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Eine Jungfrau Zu Viel

Titel: Eine Jungfrau Zu Viel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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handeln. Wie ich vermutet hatte, lautete die Nachricht an mich, Rutilius dringend aufzusuchen – in offizieller Angelegenheit. Es musste eine religiöse Verbindung geben. Ich nahm jedoch nicht an, dass es mit Hühnern oder Gänsen zu tun hatte.
    Helena küsste mich und sagte, sie besuche ihre Eltern an der Porta Capena, bevor sie Cloelia nach Hause bringe. Ich eilte mit dem Sklaven über die Straße, in der Hoffnung, Rutilius noch in der Regia zu finden und ihm nicht wer weiß wohin nachjagen zu müssen.
    Er war dort, gekleidet in den vollen senatorischen Purpur. Seufzend wickelte ich mich beim Näherkommen wieder in meine Toga.
    Sein Sklave bekam einen anerkennenden Blick zugeworfen, weil er mich so schnell gefunden hatte. Ich erhielt nur eine knappe Begrüßung. Das kannte ich. Vespasian und diverse Beamte hatten gerade eine Besprechung im Pontifikalbüro gehabt. Man hatte die Tagesordnung abgehakt und den protokollierten Aktionsplan auf Rutilius Gallicus abgeladen. Alle anderen waren zum Mittagessen nach Hause gegangen, und jeder hatte sich insgeheim zu der erfolgreichen Besprechung gratuliert, in der er sich vor der Verantwortung gedrückt hatte. Mein Mann aus Libyen saß jetzt allein mit der Bewältigung einer schwierigen Aufgabe da.
    Ich verschwendete keine Zeit, ihn zu bemitleiden. Wenn er nach mir geschickt hatte, war das nächste Stadium genauso traditionell und einfach wie das tägliche Leben der Vestalinnen. Der edle Rutilius würde sich seiner Bürde entledigen und sie auf mich abladen. Dann würde er zum Mittagessen nach Hause gehen. Meine Eier und Oliven bekam heute Abend der Hund.
    Als Erstes schaute er sich verstohlen um. Mit mir in der Regia zu sprechen, war nicht seine Absicht gewesen, und er wollte einen passenderen Ort finden. Selbst hier, wo jede Schriftrolle automatisch den Stempel »geheim« bekam, war ein Büro offenbar nicht das Geeignete. Das verhieß nichts Gutes.
    Er führte mich in den Hof, ein merkwürdiges dreieckiges Gelände und ebenfalls mit kühlen weißen und grauen Marmorplatten gepflastert. Rund um den Hof lagen verschiedene alte Räume, die für Besprechungen genutzt wurden, und Schreiberkabuffs für die Wächter der Archive und Analen, die man hier aufbewahrte. Vom geschäftigen Treiben auf der Via Sacra durch eine Mauer mit lärmdämpfender Kolonnade getrennt, war es hier ruhig und angenehm. Ich hörte gelegentlich leise Stimmen und die leichten Schritte derjenigen, die sich in den inneren Korridoren auskannten.
    In der Mitte des Hofes befand sich eine große unterirdische Zisterne, vermutlich ein alter Kornspeicher aus der Zeit, als Numias Palast tatsächlich noch bewohnt war. Dorthin führte Rutilius mich. Hier konnten wir so tun, als würden wir die Baulichkeiten betrachten, und uns dabei unterhalten, ohne dass sich uns jemand nähern und uns belauschen würde. So viel Geheimniskrämerei war schon fast absurd. Meine Befürchtung musste stimmen: Er hatte mir eine grässliche Aufgabe zugedacht.
    »Sind Sie froh, wieder in Rom zu sein, Falco?« Ich lächelte schweigend. Die Nettigkeiten konnte er sich sparen. Rutilius räusperte sich. »Meinen Glückwunsch zu Ihrem gesellschaftlichen Aufstieg!« Ich hakte die Daumen in den Gürtel wie ein echter Plebejer. »Und dazu noch Prokurator des Geflügels?« Ich nickte freundlich; das war kaum als Beleidigung zu werten, auch wenn meine Familie sich bei jeder Erwähnung meines neuen Postens vor Lachen bog. »Sie sind ein Mann mit vielen Talenten, was mir schon in Afrika aufgefallen ist. Jemand hat mir erzählt, dass Sie auch Gedichte schreiben?« Einen grausigen Moment lang sah es so aus, als wollte er gestehen, dass er ebenfalls schreibe, und ob ich mir nicht bei Gelegenheit mal seine Notizen anschauen würde?
    Ich hörte auf zu lächeln. Gedichte? Niemand fragte einen Ermittler nach seinem intellektuellen Leben. Rutilius musste wirklich verzweifelt sein.
     
    »Neulich erwähnte ich, dass ich ein Priester vom Kult der Vergöttlichten Kaiser bin. Sie erinnern sich?«
    »Allerdings, Senator. Sodalis Augustalis? Eine große Ehre.«
    Man konnte sich nur schwer vorstellen, wie er dazu gekommen war. Als Ranghalter der ersten Generation vom Fuße der Alpen musste es viele Senatoren gegeben haben, die genauso talentiert und viel bekannter waren. Seine Laufbahn war, soweit ich es wusste, eine ganz gewöhnliche mit den üblichen Zivil- und Militärdiensten. Ädile, Quästor, Prätor, Konsul. Er war Statthalter in Galatien gewesen, als der

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