Eine Jungfrau Zu Viel
die Vigiles in sein Haus zu lassen; Sie sind als akzeptable Alternative vorgeschlagen worden.«
»Vielleicht wird er mich nicht akzeptieren.«
»Er wird.«
Noch schlimmer.
XXX
Als Erstes das Haus.
Es sah noch ebenso trist aus wie bei meinem Besuch mit Maia. Ich hatte das Gefühl, mein heutiger Auftrag könnte genauso erfolglos werden. Zum zweiten Mal hier, und jetzt mit weiteren Kenntnissen über die Familie ausgestattet, betrachtete ich das unansehnliche Haus mit noch mehr düsterem Misstrauen.
Bei meinem Eintreffen verließ es gerade jemand. Eine ebenholzschwarze Sänfte tauchte auf, mit fest geschlossenen grauen Vorhängen. Nicht die mit der Medusaverzierung, die die Laelii benutzten. Vielleicht jemand, der sein Mitgefühl ausdrücken wollte. Wer immer es war, wurde jedenfalls von seiner gesamten Wäsche begleitet – eine kurze Sklavenkolonne folgte, einer mit einem überquellenden Kleiderkorb, die anderen mit kleineren Gepäckstücken. Ich entschied, die Eskorte nicht zu fragen, wer in der Sänfte saß; abstoßende Kerle mit eingeschlagenen Nasen gingen neben der Sänfte. Sie achteten genauso sorgsam darauf, dass die Halbtüren geschlossen und die dunklen Vorhänge fest zugezogen blieben, wie sie die Straße nach gefährlichen Gestalten absuchten. Ein Mann, der nicht wollte, dass seine Frau raussprang und beim nächsten Juwelier zu viel Schmuck kaufte, sagte ich mir spaßeshalber.
Nachdem sie fort waren, ging ich nachdenklich zum Haus. Der Spion des Pförtners war verschlossen, also stellte ich mich mit dem Rücken zur Tür, als würde ich warten. Passanten würden annehmen, ich hätte geklopft und wartete darauf, dass mir aufgemacht wurde. Hier handelte es sich um ein Haus, in dem ein kleines Mädchen vermisst wurde. Drinnen sollte Panik herrschen. Bei jedem Schritt auf der Eingangsstufe sollte sofort jemand angerannt kommen und nachsehen.
Nichts.
Ich zog an der Klingel, die so steif in ihrer Halterung hing, dass ich übermäßige Kraft anwenden musste. Na ja, ich bin auch ein zartes Bürschchen. Nach langer, noch ominöserer Stille im Haus kam schließlich ein dünner, bleicher Pförtner an die Tür, nicht derselbe, der Maia und mich abgewiesen hatte. Ich empfahl, die Klingel mit einem Tropfen billigen Olivenöls zu schmieren.
»Kein Fischöl. Das stinkt. Man wird die Katzen nie wieder los.« Er starrte mich an. »Mein Name ist Didius Falco. Dein Herr erwartet mich.«
Er war die Art Sklave, die nur mit fester Stimme ausgesprochene Befehle brauchen. Jeder Einbrecher hätte sich mit etwas Bravour und einem anständigen Akzent Einlass verschaffen können. Der Pförtner hatte keine Ahnung, was ich wollte. Ich hätte ein billiger Trickbetrüger sein können, der dem aristokratischen Hausherrn gefälschte griechische Vasen andrehen wollte, gestohlene Rüben oder den besonderen Fluch dieser Woche, mit der Garantie, die Leber des Feindes in fünf Tagen verrotten zu lassen, oder man bekam sein Geld zurück.
Ich trug immer noch meine Toga. Das half offenbar. Der Pförtner schien nichts von Kleidung zu verstehen, sonst hätte er gesehen, dass diese Toga einst dem verrufensten Zenturio der Armee gehört hatte und zur Freude der Motten ihre Freizeit an einem groben Haken verbrachte, der ein Loch in der Wolle hinterlassen hatte, genau dort, wo die Stoffbahn so elegant über meine linke Schulter geworfen war.
Wer ich seinem Dafürhalten nach auch sein mochte, er trabte sofort los, um mich zu dem alten Mann zu führen. Jetzt, da ich endlich im Haus war, spürte ich die Anwesenheit einer großen Dienerschaft. Es musste einen Verwalter oder Haushofmeister geben, doch der Pförtner kam gar nicht auf die Idee, seinen Vorgesetzten wegen mir zu befragen. Das sprach für einen Mangel an Besuchern. Aber es sparte Zeit.
Während ich meinem Führer folgte, schaute ich mich rasch um. Nach dem üblichen mit einem dunklen Vorhang abgetrennten Pförtnerkabuff überquerten wir eine kleine grau und schwarz geflieste Halle und einen dunklen Korridor. Die normalen Morgengeräusche eines großen Hauses waren zu vernehmen: Besen, Stimmen, die häusliche Anweisungen erteilten. Die Stimmen waren leise, allerdings nicht vollkommen gedämpft. Ich hörte kein Lachen. Keine scherzenden alten Köchinnen oder herumalbernden jungen Gehilfen. Kein Hund, keine Katze, keine in Käfigen sitzenden Finken. Das Haus war sauber, wenn auch vielleicht nicht ganz fleckenlos. Keine schlechten Gerüche. Auch keine besonders angenehmen.
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