Eine Katze hinter den Kulissen
in seine Tasche, holte den gefalteten Scheck heraus
und gab ihn mir.
Ich hielt Brodsky den Scheck vor die Nase, so
daß er ihn deutlich sehen konnte, und schrie: »Ist das
Phantasie? Ist das eine fixe Idee? Schauen Sie sich das an, Mr.
Brodsky! Schauen Sie gut hin! Das hier ist ein Barscheck! Er ist von
Lucia Maury unterschrieben! Das ist das Honorar für die
Übergabe einer Maine-Coon-Katze namens Anna Pawlowa Smith, auch
bekannt als Splat! Lucia hat diesen Scheck gestern abend Madeline
gegeben, die ihn in ein Hotel bringen sollte, weil in der Zeitung eine
Anzeige gewesen war, in der stand, daß jemand Anna Pawlowa Smith
gefunden hatte, die Katze, die der betrunkene Peter Dobrynin mit auf
seinen Kneipenbummel genommen und dabei verloren hatte! Die Katze,
für deren Verlust sich Lucia Maury schließlich gerächt
hat, indem sie dem Tänzer am Heiligen Abend ein Loch in der Stirn
verpaßt hat, nachdem sie ihm eine Karte für den Nußknacker besorgt hatte.«
»Beruhigen Sie sich, Miss Nestleton! Sie müssen sich beruhigen!«
»Nein! Ich werde mich nicht beruhigen. Aber ich
werde jetzt gehen. Aber vorher werde ich Ihnen noch eine kleine Aufgabe
stellen, Herr Anwalt, nur damit Sie sich ein besseres Bild vom
Ausmaß meiner Phantasie machen können. Rufen Sie doch
einfach Ihre Klientin an und fragen Sie sie nach einem Brief von ihrem
Tierarzt, in dem steht, daß Splat
›eingeschläfert‹ worden ist, wie sie immer behauptet
hat, oder fragen Sie sie nach der Bestätigung vom Krematorium.
Prüfen Sie nach, ob sie ihre Geschichte, daß der arme Splat
vor drei Jahren eines natürlichen Todes gestorben ist,
aufrechterhalten kann. Tun Sie das, Mr. Brodsky, und wenn Sie sowieso
mit ihr sprechen, können Sie sie ja auch gleich nach diesem Scheck
hier fragen.«
Ich winkte Tony. Er stand auf, und wir gingen
gemeinsam aus der Tür. Ich wandte mich an Madeline.
»Grüßen Sie Lucia herzlich von mir. Sagen sie ihr, es
tut mir leid, daß ich ihr durch die Anzeige Hoffnungen gemacht
habe, Splat könnte gefunden worden sein. Sagen Sie ihr, daß
ich keine andere Möglichkeit gesehen haben, Sie aus der Reserve zu
locken. Und sagen Sie ihr bitte auch, Madeline, daß die
Wahrscheinlichkeit, daß eine Hauskatze in den Straßen von
New York überlebt, größer ist als die Entfernung der
Erde von den äußerste Grenzen des Universums zu eins.«
Tony und ich stiegen die Treppe hinunter.
»Warten Sie! Bitte, Miss Nestleton, warten
Sie!« Ich drehte mich um und sah Frank Brodsky auf dem
Treppenabsatz stehen. Er schien sehr aufgeregt zu sein, und ich
schämte mich plötzlich, weil ich ihn angebrüllt hatte.
Immerhin war er ein alter Mann.
Tony und ich warteten. Brodsky machte Anstalten,
runter zu kommen, aber dann überlegte er es sich anders und blieb
auf dem Treppenabsatz stehen. Er atmete schwer und hielt sich am
Geländer fest.
»Bitte, hören Sie mir noch einen
Augenblick zu! Ich bedaure es wirklich, Sie verletzt zu haben! Das lag
nicht in meiner Absicht! Hören Sie mich an, bitte!«
Ich bemerkte kleine Schweißperlen auf seiner Stirn und der Oberlippe.
»Es dauert nur einen Moment. Dann können
Sie gehen und tun, was immer Sie wollen!« Er atmete jetzt
ruhiger. »Mal angenommen, Miss Nestleton, daß es so ist,
wie Sie sagen. Das würde bedeuten, daß Lucia Maury eine
schwer gestörte Frau ist, eine Frau, die in einer psychiatrischen
Klinik behandelt werden sollte. Nur ein psychisch Kranker würde
einen Mann umbringen, weil er, ohne etwas dafür zu können,
eine Katze verloren hatte, die er auf eine Sauftour mitgenommen hatte.
Darüber sind wir uns doch einig, nicht wahr, Miss Nestleton?
Nun, und wie Sie selbst wissen, ist es so gut wie
unmöglich, einem Gericht zu beweisen, daß jemand psychisch
gestört ist. Und das bedeutet, daß Lucia Maury aller
Wahrscheinlichkeit nach die nächsten zwanzig Jahre im
Gefängnis verbringen wird. Oh, Miss Nestleton, egal, wie
gestört auch immer sie ist, das hat sie nicht verdient! Wer
weiß, was Dobrynin ihr noch alles angetan hat? Sie selbst haben
mir erzählt, daß er immer wieder Frauen gequält und
erniedrigt hat. Und zweifellos hat er auch Lucia auf diese Weise
behandelt. Zweifellos hat er sie zu dieser verrückten Tat
getrieben.« Er wischte sich mit einem Ärmel seines
Bademantels den Schweiß von der Stirn. Ich wartete, weil ich
dachte, er würde fortfahren, aber er stand nur da und schaute mich
bittend an.
»Ich verstehe Sie nicht«, sagte ich
schließlich. »Ich weiß nicht genau, was
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