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Eine Katze kommt selten allein

Eine Katze kommt selten allein

Titel: Eine Katze kommt selten allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Adamson
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waren. Jo öffnete einen der Kartons und winkte mich zu sich, daß ich einen Blick hinwarf. Der Karton war voller Papiere: Briefe, Rechnungen und andere Unterlagen. An einer Seite des Kartons befand sich ein Aufkleber, auf dem in verblassender Farbe ›1984‹ stand.
    »Er hat alles aufbewahrt«, sagte Jo. »Einfach alles. Es ist in diesen Kartons. Harry hat nie irgend etwas weggeworfen, nicht den kleinsten Notizzettel…«
    Ich sah, daß sich auf jedem Karton ein Aufkleber befand, der mit einer Jahreszahl beschriftet war. Zwischen den Kartons lagen große braune Umschläge, die ebenfalls Datumsaufschriften trugen. Aber es gab keinerlei erkennbare Ordnung. Im trüben Licht einer nackten Glühbirne an der Decke sah ich, daß alles wild verstreut in dem kalten, feuchten Zimmer lag.
    »Ich werde das alles ins Wohnzimmer bringen. Dort können wir es durcharbeiten, sobald du bereit bist«, sagte Jo zögernd.
    Wir wußten beide, daß uns eine sehr problematische Aufgabe bevorstand. Alle diese Unterlagen konnten sich als wertlos erweisen, was den Schlüssel zu Harrys Ermordung betraf. Und selbst wenn wir zwei, drei Papiere fanden, in denen die Quelle von Harrys plötzlichem, kürzlich entdecktem Vermögen erwähnt wurde – woran sollten wir sie erkennen?
    »Sieh mal«, sagte Jo und zog einen Packen Fotos aus einem Karton, der die Jahreszahl ›1975‹ trug. Sie blätterte die Fotos durch, hielt dann eins in die Höhe. »Das ist Harry mit ein paar Freunden in Vermont. Schau dir mal die Veranda des Hotels an… so romantisch… siehst du die Schaukelstühle?«
    Jo wartete gar nicht erst auf eine Antwort, sondern schob die Fotos zurück in den Karton. Sie zitterte und war den Tränen nahe.
    »Ich fange morgen damit an, Jo«, sagte ich und wandte mich zum Gehen. Ich wollte raus aus diesem Raum, der voller Erinnerungen an Harry war und Jo so viel Schmerz bereitete.
    Mit einer Handbewegung gebot sie mir, zu bleiben; dann sagte sie: »Und wenn Harry mich zum erstenmal im Leben belogen hat? Was das Geld betrifft? Oder wenn er es mir nur deshalb verschwiegen hat, um mich vor irgend etwas Schrecklichem zu beschützen? Was ist, wenn Harrys einzige Lüge mir gegenüber an seinem Tod schuld war?«
    Jemand rief aus der Küche Jos Namen. Es war das langhaarige Faktotum, der alte Arnos. Wieder rief er Jos Namen; dann irgend etwas, das wir nicht verstehen konnten. Jo zuckte mit den Achseln und ging in die Küche. Ich folgte ihr.
    Arnos war bleich wie ein Gespenst. Er hatte die Hände hinter dem Hals verschränkt, als wollte er irgendeine ausgefallene gymnastische Übung versuchen.
    »Was ist denn mit dir los, Arnos?« fragte Jo in einer Mischung aus Zorn und Besorgnis.
    »Ich bin vorhin ein Stück die Straße runtergegangen«, sagte Arnos mit kratziger, brüchiger Stimme, »da haben die Leute mir erzählt, daß schon wieder was passiert ist. Gestern abend wurde Mona Aspen ermordet, genau wie Mr. Starobin. Jemand hat sie ermordet und an die Tür gehängt.«
6
    Sämtliche Heizkörper in dem Cottage liefen auf Hochtouren, doch es war bitterkalt. Was für eine seltsame Art und Weise, Silvester zu verbringen, ging es mir durch den Kopf. Ich saß in einem Schaukelstuhl, in zwei Decken gehüllt, wie die alte Frau eines Walfängers in New Bedford, die auf die Flut und die Rückkehr ihres Mannes wartet. Bushy lag auf dem Rücken vor einem der Heizkörper. Pancho umrundete vorsichtig das Zimmer und konnte es noch immer nicht fassen, daß es hier keine hohen Schränke gab.
    Der kleine Reisewecker neben dem Bett zeigte 23 Uhr 25. Wann hatte ich eigentlich das letzte Mal einen schönen Silvesterabend verbracht? Es war lange her, erinnerte ich mich. Damals hatte ich erst zwei Jahre in New York gewohnt. Ich war auf einer Party in West Village gewesen, die von jungen Schauspielern und Schauspielerinnen und Bühnenbildnern und Schriftstellern besucht worden war – alle hungrig auf Erfolg, ehrgeizig und voller Hingabe an ihren Beruf. Während ich vor und zurück schaukelte, rief ich mir die Wohnung in Erinnerung, das Essen, die Drinks, doch ich konnte mich an keinen einzigen Namen erinnern. Wo sie jetzt wohl alle sein mochten?
    Jemand klopfte an die Tür und riß mich aus meinen Träumereien. Für einen Augenblick hatte ich Angst. Dann hörte ich Jo meinen Namen rufen. Sie kam mit einer Flasche und mehreren großen Umschlägen herein.
    »Ich konnte an Silvester einfach nicht allein sein«, sagte sie. »Ich habe eine Flasche alten Tafelwein gefunden.«
    Ich

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