Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eine Katze hinter den Kulissen

Titel: Eine Katze hinter den Kulissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Adamson
Vom Netzwerk:
Tony. Es ist Zeit, daß wir die
eine oder andere gute Tat vollbringen.«
    »Ich habe nicht genug Geld für das russische Spezialitätenrestaurant. «
    »Da gibt es andere Möglichkeiten.«
    Wir fuhren mit einem Taxi zur Eighth Avenue, in die
Höhe der fünfziger Nummern. Ich erinnerte mich an einen
russischen Imbiß westlich der Eighth Avenue, gegenüber von
einem Postamt.
    Es war fast vier Uhr nachmittags und sehr kalt. Wir
klapperten mehrere Seitenstraßen ab, bis wir die Imbißbude
endlich fanden. Sie lag versteckt zwischen mehrere düsteren
Läden, und die Fenster waren mit Zeitungsausschnitten fast
vollständig zugeklebt, begeisterten Kritiken aus den
Freßspalten der Zeitungen, darunter eine Lobeshymne aus The Village Voice.
    Drinnen brütete ein kleiner magerer Mann in
einer Schürze mit riesigen Karos vor sich hin. Er hatte lange
Koteletten und eine platte Nase.
    »Ich hätte gerne ein paar Blinis mit
saurer Sahne und Kaviar, eine Portion ›Hühnchen
Kiew‹ und ein Dutzend Piroggen.«
    Der Mann sagte nichts zu meiner Bestellung, sondern
deutete nur mit dem Finger auf die Wand. Als ich mich umdrehte, sah ich
eine ganze Batterie von Gefrierschränken. Tony lachte. Hier gab
es, was wir wollten, aber alles tiefgefroren.
    »Haben Sie eine Mikrowelle?« fragte ich.
    »Natürlich«, gab er zurück.
    Fünf Minuten später waren wir auf dem Weg in Richtung Riverside Park.
    Tony hörte nicht auf zu nörgeln. »Das
ist wirklich das Aberwitzigste, in das ich mich je von dir habe
reinziehen lassen, Alice. Weißt du eigentlich, wie albern das
ist? Zwei Menschen über vierzig mit aufgewärmtem russischen
Essen sind auf dem Weg in den Riverside Park, um dort
Straßenkatzen zu füttern! «
    »Das sind keine Straßenkatzen, Tony«, wies ich ihn zurecht.
    Wir betraten den Park an der Seventy-second Street
und liefen gegen die immer länger werdenden Schatten an: Wir
wären nicht im Traum auf die Idee gekommen, diesen oder
irgendeinen anderen Park in der Stadt nach Einbruch der Dunkelheit zu
betreten.
    »Wie hieß diese Frau noch?« fragte ich, als wir uns dem Bootsteich näherten.
    »Was für eine Frau? «
    »Die Obdachlose mit dem Einkaufswagen. Die, die
uns die Katzen gezeigt hat. Die, die das Katzenfutter für Dobrynin
besorgt hat.«
    »Ich weiß nicht mehr.«
    Es war auch egal, denn sie war nicht da. Auf dem
Gehweg um den Teich waren überhaupt keine Obdachlosen, nur die
nimmermüden Jogger, die sich dahinschleppten, warm eingepackt
gegen den kalten Wind.
    »Die Katzen waren doch da oben«, sagte
Tony und zeigte nach Osten. Wir ließen den Teich hinter uns und
gingen tiefer in den Park.
    »Da ist der Eisenzaun!« rief ich wie ein aufgeregtes, glückliches Kind.
    Ich mußte laut lachen.
    »Was ist denn jetzt schon wieder, Alice?«
    »Es macht mich ganz schwindlig, wenn ich an all
diese süßen Katzen denke, wie sie sich auf die Blinis mit
Kaviar und saurer Sahne stürzen werden. Wenn ich eine Katze
wäre, wäre ich bestimmt ganz wild auf alle Sorten Pfannkuchen
... und Blinis mit Kaviar ... meine Güte!«
    Wir kamen an den Zaun. »Such ein paar
Stöcke, Tony.« Er fand einige Zweige und sogar ein kaputtes
Fensterputzgerät, an dem noch der eiserne Griff dran war.
    Wie zwei Irre ließen wir die Gerätschaften
lautstark den Zaun entlangrattern und machten einen schrecklichen
Lärm. Das war die Glocke, die die Katzen zum Abendessen rief.
    Wir warteten. Nichts. Keine Bewegung. Ich fixierte
die Felsvorsprünge und Büsche auf der anderen Seite des
Zauns, die Stelle, wo die Katzen beim letzten Mal hervorgekommen waren.
    Nichts. Keine Bewegung. Keine Katzen. Und es wurde immer dunkler.
    Meine schwindelnde Erregung ließ nach. Ich
ergriff verzweifelt Tonys Arm. »Wo sind sie?« schrie ich.
»Warum kommen sie denn nicht?«
    »Komm, wir lassen das Futter da und hauen hier
ab«, sagte Tony. Er schüttelte meine Hand ab, kniete sich
hin, öffnete die Pakete und schüttete das Essen durch den
Zaun auf den Boden.
    »Los jetzt«, sagte er, richtete sich auf, nahm meinen Arm und führte mich aus dem Park.
    Und da sah ich zwei Lichtpunkte, tief im Buschwerk.
    »Warte, Tony, warte! «
    Die beiden Lichtpunkte verschwanden. Aber es waren Katzenaugen gewesen. Das wußte ich.
    Ich starrte in die immer finsterer werdende
Dunkelheit. Etwas bewegte sich. Ja, da war ein Schatten, der sich
bewegte. Es war eine Katze. Eine große, starke, dunkle Katze.
Eine rauchblaue Katze mit einem Fleck auf der Brust. Eine Main-Coon.
    »Tony, sieh doch, da! Schau,

Weitere Kostenlose Bücher