn sie mich so angelächelt hätte, wäre ich wieder zu meiner Liege gegangen, hätte die Knie zusammengepresst, meine Hände gefaltet und die nächste Stunde den Mund gehalten, damit ich keine hinter die Ohren bekam.
    Als Sohn und Nachfolger eines Kaisers nahm Titus an, dass er hier das Sagen hatte. Königin Berenike spürte, wenn ich das richtig beurteilte, komplexere Unterströmungen. Sie war ihm vom Podium gefolgt und schien zu schimmern. Netter Trick. Seidenroben sind dafür sehr hilfreich. Der Rest ist leicht (verriet mir Helena später), wenn man Sandalen trägt, auf denen sich schwer laufen lässt, so dass man geschmeidig hin und her schwanken muss, um nicht über flache Treppenstufen zu fallen.
    Dienstboden platzierten uns alle zwanglos auf Liegen neben dem Podium. Die Kissen waren so mit Daunen voll gestopft, dass ich von meinem fast runterfiel. Wie alle von Architekten entworfenen Villen war auch dieser Palast voller Gefahren; meine Stiefelnägel waren schon ein paar Mal auf den glänzend polierten Bodenmosaiken ausgerutscht. Es gab so viel zu sehen, dass ich kaum wusste, wohin ich meinen Blick richten sollte. (Ich meine die exquisit aufgetragenen Farben – auf den Wänden und den gewölbten Decken, natürlich.)
    »Sie sind sehr ruhig, Falco!«, gluckste Titus. Er verströmte reinste Glückseligkeit, der arme Hund.
    »Ich bin geblendet, Cäsar.« Ich konnte durchaus höflich sein. Nach den Anstrengungen des heutigen Tages hätte ich mich aber auch öffentlich gehen lassen können. Körperlich war ich ein totales Wrack. Nur vorübergehend, wie ich hoffte. Mir tat alles weh. Das Alter machte sich bemerkbar. Meine Hände und Fingernägel waren rau, die trockene Gesichtshaut spannte. Selbst nach einem raschen Dampfbad und Abschrubben in den Thermen schien der widerliche Latrinengeruch nicht aus meiner Nase weichen zu wollen.
    »Marcus ist erschöpft«, erklärte Helena, an Titus gewandt, und ließ sich elegant nieder. Obwohl sie ein zurückhaltendes Mädchen war, zeigte sie in Gesellschaft manchmal eine Gelassenheit, die mich verblüffte. Ich wusste aber, wann ich den Mund zu halten hatte. Ich war zu müde, also übernahm sie forsch. »Er hat den ganzen Tag damit verbracht, nach dem kleinen Mädchen im Haus der Laelii zu suchen. Als ich ihn auf Ihre Einladung hin endlich fand, war er verdreckt, und ich bin sicher, sie haben ihm nichts zu essen gegeben …«
     
    Berenike reagierte sofort auf den Wink. (Also stimmten die Gerüchte; sie hatte die Haushaltsschlüssel bereits übernommen … ) Rubine blitzten auf, als sie mit träger Hand Erfrischungen für mich herbeiwinkte. Helena schenkte ihr ein strahlendes, dankbares Lächeln.
    »Kein Glück?«, fragte Titus mich. Er schien begierig auf eine beruhigende Antwort zu sein.
    »Leider nicht das geringste Anzeichen von ihr«, sagte Helena. Tabletts mit Leckerbissen wurden aufgetragen. Ich

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